Seewölfe - Piraten der Weltmeere 7/III. John Roscoe Craig

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 7/III - John Roscoe Craig


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schneller trieben die ineinander verzahnten Karavellen auf die Sandbank zu. Das Großsegel der ersten bedeckte das Durcheinander auf dem Vorschiff der zweiten Karavelle. Die Schreie verwundeter Spanier waren jetzt deutlich zu hören. Der Captain auf dem Achterschiff des zweiten Schiffes brüllte einen Befehl nach dem anderen. Seine Hand wies hinüber zur „Santa Cruz“, deren Kanonenschlünde nur darauf zu warten schienen, bis die Karavellen ihnen vor die Mündungen liefen.

      Panik brach unter den Spaniern aus. Alles, was noch zwei gesunde Beine hatte, warf sich einfach über Bord. Einige schafften es nicht mehr.

      Die Luft erzitterte, als die Culverinen und Demi-Culverinen der „Santa Cruz“ ihre tödlichen Grüße zu den havarierten Karavellen hinüber schickte. Nur die Hälfte des Eisens traf ins Ziel, doch die Wirkung war auch so ungeheuer. Wie von einer riesigen Faust waren plötzlich sämtliche noch stehenden Masten wegrasiert. Die Spieren und heruntersausenden Blöcke erschlugen die Seeleute, die es nicht mehr geschafft hatten, von Bord zu springen. Andere wurden von dem Musketenfeuer, das von der „Santa Cruz“ und der „Marygold“ über die Decks der Karavellen peitschte, umgerissen.

      Mit einem Ruck kamen die ineinander verzahnten Schiffsrümpfe zum Stillstand. Sie waren auf die Sandbank aufgelaufen. Der Bug der zweiten Karavelle schob sich mit ungeheurer Gewalt weiter in den Rumpf der ersten. Holz knirschte und barst. Der voll Wasser gelaufene Rumpf der ersten Karavelle kenterte und brach in zwei Teile.

      Im aufgewirbelten Wasser schwammen angsterfüllte Männer auf das Ufer zu. Ein Boot mit ein paar besonnenen Spaniern wurde zur zweiten Karavelle gepullt. Dort nahm es Verwundete auf und brachte sie ans Ufer.

      Die Spanier gaben die beiden Wracks auf. Sie wußten, daß sich die Schiffsrümpfe mit dem ablaufenden Wasser tief in den Sand wühlen würden. Das Boot, in dem die Verwundeten transportiert worden waren, wurde noch einmal zur zweiten Karavelle zurückgepullt. Allem Anschein nach wollten die Spanier Waffen, Munition und Proviant bergen.

      Ben Brighton blickte zur „Santa Cruz“ hinüber. Die Kanonen, die auf die beiden Wracks zeigten, waren sicher schon wieder geladen. Aber Kapitän Thomas feuerte nicht mehr. Auch die Soldaten auf der „Santa Cruz“ und der „Marygold“ hatten ihr Musketenfeuer eingestellt.

      Ben Brighton tauchte in der Kuhl auf. Die Soldaten hatten sich um „Black“ John Norris geschart. Sie waren alle noch ziemlich blaß um die Nasen. Der Tod ihres Kameraden hatte sie ziemlich mitgenommen.

      Mit knappen Befehlen setzte Norris seine Leute in Trab. Zwei von ihnen ließen sich von Lewis Pattern ein Stück Segeltuch geben, in das sie den Toten einwickelten.

      „Ich wollte, es hätte diesen Hundesohn Burton erwischt“, murmelte Norris.

      „Vielleicht ist Ihr Wunsch schon in Erfüllung gegangen“, erwiderte Ben Brighton leise. Er dachte an den Kanonendonner, der am Morgen vom untersten Zipfel der Bai zu ihnen herübergeschallt war. Wahrscheinlich hatten die Geschütze der spanischen Karavellen den Kampf eröffnet, als Burton mit seinen Leuten am Landeplatz erschienen war und angegriffen hatte.

      Kurz darauf hatten sie die gewaltige Detonation in den Hügeln südlich von Dungarvan vernommen. Vermutlich war das der Seewolf gewesen. Ben hoffte, daß ihm sein Vorhaben, die Waffen und die Munition der Iren in die Luft zu sprengen, gelungen war.

      Gegen Mitternacht waren Drake und Thomas mit ihren beiden Galeonen in die Bai eingelaufen.

      Francis Drake und auch „Black“ John Norris hatten getobt, als Ben ihnen Burtons Alleingang berichtete. Hasards Entschluß, zu retten, was zu retten war und das Versteck der Iren zu finden und zu zerstören, fand ihre volle Zustimmung.

      Noch vor dem Morgengrauen waren die drei Galeonen gefechtsklar gewesen und hatten die Einfahrt zur Bai blockiert. Sie hatten sich hintereinander gestaffelt in die Fahrrinne gelegt, und zwar mit dem Bug zur See, so daß die spanischen Karavellen – wenn überhaupt – nur hintereinander durchbrechen konnten.

