Seewölfe - Piraten der Weltmeere 240. John Roscoe Craig

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 240 - John Roscoe Craig


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-576-7

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

      1.

      Der Seewolf kriegte das Hemd des Jungen im letzten Augenblick zu fassen. Er spürte, wie der Stoff riß, packte nach und erwischte Hasard so hart am Arm, daß dieser vor Schmerz unterdrückt aufschrie. Eine riesige Woge brach über die „Isabella VIII.“ herein, und der Seewolf hatte das Gefühl, als würde die Galeone von der Faust eines Titanen unter Wasser gedrückt.

      Krampfhaft hielt er den Arm seines Sohnes fest. Zorn brannte in ihm, Zorn auf seinen Sproß Hasard, der sich an Deck geschlichen hatte, um den schlimmsten Sturm, den sie seit Wochen zu überstehen hatten, hautnah mitzuerleben, wie er seinem Bruder erzählt hatte.

      Der Seewolf schluckte Wasser und begann keuchend zu husten.

      „Au!“ brüllte Hasard. „Du tust mir weh, Dad!“

      „Dir wird bald noch ganz was anderes weh tun, Sohn!“ brüllte sein Vater zurück. „Was hast du hier oben zu suchen, he? Verdammt, der Brecher hätte dich von Deck gewischt, wenn ich dich nicht im letzten Moment geschnappt hätte!“

      Ein Schatten tauchte neben ihnen auf. Es war Carberry, der von oben bis unten durchnäßt war. Seine dunklen Haare hingen ihm in Strähnen in die Stirn. Er wies mit der linken Hand zum Focksegel hinüber, das als einziges noch gesetzt war. Der Seewolf sah, wie sich die Lippen des Profos bewegten, aber er verstand kein Wort. Er folgte mit den Augen der Handbewegung Carberrys und erkannte voller Entsetzen den breiten Riß, der sich vom rechten Liek aus in Sekundenschnelle verbreiterte. Er sah, daß ein paar Männer versuchten, die Fock zu bergen, und er wollte brüllen, daß es keinen Sinn mehr hätte.

      Er wußte, daß er den ohrenbetäubenden Lärm des Sturmes nicht übertönen konnte. Er zerrte Hasard zum Niedergang, preßte mit der linken Schulter die Tür gegen den Wind auf und schob den Jungen durch den Spalt. Mit einem Krachen flog die Tür wieder zu, polternd fiel der Junge die Stufen hinunter, aber sein Fluchen ging in den tosenden Naturgewalten unter.

      Der Seewolf bedeutete Carberry, auf dem Achterdeck zu bleiben und Pete Ballie im Ruderhaus zu helfen, die „Isabella“ einigermaßen am Wind zu halten, solange die Fock noch nicht ganz zerfetzt war.

      Carberry nickte, brachte seinen Mund dicht an Hasards Ohr und schrie: „Wir sollten einen Treibanker auswerfen!“

      Der Seewolf brüllte zurück: „In Ordnung!“ Dann schlitterte er über das nasse Deck, griff nach einem Tampen und konnte seine Höllenfahrt gerade noch abbremsen, bevor er gegen das Steuerbordschanzkleid geschleudert wurde.

      Keuchend krallte er sich an den Brooktauen der Culverine fest und holte tief Atem, bevor ihn der nächste Brecher überrollte. Es war ihm, als wollten die Wassermassen kein Ende nehmen. Rote Kreise begannen, vor seinen Augen zu tanzen. Er fühlte sich von einer unwiderstehlichen Kraft in die Tiefe gezogen, und erst als das Donnern der kochenden See wieder an seine Ohren drang, öffnete er den Mund, um nach Atem zu schöpfen. Er mußte alle Kraft aufwenden, um Luft in seine Lungen zu pumpen. Der Sturm riß ihm die Luft vor dem Mund weg.

      Er brauchte Sekunden, die ihm wie lange Minuten erschienen, um seine Orientierung wiederzufinden. Seine Augen weiteten sich, als er die Fock sah. Sie bestand nur noch aus einem Dutzend kleiner Fetzen, die an den losgerissenen Lieks wie Wimpel flatterten.

