Seewölfe - Piraten der Weltmeere 111. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 111 - Fred McMason


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      Impressum

      © 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-435-7

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

      1.

      „Wenn im Lotosmonat des Mondjahres der Oujiang über die Ufer tritt, dann betet zu Yüeh Lao Yeh, dem Mondgott, um das kommende Unheil abzuwenden, denn Ho Po, der Graf des gelben Flusses, wird euch verdammen!“

      Dieses Orakel der alten Priesterin Wu, die mit schriller Stimme gesprochen hatte, klang den Einwohnern von dem Dorf Lishui immer noch in den Ohren.

      Die Alte hatte recht, sie war eine Priesterin der Wu-Familie, sie konnte in die Zukunft blicken, und nur sie allein war in der Lage, das Unheil abzuwenden und den Graf des gelben Flusses wieder zu versöhnen.

      Natürlich forderte das ein Opfer, aber die Regierung hatte diese Opfer verboten, die die alte Wu plante. Offiziell durfte man der Gottheit des Flusses nur ein kleines Opfer bringen, um sich einen sicheren Übergang zu erwirken. Das war bei den vornehmen Familien ein kleiner Jadering oder ein Schmuckstück, bei den Armen aber, die am meisten unter den Launen des Flusses zu leiden hatten, war es ein Menschenopfer. Nur das söhnte Ho Po wieder aus, und für gewöhnlich zog er dann die schmutziggelben Wellen zurück und zwang sie in sein altes Flußbett.

      Jetzt hatte ein Dämon die Pest über die benachbarte Provinz gebracht, ein Dämon, der dem gelben Grafen nicht mehr gehorchte oder der ihn einfach gewähren ließ.

      Deshalb mußte der Fluch der schwarzen Pest abgewandt werden.

      Die Reisbauern standen auf dem Dorfplatz und sahen in den gelben Fluß, der hier einen fast rechtwinkligen Bogen beschrieb und sich an der Küste schäumend in das Ostmeer ergoß.

      Der Oujiang schickte sich an, den Dorfplatz und die Hütten zu überfluten, wenn er weiter anschwoll.

      Die Pest hatte er diesmal gebracht, die Krankheit, die Tausende dahinraffte, ohne daß die Landärzte in der Lage waren, dieser Seuche Einhalt zu gebieten.

      Die alte Wu, eine verschrumpelte gelbhäutige Frau von kleiner Gestalt und mit Krüppelfüßen, murmelte fortwährend vor sich hin, während die Reisbauern auf ihre Felder starrten und die hohen Stengel der Reispflanzen nicht mehr erkennen konnten, weil der Flußgott sie zu sich in sein Bett genommen hatte.

      „Ho Po verlangt nach einer Braut“, flüsterte die Alte. „Erst wenn er mit ihr vermählt ist, wird er die Flut zurücknehmen und die Pest darin ertränken. Gebt ihm eine Braut, und ihr werdet sehen, daß er das Opfer gern annimmt.“

      Wieder murmelte die Alte Beschwörungen, dann sah sie aus ihren Augen, die hinter kleinen Falten fast verschwanden, die Reisbauern der Reihe nach an.

      „Wenn wir Jadeglöckchen opfern oder Ringe aus dem rötlichen Metall, dann …“ sagte ein Reisbauer.

      Doch die Wu unterbrach ihn. „Damit ist er nicht zufrieden. Es muß so sein wie früher. Aber zuvor werde ich den Wu-Priester befragen. Holt ihn her! Er soll uns sagen, ob das Opfer nötig ist.“

      Der Priester hatte sich noch nicht sehen lassen. Meist lag er in seiner Hütte auf den Reisstrohmatten, sein Gesicht war vom süßen Duft eingehüllt, und sein Geist befand sich auf Reisen.

      Sie holten ihn und brachten ihn zum Marktplatz. Der Wu stand mit glasigen trüben Augen da, sah in den Fluß, sah auf die Menschen, und jeder wußte, daß sein Geist jetzt behutsam und langsam zurückkehrte, um den zerbrechlichen Körper nicht zu erschrecken.