      Kurz bevor die Karavellen im Westen der Bai aufgetaucht waren, hatte Ben Brighton die Schüsse am südlichen Ufer gehört. Jim Maloney hatte vom Großmars aus erkennen können, daß ein paar Männer – vermutlich Hasard und die anderen von der „Isabella“ – in ein Scharmützel mit angreifenden Iren verwickelt waren. Ben hoffte, daß Hasard und die sieben Seeleute von der „Isabella“ den Kampf lebend überstanden hatten.

      „Wenn ich diesen Burton zu fassen kriege, drehe ich ihm eigenhändig den Hals um!“ Captain Norris’ Wut war immer noch nicht verraucht. Mit zusammengepreßten Lippen beobachtete er die Seeleute, die das Deck der „Isabella“ vom Blut des gefallenen Soldaten säuberten, nachdem sie die Kanonen wieder feuerbereit gemacht hatten.

      Ben Brighton war bereit, „Black“ John Norris bei diesem Unternehmen tatkräftig zur Seite zu stehen. Wenn er daran dachte, daß die Sturheit Burtons Hasard, Dan O’Flynn, Blacky, Batuti und die anderen in Lebensgefahr gebracht hatte, quoll ihm die Galle über. Sie hätten diesen Kerl schon in Plymouth über Bord werfen sollen, wie Batuti es vorgeschlagen hatte. Dann wäre ihnen allerhand Ärger erspart geblieben.

      Die Soldaten hatten ihren Kameraden in die Leinwand eingewickelt. Mit ein paar Stichen hatte Lewis Pattern das Segeltuch zusammengenäht. Sicher würden sie bald Gelegenheit finden, den Toten irgendwo an Land zu begraben.

      Ben Brighton ging mit Captain Norris aufs Quarterdeck. Der Captain war während der Nacht mit fünfundzwanzig Männern von der „Marygold“ und der „Santa Cruz“ auf die „Isabella“ übergewechselt, da Hasards Galeone durch den Landeinsatz von sieben Leuten der Besatzung sowieso schon genug geschwächt war.

      Während Norris die Spanier beobachtete, die ihr Boot mit allen möglichen Sachen beluden, die sie aus dem Rumpf der zweiten Karavelle holten, glitt Ben Brightons Blick hinüber zur Südküste der Bai. Er wußte, daß so leicht niemand in der Lage war, den Seewolf im Kampf zu besiegen, aber er wäre bedeutend ruhiger gewesen, wenn er Hasard und die anderen erst wieder an Bord hatte.

      2.

      Philip Hasard Killigrew preßte die Lippen aufeinander. Der letzte Geschützdonner war verrollt, und die beiden ineinander verkeilten Rümpfe der zerschossenen Karavellen waren auf die Sandbank aufgelaufen.

      Wenn Hasard sich zu diesem Zeitpunkt auf der „Isabella“ befunden hätte, wäre er jetzt genauso zufrieden gewesen, wie es Ben Brighton sicher war.

      Für Hasard hatte sich die Lage indessen sehr zu seinen Ungunsten entwickelt. Eins war klar: Francis Drake konnte keine Rücksicht darauf nehmen, daß sich noch einige Männer der „Isabella“ an Land befanden. Er mußte seinen Auftrag, die Karavellen in der Dungarvanbai einzuschließen, ausführen – ganz gleich, ob ein paar Männer dabei ihr Leben ließen.

      Hasards Blicke glitten zwischen der Sandbank, auf der die zerschossenen Karavellen festsaßen, und den restlichen drei spanischen Schiffen hin und her. Die drei Karavellen, die rechtzeitig gehalst hatten, um den tödlichen Kugeln der englischen Galeonen zu entgehen, kämpften sich mit halbem Wind gegen das ablaufende Wasser westwärts zurück in die Bai. Sie standen jetzt auf gleicher Höhe mit Hasard, und obwohl sie das Boot, das in einer Sandkuhle lag, nicht sehen konnten, hatte Hasard kein gutes Gefühl.

      Er blickte wieder zur Sandbank hinüber.

      Die Spanier hatten eine Menge Männer verloren, aber die, die sich an Land hatten retten können, genügten vollauf, um Hasard und seine sieben Männer in die Hölle zu jagen.

      „Warum schießen sie die Kerle nicht zusammen?“ fragte Matt Davies wütend. „Die holen sich in aller Ruhe ihre Waffen von Bord, mit denen sie uns nachher massakrieren werden!“ Er spuckte in den Sand und hieb mit dem blitzenden Haken, der mit einer Ledermanschette am Stumpf seines rechten Unterarms befestigt war, durch die Luft.

      „Vielleicht wissen sie nicht, daß wir noch hier hocken“, sagte Hasard ruhig. Sie durften nicht die Nerven verlieren. Irgendeine Möglichkeit mußte es geben, den Spaniern zu entgehen und zurück auf die „Isabella“ zu gelangen.

      „Wenn die beiden Lecks im Boot dicht sind, segeln wir zur ‚Isabella‘ rüber“,


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