      Die Halsen und Schoten zischten über Deck wie riesige Peitschen.

      Der Seewolf hielt nach den Männern Ausschau, die versucht hatten, die Fock im letzten Augenblick zu bergen. Er sah zwei Schatten im Fockmars, und er hoffte, daß die Männer sich mit Tampen gesichert hatten.

      Jetzt brach eine Woge nach der anderen über die „Isabella“ herein. Der Atem wurde Hasard knapp. Er wußte, daß er nichts tun konnte. Als er den Kopf wandte, sah er, daß es Carberry und Ferris Tucker mit drei anderen Männern gelungen war, einen Treibanker auszuwerfen, der aus einer Gräting und ein paar daran festgezurrten Spieren bestand. Ein Ruck ging durch den Rumpf des fast steuerlosen Schiffes, und dann hatte Hasard das Gefühl, als wären die rollenden und stampfenden Bewegungen des Schiffes nicht mehr so stark.

      Er arbeitete sich vor bis zur Balustrade. Etwas zischte haarscharf an seinem Ohr vorbei. Es war offensichtlich ein Belegnagel, der von der Wucht des Sturmes aus der Nagelbank auf der Balustrade herausgerissen worden war, denn dort fehlte einer.

      Eine weitere Woge schwappte über die Kuhl und krachte auf das Boot, das bisher allen Gewalten getrotzt hatte. Mit dem abfließenden Wasser sah Hasard zersplitterte Stücke von den Riemen über Deck rutschen. Ein Ruderblatt erwischte einen Mann, der sich an der Lenzpumpe festgezurrt hatte und mit einem anderen versuchte, trotz der schweren See den Schwengel zu betätigen.

      Hasard erkannte Stenmark und Bob Grey. Der Schwede wurde von dem Ruderblatt von den Beinen geholt, die nachfolgende Sturzsee schleuderte ihn gegen Bob Grey, und wenn sie beide nicht Halt an den Tampen gefunden hätten, die fest um ihre Hüften geschlungen waren, wären sie sicher über Bord gegangen.

      Sie hielten sich aneinander fest und schafften es, die Füße wieder auf die Planken zu bringen, bevor der nächste Brecher heran war.

      Hasard wußte, daß es lebensgefährlich war, sich ohne Sicherung bei einem solchen Sturm über Deck zu bewegen, aber er mußte hinunter in die Kuhl. Die schlagenden Halsen und Schoten der Fock ließen ihm keine Ruhe.

      Minutenlang mußte er sich neben dem Niedergang zur Kuhl festklammern und die unablässig über das Schiff hereinbrechenden Wassermassen abwarten, bevor die aufgewühlte See ihm eine Verschnaufpause gönnte und er mit einem schnellen Satz den Niedergang hinunterspringen konnte.

      Für einen kurzen Augenblick flaute das orgelnde Heulen des Orkans ab, und in diese Stille hinein hörte Hasard das Geräusch, das er schon befürchtet hatte. Es klang wie das Schreien eines Mannes, der sich gegen den Tod stemmt, aber Hasard wußte, daß es nur das Knirschen des Vormastes war, den nicht länger der Wucht des Sturmes standzuhalten vermochte.

      Der Seewolf brüllte einen Befehl zum Fockmars hinauf, und einer der beiden Männer, die sich dort oben festgezurrt hatten, schob seinen Kopf über die Saling. Hasard erkannte Gary Andrews. Wahrscheinlich hatte er den Ruf Hasards vernommen, aber nicht verstanden, was der Seewolf wollte.

      Neben Gary tauchte Dan O’Flynns nasses Gesicht auf, und er schien zu merken, in welcher Gefahr sie sich befanden.

      Das Knirschen des Vormastes wurde lauter. Matt Davies und Blakky waren plötzlich neben Hasard und krallten ihre Finger in seinen Gürtel. Im nächsten Moment fühlte er sich hochgehoben. Für einen Augenblick dachte er, Matt und Blacky wollten


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