Seewölfe - Piraten der Weltmeere 638. Sean Beaufort

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 638 - Sean Beaufort


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„Kurs halten, so lange wie möglich.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Seitlich des Schiffsverbandes, der mehr oder weniger in Kiellinie, aber mit großen Abständen zwischen den einzelnen Galeonen segelte, arbeiteten sich die Schebecke, die „Isabella“ und die „Wappen von Kolberg“ durch die Wellen des Atlantiks.

      In rund zwei Seemeilen Entfernung hob die „Fortuna“ ihren Bug und senkte ihn wieder in die aufspritzenden Wellen. Die fleckigen Segel waren straff gefüllt. Alle Schiffe waren mit guter Fahrt unterwegs. Zwei Meilen hinter der „Fortuna“ erkannten die drei bärtigen Männer, die in schweigende Gedanken versunken waren, den Rumpf der „Honestidad“. An Steuerbord dieser Galeone segelte die Schebecke. Der Himmel über dem Atlantik war von dünnem, hochliegendem Nebel bedeckt, zwischen dem sich dunkle Wolken abzeichneten. Sie trieben in unaufhörlicher Folge von Westen nach Osten.

      Der Wind, der die Galeonen vorwärtstrieb, wehte dicht über dem Ozean aus Süden. Mühelos hielten die Schatzgaleonen den Nordkurs. Auch in den zurückliegenden Stunden hatte es keine Zwischenfälle gegeben.

      Gil Garcilasco, der Erste Offizier, hustete, spuckte nach Lee und umklammerte den Handlauf der Heckgalerie. Hinter ihm knirschte die Tür der Kapitänskammer in ihren Angeln.

      „Mit Verlaub, Kapitän, aber ich bin nicht dafür, in dieses gottverlassene Land zu segeln. Irland! Dort sind schon die Schiffe der Armada gestrandet, und man hat unsere Leute mit stumpfen Äxten erschlagen. Ich sage, daß wir nach Spanien segeln sollten Basta! Punktum!“

      Er war aufgeregt, normalerweise sprach er wenig. Solche langen Sätze sagte er nur selten. Heute war ein solcher Tag.

      „Gut. Ich habe verstanden. Ich bin dergleichen Meinung“, erklärte Kapitän Santillan mürrisch. „Dieser Julio de Vilches hat mich nicht überzeugt. Aber unsere Meinung kann auch falsch sein. Schließlich geht es um viel Gold, Silber, seltene Steine und nicht zuletzt um unsere brave ‚Nobleza‘, nicht wahr?“

      „Und um unser Leben, denke ich“, unterstützte ihn Paolo Olinda, der Zweite. „Madre de dio. Welch ein Durcheinander!“

      Mit ihrer kleinen, alten Galeone waren sie alle verwachsen. Fünfunddreißig Männer, von denen ein jeder die lange Fahrt zwischen den beiden Kontinenten schon oft überlebt hatte.

      Der Kapitän wischte sein strähniges, graues Haar aus der Stirn und spürte den salzigen Geschmack der Wassertröpfchen auf seinen Lippen.

      „Wir drei sind also einer Meinung?“ fragte er und legte bedeutungsvolle Schwere in seine Worte. „Unwiderruflich?“

      „Nach Spanien“, bestätigte der Erste. „Nicht wahr, Paolo?“

      „Jawohl. In einen spanischen Hafen, den wir kennen.“

      Sie waren sicher, daß die Nachricht vom Tod des Königs zutraf. Daß dieser Herrscher wie viele andere das Land hatte verkommen lassen und im Grund ein König der Armut war, störte sie nicht in jenem Maß, daß sie ihm und dem Land untreu werden würden. Sie liebten ihre Heimat, und das Gold war wichtig für Spanien.

      „Ich trage unseren Entschluß ins Logbuch ein“, sagte Kapitän Santillan. „Ihr wißt, daß wir wegen Befehlsverweigerung angeklagt werden können?“

      „Weiß ich“, knurrte Gil.

      „Kein Richter, der nüchtern und gottgläubig ist, wird uns deswegen verurteilen, weil wir nach Spanien, statt nach Irland gesegelt sind“, fügte Paolo Olinda hinzu.

      „Ich fürchte keinen Richter“, murmelte der Kapitän.

      Unter ihnen gurgelte und schäumte die Heckwelle der Galeone. Aus dem Wasser sprudelten Blasen an die Oberfläche und zerplatzten im Schaum der dunkelgrünen Wellen. Eine lange Strecke hinter dem bauchigen Heck der Galeone zeichneten sich die auseinanderstrebenden Schaumstreifen, dazwischen das ruhigere Wasser, deutlich ab.

