Seewölfe - Piraten der Weltmeere 433. Roy Palmer

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 433 - Roy Palmer


Скачать книгу

      „Nicht zu vergessen den Proviant und den guten Wein“, fügte Shane hinzu. „Wir sind reich und haben genug zu futtern und zu trinken. Was wollen wir eigentlich noch?“

      „Nicht viel“, erwiderte der Seewolf. „Und versteht mich bitte nicht falsch. Es ist nicht so, daß ich darüber traurig bin, aber wenn uns weiterhin solche Schätze wie die reifen Pflaumen in den Schoß fallen, werden wir uns entscheiden müssen, auf welchem Weg wir zur Schlangen-Insel zurückkehren wollen.“

      „Na ja“, sagte Dan. „Es bliebe die Möglichkeit, die Kistchen über den Isthmus von Panama zu schaffen. Unsere neuen Freunde, die Cunas unter dem Häuptling Chaqui, würden uns bei dem Transport bestimmt helfen.“

      „Trotzdem ist die Sache fragwürdig“, sagte Hasard. „Du vergißt, daß wir auf der Karibikseite kein Schiff zur Verfügung haben.“

      „Und mit diesem Problem gehst du schwanger?“ fragte Pater David.

      „Wie bitte?“

      „Ach, das war nur so eine Redewendung.“

      Hasard grinste. „Aber es stimmt. Die Angelegenheit läßt mir keine Ruhe. Mir schwant nämlich bereits etwas, das ich euch schon angekündigt habe.“

      „Daß wir den Weg nach Süden wählen müssen?“ fragte Ribault. „Ja, auch mir erscheint das inzwischen ziemlich logisch.“

      „Uns bleibt wahrscheinlich gar nichts anderes übrig, als mit beiden Schiffen den Weg um Kap Hoorn zu nehmen“, sagte der Seewolf. „Das hängt jedoch von der Qualität der Schiffe ab. Sie müssen absolut seetüchtig und intakt sein.“

      „Ich glaube, daß wir in der Beziehung mit der ‚San Lorenzo‘ keinen schlechten Griff getan haben“, sagte Shane. „Und daß die ‚Esperanza‘ ein solides Schiff ist, wissen wir ja.“

      „Stimmt“, sagte Dan. „Die ‚San Lorenzo‘ ist gesund im Holz, und an dem Rigg ist auch nichts auszusetzen. Sie hat nur einen einzigen Fehler. Sie ist unterarmiert.“

      „Sie hat je drei Culverinen auf beiden Seiten der Kuhl“, setzte Hasard Pater David auseinander, der ihn fragend anblickte. „Aber um dem abzuhelfen, habe ich bereits Ferris, Al und Mulligan übersetzen lassen.“

      Die Männer spähten im verblassenden Licht des Tages achteraus zur „San Lorenzo“ und verfolgten, wie der rothaarige Riese, Mulligan und Al konzentriert arbeiteten. Sie waren gerade dabei, Halterungen für Drehbassen von vorn nach achtern am Schanzkleid anzubringen, drehbare Gabellafetten also, in denen die Hinterlader anschließend montiert wurden.

      „Auch das ist bald kein Problem mehr“, sagte Jean Ribault. „Es war eben doch richtig, daß wir die ‚Esperanza‘ ausgeschlachtet haben.“

      „Na klar. Man soll nichts liegenlassen.“ Hasard lächelte.

      „Nur ist es schade, daß wir die ‚Esperanza‘ aufgeben mußten“, sagte Pater David.

      Karl von Hutten schüttelte den Kopf. „Nein, die ‚Estrella‘ als Kriegskaravelle ist besser für uns. Und die ‚San Lorenzo‘ als Zweitschiff taugt auch mehr als die ‚Esperanza‘.“

      „Ja, da hast du sicherlich recht“, sagte der Gottesmann. „Ich verstehe von Schiffen ja auch nicht sehr viel. Immerhin war es eine gute Idee, daß die zwölf Culverinen, die Drehbassen und die Halterungen von der ‚Esperanza‘ auf die ‚Estrella‘ übernommen wurden.“

      „Die können wir jetzt gut gebrauchen“, sagte der Seewolf.

      Er hatte sie in dem Frachtraum der Karavelle verstauen lassen, und jetzt wurden sie wieder zum Vorschein geholt, gute, rostfreie Waffen, die auf jedem Schiff eine beachtliche Batterie bildeten.

      Mit der „Esperanza“ waren Hasard, Ribault und die beiden Crews unweit von Guayaquil entfernt auf einer Insel gestrandet – die Folge eines schweren Sturmes, den sie vor Topp und Takel lenzend abgeritten hatten. Es hätte sich nicht gelohnt, das völlig ramponierte Schiff wieder instand zu setzen, viel zuviel Zeit hätten sie darauf verwenden müssen.

