Seewölfe - Piraten der Weltmeere 582. Roy Palmer
Impressum
© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-989-5
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Roy Palmer
Sturm über Mallorca
Im tosenden Inferno drohen die Arwenacks mit ihrer Schebecke zu sinken …
Schwarze Wolken ballten sich im Nordosten zusammen. Der Wind frischte auf, die See wurde kabbelig. Der Schaluppenführer Guzman rieb sich die Hände und lachte heiser. „Es gibt Sturm, Freunde!“ riet er seinen Kerlen zu. „Und wir kriegen wieder Beute! Das muß gefeiert werden!“
Er zog eine Flasche Schnaps aus seiner Jacke und entkorkte sie. Erst nahm er einen kräftigen Schluck, dann warf er sie den fünf anderen Männern zu. Jeder trank soviel, wie er konnte. Die Kerle lachten grölend. Rechtzeitig genug steuerte Guzman mit der Schaluppe, die als eine Art Patrouillenboot diente, den Hafen an.
Das Dorf der Fischer bestand aus rund zwanzig geduckten weißen Hütten. In der größten Hütte hatte Olivaro, der Piratenführer, sein Hauptquartier eingerichtet.
Olivaro war ein kahlköpfiger Riese mit glattrasiertem Gesicht. Ein goldener Ring zierte sein linkes Ohr. Olivaro grinste breit, als Guzman und die fünf Kerle der Schaluppe die Hütte betraten. „Das wird ein Mordswetter“, sagte Guzman.
Olivaro lachte wiehernd. „Im wahrsten Sinne des Wortes. Heute nacht rollen die Köpfe!“
Die Hauptpersonen des Romans:
Burl Ives – der englische Kapitän überlebt die Strandung seines Schiffes, aber der eigentliche Ärger fängt erst an.
Domingo Calafuria – der Fischer lebt mit seiner Familie und anderen Bewohnern an der Küste Mallorcas, aber sie werden von einer Piratenhorde terrorisiert.
Olivaro – der Piraten-Häuptling träumt vom ganz großen Coup, und der scheint ihm fast zu gelingen.
Philip Hasard Killigrew – im Duell erweist sich der Seewolf als der bessere Degenkämpfer.
Inhalt
1.
Mit versteinert wirkendem Gesicht lauschte der Fischer Domingo Calafuria dem Grölen und Lachen der Piraten. Er ballte die Hände zu Fäusten und biß die Zähne aufeinander. Es fiel ihm schwer, seine Wut und Ohnmacht zu beherrschen.
Rodrigo, sein Sohn, hockte neben ihm auf dem Boden. Er hatte die Knie an den Leib gezogen und hielt die Beine mit den Händen umklammert. Der Haß verzerrte seine Züge.
Asuncion, die Frau des Fischers, und Pamela, Rodrigos Schwester, hatten sich auf einem der primitiven Nachtlager ausgestreckt. Asuncion bewegte einen Rosenkranz zwischen ihren Fingern und betete leise. Das Mädchen weinte verhalten vor sich hin.
„Diese Teufel“, flüsterte Domingo Calafuria. „Wenn sie doch alle sterben würden.“
„Den Gefallen werden sie uns nicht tun“, murmelte Rodrigo. „Seit zwei Wochen haben sie unser Dorf besetzt und erfreuen sich bester Gesundheit.“
„Sie wohnen in unseren Häusern, essen unsere Nahrung, trinken unseren Wein, schänden unsere Frauen“, sagte Domingo. „Sie schlagen uns, wenn wir uns auflehnen. Sie töten uns, wenn ihnen danach ist.“
„So ist es Pablo ergangen“, sagte Rodrigo. „Er stach einen der Hunde mit seinem Messer nieder, dann versuchte er, Olivaro zu erledigen. Aber Olivaro war schneller. Seine Klinge traf Pablo ins Herz.“
„Hör doch endlich auf“, sagte Pamela. Sie wandte den Männern ihr tränennasses Gesicht zu. „Ich kann es nicht mehr ertragen. Lieber will auch ich sterben.“
„Rede keinen Unsinn“, sagte ihr Bruder. „Bislang haben sie uns verschont.“
Asuncion Calafuria unterbrach ihr Gebet.
„Sie tun es sicherlich nicht aus purer Nächstenliebe“, erwiderte sie gedämpft. „Wenn sie wieder eins ihrer sündigen Feste feiern, werden sie auch uns holen.“
„Lieber sterbe ich“, sagte Pamela noch einmal.
„Es gibt nur einen Weg“, murmelte Rodrigo. „Wir müssen uns befreien und fliehen.“
„Wie willst du das anstellen?“ fragte seih Vater.
„Mir fällt schon noch etwas ein.“
„Urbano hat es versucht“, gab Pamela zu bedenken. „Urbano ist ein mutiger Mann. Sie haben ihn gefaßt und halb totgeschlagen. Er ringt noch immer mit dem Tod.“
Sie schwiegen und lauschten dem Wind, der mit zunehmender Kraft über die Dächer der Häuser orgelte. Das Rauschen der See war deutlich zu vernehmen. Draußen braute sich ein schwerer Sturm zusammen.
Domingo wußte, daß es ein Orkan werden würde. Er war in diesem Dorf geboren und aufgewachsen und hatte schon mit vier Jahren auf den Planken gestanden. Er spürte die See mit jeder Faser seiner Nerven und hatte einen unterschwelligen Instinkt für jede Entwicklung.
Domingo Calafuria und seine Familie hockten in dem Keller unter dem größten Haus des Dorfes. Über ihnen lärmten Olivaro und die Piraten. Die Kerle wußten, daß beim Sturm so manches Schiff die Insel anlaufen würde.
Jede Bucht war als Nothafen recht – aber kein Seemann ahnte, daß im Süden von Mallorca eine blutrünstige Bande lauerte, die auf solche Beute nur wartete.
Olivaro und seine Kerle überfielen jedes Schiff, schnitten der Mannschaft die Gurgeln durch und plünderten alles aus. War der Segler gut in Schuß, dann rissen sie sich auch diesen unter den Nagel.
So war Olivaros kleiner Verband, der aus einer Karavelle und drei Einmast-Schaluppen bestand, allmählich gewachsen. Die Piraten kannten weder Skrupel noch Gnade. Wer ihnen in die Hände fiel, war zum Tode verdammt.
Natürlich hätten die Schnapphähne auch die Fischer einen nach dem anderen niedermetzeln können, als sie eines Tages beschlossen hatten, das Dorf zu besetzen und zu ihrem festen Stützpunkt zu wählen. Doch Olivaro hatte es sich anders überlegt.
Die Fischer und ihre Familien wurden noch gebraucht. Hin und wieder durften einige von ihnen zum Fang auslaufen – selbstverständlich unter Bewachung. So war die Verpflegung der Meute gesichert.
Die Frauen und Mädchen kochten,