Seewölfe - Piraten der Weltmeere 508. Burt Frederick
Impressum
© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-916-1
Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]
Burt Frederick
Der Korse
Er liebte Perlen – und für sie tötete er
Keuchend und schweißnaß zog der bronzehäutige Mann das Boot auf den Strand. Aber sein Peiniger gewährte ihm noch keine Ruhe. Er versetzte dem Indianer einen Tritt, daß dieser gegen den Bootssteven geschleudert wurde.
Haß ließ die Augen des Bronzehäutigen glühen. Aber es hatte keinen Sinn, sich zu wehren: Dieser schwarzhaarige Teufel mit dem Sichelbart war mit einem Säbel, einem Messer und einer doppelläufigen Pistole bewaffnet.
Erneut rann der Schweiß des roten Mannes in Strömen. Er schleppte die Schatztruhe aus dem Boot herbei. An der Stelle, die ihm der Sichelbärtige wies, begann er zu graben. Flackernde Hoffnung beseelte ihn. Vielleicht erhielt er nach getaner Arbeit seine Freiheit zurück. Seine Hoffnung erlosch auch dann noch nicht, als die ausgehobene Grube bereits dreimal so groß war wie die Truhe. Erst der grelle Schmerz des Messers in seinem Rücken löschte alles Empfinden aus. Hohnlachend begrub ihn der Sichelbärtige zusammen mit der Schatztruhe …
Die Hauptpersonen des Romans:
Della Rocca – Der Piratenhäuptling aus der korsischen Hafenstadt Bonifacio hat sich in der Karibik auf Perlen spezialisiert.
Dubuque – Ein Kreole aus der Meute della Roccas, dem eine Lappalie zum Verhängnis wird.
Rubio Terrada – Der spanische Soldat ist ein guter Kämpfer mit bester Führung, aber die Beförderung zum Sargento wird nie erfolgen.
Philip Hasard Killigrew – Der Zufall bringt es mit sich, daß er mit seinen Arwenacks eine Spur aufnimmt.
Inhalt
1.
Ein gellender Schrei zerriß die morgendliche Stille.
Es war eine Frau, die da in einer der Hütten ihre Wut hinausschrie. Das Gellen ihrer Stimme wehte auf die versteckt gelegene kleine Bucht hinaus und versickerte diesseits im nahen Dickicht.
Nur vereinzelt drangen blinzelnde frühe Sonnenstrahlen durch das Blätterdach der Baumkronen. Vögel erwachten mit Kreischen und Zetern, das wie Protest klang. Irgendwo in der Tiefe des Dickichts ahmte ein Papagei den Wutschrei der Frau nach.
Ohrenbetäubender Lärm entfesselte sich innerhalb von Atemzügen – ein schrilles Wechselspiel von menschlichen und tierischen Stimmen.
Und ein rauhes männliches Organ mischte sich ein.
„Verfluchte Schlampe! Miststück! Dir drehe ich den Hals um!“
Abermals kreischte die Frau vor Entsetzen. Etwas polterte. Ein umkippender Tisch. Oder Stühle.
Dennoch rührte sich in den anderen Hütten nichts. Fast alle hörten, daß es Dubuque war, der Kreole, der da mit Verdruß zu kämpfen hatte. Doch samt und sonders drehten sie sich auf die andere Seite und schnarchten weiter. Denn in den Hütten herrschte noch trübes Halbdunkel. Es fehlte das Zeichen zum Aufstehen – die sengende Mittagssonne, die durch die Dächer aus Palmenblättern drang und die Luft im Inneren der Hütten zum Schneiden dick werden ließ.
Ein schreiendes Weibsbild war ganz gewiß kein Grund, vorzeitig das Abhorchen des Nachtlagers einzustellen. Sollte Dubuque seine Drohung in die Tat umsetzen, damit endlich Ruhe herrschte!
In der Hütte des Kreolen war die Lage indessen keineswegs schon geklärt.
Malvina, die Braunhäutige, entpuppte sich als wahres Teufelsweib. So sanftmütig wie sie in der Nacht gewesen war, so widerborstig zeigte sie sich jetzt. Mit nichts auf dem Leib kauerte sie hinter dem umgekippten Tisch – nichts, außer einem faustgroßen Lederbeutel, der zwischen ihren straffen Brüsten ruhte und von einer Schnur um den Hals gehalten wurde.
Dubuque kniete auf seinem Lager aus Stroh und Decken. Er krümmte sich und stöhnte vor Schmerzen. Seinen ungestümen Vorstoß und seinen Versuch, die nackte Nachtgefährtin hinter dem Tisch hervorzuzerren, hatte er mit einem schlimmen Gegenschlag bezahlen müssen. Malvinas hochzuckendes Knie hatte ihn sehr empfindlich getroffen.
„Gibst du jetzt endlich Ruhe?“ keifte sie. „Siehst du endlich ein, daß du im Unrecht bist?“
„Niemals“, ächzte er, noch immer unfähig, sich zu bewegen. „Du bist eine verdammte Diebin, sage ich. Du bist es, die etwas zuzugeben hat. Und du wirst es zugeben, verlaß dich drauf. Della Rocca wird dir die Gräten langziehen lassen, bis du gestehst. Darauf kannst du Gift nehmen, elende Schlampe.“
„Hölle!“ schrie sie. „Das ist eure lumpige Männerart, die Wahrheit in eurem Sinne zu verdrehen! Ich habe dich nicht bestohlen, du Narr! Glaubst du, ich würde die ganze Nacht mit dem Beutel um den Hals neben dir liegen, wenn ich ihn geklaut hätte?“
„Du warst eben viel zu abgekämpft, um dich noch zu rühren.“ Dubuque hatte sich halbwegs erholt und drehte sich mit breitem Grinsen um. „Wenn du gekonnt hättest, wärst du natürlich abgehauen.“
„O mein Gott!“ Malvina raufte sich die Haare und trommelte mit ihren kleinen Fäusten gegen die Tischplatte. „Du bist der hirnrissigste Kerl, der mir je im Leben begegnet ist! Schenkst mir die Perlen im Suff und behauptest hinterher, von nichts eine Ahnung zu haben!“
Er ließ ein belustigtes Grunzen hören.
„Wie komme ich wohl dazu, ausgerechnet dir meine Perlen zu schenken!“
„Ein Königreich würdest du für mich geben, hast du gesagt. Aber wenn die Perlen reichten, um mich von Quebracho freizukaufen, dann wärest du schon zufrieden.“
„Denk dir nur weiter solch einen Unsinn aus, du Luder. Du wirst gleich merken, was für ein Gefühl es ist, wenn einem die Zunge rückwärts in den Hals gestopft wird!“
Malvinas Wut war in Entschlossenheit umgeschlagen. Der innere Wandel spiegelte sich in ihrer Miene. Sie straffte ihre Haltung und richtete sich ein Stück hinter dem Tisch auf. Mit heimlicher Genugtuung beobachtete sie, wie Dubuque seinen Blick irritiert auf ihre Brüste lenkte. Malvina wußte, welche Wirkung ihre körperlichen Vorzüge hatten, und sie verstand es, diese Wirkung gezielt einzusetzen.
„Du wirst mich nicht anrühren“, sagte sie eisig. Mit der Rechten tastete sie über den Boden, ohne daß der Kreole es sehen konnte. „Ich warne dich, Dubuque. Wenn man jemandem