      So hatten sie beschlossen, sich aus Guayaquil ein Schiff von den Spaniern zu „holen“, wobei sie allerdings gleich gewußt hatten, daß sie es nicht auf ähnlich problemlose Weise wie in Panama bekommen konnten. Dort war es ihr „guter alter Freund“ Don Alfonso de Roja gewesen, der fettleibige Hafenkapitän, von dem sie die Karavelle sozusagen erpreßt hatten. Schließlich hatten sie durch einen puren Zufall seinen geheimen Schatzkeller entdeckt, und der ehrenwerte Señor legte größten Wert darauf, daß niemand etwas davon erfuhr.

      Ja, Erpressung war das gewesen, aber es traf genau den richtigen Mann. Hasard und seine Männer bereiteten sich deswegen nicht die geringsten Skrupel. Die „Estrella de Málaga“ hingegen hatten sie vor Guayaquil kühn geentert, als die Spanier zu einer Vergeltungsaktion gegen die aufsässigen Chimús ausgelaufen waren.

      Capitán Porfiro hatte mit seiner Mannschaft das Schiff räumen müssen, mit anderen Worten: Ihm war nichts anderes übriggeblieben, als über das Schanzkleid in die See zu springen.

      Dann Trujillo: Don Miguel de Xeres hatte nichtsahnend die vorbeisegelnde „Estrella de Málaga“ angepreit. Sie hatte beidrehen müssen, und dann hatte Don Miguel Hasard – der sich als „Don Esteban de Castellano“ ausgab – kurzerhand zu sich an Bord seines Flaggschiffes „Santa Marta“ kommandiert.

      Dort hatte Hasard seine Befehle entgegengenommen. Er mußte als Geleitschutz in dem Konvoi von zwei Dutzend Schiffen mitsegeln, die eine wertvolle Fracht nach Panama beförderten: einen Schatz, der für Philipp II. bestimmt war: die alten Kostbarkeiten der Chimús – Gold und Silber und Diamanten, deren Wert unermeßlich war.

      Don Miguel hatte eine Schlange an seinem Busen genährt, ohne es zu ahnen. Er war sogar von diesem „Don Esteban“, bei dem es sehr diszipliniert zuging, zutiefst beeindruckt. Inzwischen aber hatte er eingesehen, daß auch ein Generalkapitän mal einen Fehler beging. Er hatte sich gründlich verschätzt. Der „schwarzhaarige Bastard“ hatte ihn hinters Licht geführt – mit Bravour.

      Hasard spähte durch das Spektiv noch einmal zur „San Lorenzo“, dann sagte er: „In Ordnung. Wenn alle Drehbassenlafetten montiert sind, wird Al entscheiden müssen, wo auf der Galeone noch Culverinen eingebaut werden können.“

      „Haben wir die Lafetten für die Culverinen auch an Bord?“ fragte Pater David.

      „Natürlich“, erwiderte Hasard. „Sonst wären die 17-Pfünder ja völlig wertlos für uns.“

      „Ja“, sagte Ribault. „Eins ist sicher: Wenn wir die Dons erst los sind, gibt es noch jede Menge Arbeit für uns.“

      „Wir werden uns zu dem Zweck in eine versteckte Bucht zurückziehen“, sagte Hasard. „Dann teilen wir auch die Crew auf.“

      „Ah, endlich“, sagte Ribault.

      „Die Pfeilwunde in deinem rechten Oberschenkel beginnt ja nun wirklich abzuheilen“, sagte der Seewolf. „Der Kutscher hat es mir vorhin noch einmal bestätigt. Wir gehen also kein Risiko ein, wenn wir dich wieder voll einsetzen.“

      „Ich bin auch nicht aus Zucker, bitte schön.“

      „Das hat auch keiner behauptet“, sagte Dan.

      „In ein bis zwei Tagen kannst du mit deiner Crew die ‚San Lorenzo‘ übernehmen“, sagte Hasard zu dem Franzosen.

      „Und was soll Ben Brighton tun?“ fragte Pater David. „Er führt doch jetzt das Schiff. Wird er auf diese Weise nicht zurückgesetzt?“

      „Nein“, erwiderte Hasard. „Auf keinen Fall, Ben würde es auch nicht so auffassen. Was wir tun, ist nur folgerichtig. Wir dürfen die Mannschaften nicht durcheinanderwerfen. Sie sind aufeinander eingespielt.“

      „Was wird aus Araua?“ fragte Jean Ribault.

      „Sie bleibt bei uns“, erwiderte Hasard.

      „Und die Tiere?“


Скачать книгу