Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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blickte sehr nachdenklich auf das Schwarze Schiff und wollte nicht glauben, daß es eine Mannschaft gab, die von der Seefahrt rein gar nichts verstand.

      „Ein Wahnsinniger“; stammelte der Marquess entgeistert. „So was darf doch gar nicht zur See fahren. Wir werden ihn zum Stoppen auffordern, damit er in den Hafen zurückläuft und den Schaden ersetzt. Sind die Kanonen geladen?“

      „Feuerbereit, Marquess.“

      „Dann lassen Sie diesem Verrückten einen Schuß vor den Bug setzen.“

      „Darf ich bemerken, Sir, daß wir mit ihm nicht einmal auf gleicher Höhe sind? Wir würden nur unsere eigenen Schiffe treffen.“

      „Ach, ja, richtig, ich bin ganz durcheinander über diese Unverfrorenheit. Dann laufen wir Backbord an ihm vorbei.“

      Das versuchten sie zwar schon die ganze Zeit, doch die Wuhling vor ihnen, Marquess Henry hatte sich natürlich wieder als letzter freigesegelt, war noch zu groß. Sie würden bestenfalls in diesen ungeordneten und wie wild herumkrebsenden Haufen hineinrennen.

      Dem Marquess kam jedoch zu Hilfe, daß der Wikinger wieder zu gieren begann, nach Steuerbord diesmal, und so konnten sie auf der anderen Seite endlich vorbei. Doch von da an hatte der Marquess das Interesse an dem Schwarzen Schiff verloren. Er sah, daß die „Isabella“ einen langen Schlag nach Südost segelte und erblickte die erste Chance, doch noch eine Breitseite abfeuern zu können.

      Diesmal gab er seine Befehle ganz gewitzt und von der Gier getrieben, diesem Seewolf endgültig eins auszuwischen. Die Leichenblässe in seinem Gesicht wandelte sich langsam in hektische Röte. Jetzt hat der Bastard auch einen Fehler begangen, dachte er, denn nun konnte er ihm zwar nicht mehr den Weg verlegen, ihn aber doch noch so eben vor die Rohre kriegen.

      In fast spitzen Winkel segelten sie scheinbar aufeinander zu, doch das sah nur so aus, denn der „Staatsfeind“ ließ augenblicklich anbrassen und ging auf Steuerbordbug.

      „Feuer!“ befahl der Marquess daher militärisch knapp. „Danach sofort wieder alle Geschütze laden.“

      An Deck brüllten die Rohre auf und zuckten wild und feurig zurück, nachdem sie ihr Maul voller Eisen ausgespien hatten.

      „Etwa achtzig Yards zu kurz“, schätzte der Erste, als die Wassersäulen wie staubige Fontänen aus der See stiegen.

      Als die Rohre wieder nachgeladen waren, gab es einige Verwirrung bei dem kleinen Geschwader, denn offensichtlich hatte einer der Tölpel auf dem Schwarzen Schiff ebenfalls an einer Kanone herumgefummelt. Mit donnerndem Getöse löste sich ein Schuß, und ein riesiges Ding klatschte so dicht vor eins der Schiffe, daß die aufbrechende Wassersäule das Deck mit einem Schauer von Gischt überschüttete.

      Der Donner war kaum verhallt, da gab es eine neue Überraschung. Diesmal duckten sich fast alle, denn keiner konnte sich das seltsame Heulen und Pfeifen erklären, das in der Luft lag.

      Da stieg etwas mit nervtötendem Kreischen, Jaulen und Heulen in den Himmel, flitzte da so irrsinnig schnell herum, daß man es gar nicht richtig sah und nur hin und wieder Funken erkennen konnte, die vom Himmel fielen.

      Der Marquess ging augenblicklich in Deckung, denn es hörte sich so an, als würde der Himmel über ihnen nach unten stürzen.

      Das Heulen erreichte einen mißtönenden Höhepunkt. Dann folgte aus großer Höhe her ein Knall wie das Brüllen einer Breitseite.

      Und dann ging tatsächlich die Welt unter, oder der Himmel stürzte ein, wie es alle befürchteten. Farbige Sterne zerplatzten, grüne und rote, blaue und golden schimmernde. In einer mächtigen Wolke verteilten sie sich und flitzten dann unter weiterem explosionsartigem Geknatter nach allen Seiten.

      „Das ist das Ende“, sagte jemand laut, „möge der Herr unseren armen Seelen gnädig sein.“

      Ein paar Männer sanken betend auf die Planken. Der Marquess hatte das Gefühl, als würde durch seine Adern nicht mehr blaues Blut, sondern nur noch heißes trockenes Pulver rieseln.