      Der Kapitän und die beiden Offiziere waren einer Meinung. Es galt jetzt, knapp drei Dutzend Seeleute von der Richtigkeit dieses Entschlusses zu überzeugen.

      „Wen hast du als Rudergänger für die nächsten Wachen eingeteilt?“ fragte Santillan und knöpfte sein Wams zu.

      „Coleto, Fuero, Javier und Salas“, erwiderte der Erste. „In dieser Reihenfolge.“

      „Hm. Scheinen zuverlässige Burschen zu sein. Wer steht jetzt am Ruder?“

      „Salas. Er wird von Coleto beim übernächsten Glasen abgelöst.“

      Santillan legte Garcilasco in einer freundschaftlichen Geste die Hand auf die Schulter.

      „Sind die Kerle verschwiegen?“ fragte er, anscheinend in düstere Melancholie versunken.

      „Weißt du selbst, Capitán. Vor dem Mast, wenn die Seeleute nicht schlafen, wird viel geredet. Aber ich kann mir nicht denken, daß unsere Spanier davon begeistert sind, in einem irischen Hafen darauf zu warten, daß neue Befehle eintreffen. Aber ich lege für wenige Männer die Hand ins Feuer.“

      Nachdenklich nickte Alvarez Santillan. Die Enden seines ergrauten Schnurrbartes hingen traurig abwärts. Zwischen den Zähnen murmelte er einen Fluch.

      „Wenn ich befehle, gehorchen sie“, meinte er schließlich. „Aber keiner kann Ärger an Bord gebrauchen. Wie bringen wir es fertig, sie zu überzeugen?“

      „Dreißig Männer und ein paar mehr – das sind dreißig verschiedene Meinungen“, erwiderte der Erste.

      „Unsinn. Es gibt nur zwei Möglichkeiten.“

      „Du sagst es, Paolo“, stimmte der Erste Offizier zu. „Entweder Spanien oder Irland.“

      „Entweder das oder jenes“, sagte der Kapitän und wußte spätestens ab jetzt, daß ein geplantes heimliches Verschwinden seine Schwierigkeiten hatte. Wenn sie bei Nacht aus dem Verband ausscherten, würde man sie jagen und zurückzubringen versuchen.

      Halb trotzig, halb selbstbewußt sagte er: „Bei der ersten besten Gelegenheit legen wir einen neuen Kurs an. Wir segeln nach Gibraltar.“

      „Einverstanden“, erklärte Gil Garcilasco.

      „Ich stimme ebenfalls zu“, sagte Paolo Olinda, „und schlage vor, wir sprechen mit demjenigen Rudergänger, der in der richtigen Stunde am Ruder steht.“

      „Wer auch immer es dann ist.“

      „Wir warten auf den günstigen Augenblick, Señores“, ordnete der Kapitän an. „Wenn ich schlafe, weckt mich einer von euch. Alles klar?“

      „Jawohl, Señor Capitán.“

      Die drei blickten sich schweigend und keineswegs glücklich an. In ihren Gesichtern standen Zweifel und Unsicherheit. Aber in einem Punkt waren sie absolut sicher: ihr Ziel lag vielleicht nicht unbedingt in Gibraltar, aber auf keinen Fall an den felsigen und wenig gastlichen Küsten der irischen Insel.

      Lobo Gomez, ein mittelgroßer Spanier mit breiten Schultern und einem schmalen, bartlosen Gesicht, galt an Bord der „Nobleza“ als der schweigsamste und harmloseste Kerl. Er redete nur dann etwas mehr, wenn es genügend guten Rum gab, und auch dann nur in der Gegenwart einiger weniger Kameraden.

      Lobo mit der olivfarbenen Haut des Landbewohners hatte ein Ziel. Eigentlich waren es einige unterschiedliche Überlegungen, die aber alle einen gemeinsamen Endpunkt hatten.

      Gomez wollte die Windmühle in der Mancha kaufen.

      Seit sieben Jahren dachte er an nichts anderes. Seinen Sold und jede Münze, die er in die Finger kriegte, sparte er und wechselte sie um. Er gönnte sich nichts, was er nicht wirklich brauchte. Eine seiner größten Sorgen war, daß die „Nobleza“ – er segelte seit vier Jahren unter Capitán Santillan und kannte ihn so gut wie nur wenige andere Seeleute – gekapert wurde oder absoff.

      „He, Lobo, wir haben Hunger!“ schrie Cayo, der Profos, von der Kuhl aus. „Wie sieht es aus mit frischem Brot und Braten?“

      „Schlecht


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