      „Bereitet alles vor“, sagte er mit brüchiger Stimme, „ich werde das Orakel befragen.“

      Dann hockte er sich auf den staubigen Boden aus getrocknetem Lehm und starrte wieder vor sich hin.

      Über der Ortschaft wölbte sich ein azurblauer Himmel. Es war still bis auf das Tosen und Rauschen des Flusses, der sich manchmal behäbig langsam, dann wieder schnell und reißend durch sein Bett wälzte. Und er nahm alles mit, was er am Weg fand, Reispflanzen, Weizen, Bohnen, Hütten und Vieh. Das alles schob und drängte er mit furchtbarer Gewalt vor sich her, bis er das Ostmeer erreichte und seine Beute dort ausspie.

      Auf dem Dorfplatz wurde ein Feuer entzündet. Die jüngeren Leute brachten Schlagbecken aus Bronze und hölzerne Stäbe herbei. Die alte Wu brachte ihre Trommel mit dem Hundebalg.

      Die Flammen schlugen höher, das Reisstroh brannte jetzt in heller Glut, und der Priester, der sich auch Wu nannte, erhob sich taumelnd und ergriff mit zitternden Händen zwei Schildkrötenpanzer. Es war kein Fleisch mehr an ihnen, die Ameisen hatten die toten Tiere bis auf den Panzer gefressen.

      Die alte Wu gab das Zeichen, und dann setzte ein ganz zarter, wehmütiger Gesang ein, ein Lied, das den Gott des Flusses lobte und den Mondgott pries. Dazwischen erklang das trockene Klacken der Hölzer, und immer wenn der Gesang abbrach, schlug die alte Wu mit ihren knöchernen Fingern auf den Hundebalg, bis die Trommel einen dumpfen Ton von sich gab.

      Der Priester murmelte Beschwörungen, die alte Wu hörte auf zu trommeln und rang die Hände zum Himmel. Dann schritt der Wu feierlich vor und warf die Schildkrötenpanzer ins Feuer.

      Es prasselte und knackte, um die Schalen zuckte grünlicher Schein auf, sie verschwanden und wurden von der Glut bedeckt.

      Wieder begann der Gesang, die alte Wu trommelte schneller. Ihr Gesicht sah aus wie eine Ledermaske, ihre eingeschrumpften Lippen bewegten sich pausenlos.

      Das ging eine ganze Weile so, bis das Feuer herunterbrannte und nur noch Glut und weiße Asche die Schildkrötenpanzer bedeckte.

      Der Priester gab den jungen Männern ein Zeichen, noch mehr Reisstroh nachzuwerfen. Noch einmal prasselten die Flammen mannshoch auf, dann hatte das Feuer das Reisstroh verzehrt und sank in sich zusammen.

      Mit einem Bambusstöckchen stocherte der Priester in der Asche herum, bis er die beiden Panzer fand. Ruckartig schleuderte er sie aus der Glut. Dann ergriff er sie, so heiß wie sie waren, mit beiden Händen und betrachtete sie genau.

      Die Dorfbewohner sahen schweigend zu, ihre Blicke waren gespannt auf den Wu gerichtet, der die eine Schale jetzt vorsichtig zu Boden legte, dann die andere nahm und sie genauso betrachtete.

      In den Krötenpanzern zeigten sich Risse und lange Sprünge, die das Feuer verursacht hatte. Aus diesen Rissen und Sprüngen las der Wu das, was die Zukunft ihm sagte. Er nickte mehrmals vor sich hin, ehe er die Panzer der alten Wu gab, die sie sorgenvoll ansah.

      Schließlich reichte sie ihm die Panzer zurück, die zusammengekniffenen Augen dabei starr auf den Priester gerichtet.

      „Ein Ding stirbt, wenn es geboren wird“, sagte der Priester, „und der Schatten eines fliegenden


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