      Das war wirklich das Ende, dachte er noch, jetzt fiel ihnen allen wahrhaftig der Himmel auf den Kopf. Als er dann einmal hochblickte, war alles ruhig und friedlich, keine Sonne war herabgefallen, und kein Himmel war eingestürzt. Niemand fand eine Erklärung dafür, bis auf den Zweiten Offizier, Mister Hall.

      „Es gibt nur eine Erklärung“, sagte er ernst und blaß. „Dieses Schwarze Schiff steht mit dem Teufel im Bunde. Es kann nicht anders sein. Dort scheint Old Nick persönlich an Bord zu sein.“

      Ja, das glaubten jetzt die meisten, daß hier Old Nick, wie der Teufel auf den englischen Schiffen genannt wurde, seine Hand im Spiel hatte, denn kein normaler Mensch konnte diesen Höllenausbruch an schrecklichen Farben und entsetzlichem Geheul in den Himmel zaubern.

      „Wir lassen besser die Finger von diesem Schiff“, sagte der Marquess ziemlich kleinlaut, weil er immer noch erbärmliche Angst empfand.

      Sogar der aufgeschlossene Erste Offizier, der sich das Phänomen ebenfalls nicht erklären konnte, nickte zustimmend.

      „Ja“, sagte er nachdenklich, „etwas stimmt mit diesem Schiff nicht. Es wird falsch gesegelt, läuft ständig aus dem Kurs und wird bei einer Kollision nicht einmal beschädigt. Das geht wirklich nicht mit rechten Dingen zu.“

      Jeder sah das Schiff nun mit ganz anderen Blicken als vorher. Schon allein die behelmte und in Felle gekleidete Gestalt war verdächtig, dann die schwarzen Segel, und eins davon trug noch einen bläulichen Drachen. Das war auch so eine Verbindung, die auf den Satan deutete. Dann diese grinsenden dämlichen Kerle, die da an Deck herumstanden. Vermutlich Tote, in die Old Nick vorübergehend Leben eingehaucht hatte. Deshalb waren sie auch gar nicht in der Lage, das Schiff richtig zu segeln.

      Der Marquess ließ vom Kurs gehen und abschwenken. Sollte der schwarze Kasten wieder in die Hölle fahren, dorthin, woher er kam, sie wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben.

      Sie sahen nur noch, wie er schwerfällig und finster ins Meer hinausglitt und Kurs auf den Kanal nahm. Aber er lief weiter südlich ab, während die „Isabella“ auf östlichem Kurs bei beständig wehendem Wind aus Nord segelte.

      Ziemlich schwerfällig kämpfte sich das Geschwader seinen Weg durch das Wasser und nahm die Verfolgung auf, die genauso unsinnig war wie die abgefeuerte Breitseite.

      8.

      Schon als die Fontänen aus der See stiegen, gab es an Bord der „Isabella“ wieder lautes Gelächter über den verzweifelten Marquess, der sich zwar redlich mühte, aber nichts auf die Beine brachte.

      Dann hatte der Wikinger einen der harmlosen Brandsätze abgefeuert, die außer lautem Krach und Getöse nichts anrichteten, und das hatte die Kerle nun doch vor Angst fast in die Knie gezwungen.

      „Der lernt es nie mehr in seinem Leben“, sagte Hasard abfällig. „Wir werden ihn weit in die Nordsee lokken und ihm immer so viel Spielraum geben, daß er die Hoffnung nicht ganz aufgibt. Ich bin gespannt, was für eine Entschuldigung der Allerwerteste dann später bereit hat, wenn er ohne Pulver und Kugeln zurückkehrt.“

      „Er wird sich eine gute Ausrede einfallen lassen müssen“, meinte Ben. „Aber jetzt soll ihn der Teufel holen. Was können wir dafür, wenn wir unser Schiff erproben, und uns folgt ständig eine Horde wilder und brüllender Affen.“

      „Recht hast du, Ben. Willst du das Ruder übernehmen? Wir gehen mal ganz hart an den Wind.“

      Die „Isabella“ wurde belastet, schon jetzt ziemlich stark, als sie bei ruppiger See und steifen Wind aus Nord mit Backbordhalsen über Steuerbordbug segelte. Auch die ersten Spritzer ergossen sich an Deck, und über die Galion stäubte es, als der Bug die Wellen zerhackte und wie riesige Schleier aufriß.

      Einige hatten jetzt das Ruder schon mal für ein paar Minuten in der Hand gehabt, denn jeder wollte wissen, wie die neue Lady sich so benahm. Ob sie ruppig und bockig war, ob sie zornig oder fuchsteufelswild dahinjagte, oder ob sie fromm und friedlich


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