Der schwarze Witwer. Horst Bosetzky

Der schwarze Witwer - Horst Bosetzky


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Frieda Schorbus hat sich gerade den restlichen Kaffee vom Morgen warm machen wollen, als der Täter, der durch das offenstehende Fenster eingestiegen sein muss, über sie hergefallen ist. Sie hat sich noch gewehrt, aber keine Chance gegen ihn gehabt, als er sie ins Schlafzimmer gezogen, gefesselt und geknebelt hat.»

      «Ein Sittlichkeitsverbrechen wird es nicht sein», murmelte Galgenberg, der, wenn er ernst wurde, durchaus auch Hochdeutsch sprechen konnte. «Also ein Raubmord.»

      «Hm …», machte Kappe. «Sieht nicht so aus, als wäre hier viel zu holen.»

      «Det sag nich! Bei manchen sieht es nur so ärmlich aus, weil sie jeden Pfennig sparen, um sich draußen im Grünen ’n Grundstück zu kaufen.»

      Damit kamen sie ins Schlafzimmer, wo Richard Schorbus neben seiner toten Frau auf der Bettkante saß und der Sohn am Fenster stand und in das bisschen Himmel starrte, das sich über dem engen Hinterhof erkennen ließ.

      «Mein herzliches Beileid», murmelte Galgenberg.

      Kappe sagte gar nichts, sondern setzte sich neben Schorbus aufs Bett und legte ihm den rechten Arm um die Schulter. Das war ein besserer Trost als jedes Wort. Dabei ging sein Blick durch den Raum. An der freien Wand stand ein kleiner hölzerner Schreibtisch mit schön geschwungenen Beinen und einem ebenso kunstvollen Aufsatz. Die Schubfächer waren herausgezogen, die kleinen Türen am Aufsatz standen allesamt offen. Der oder die Täter mussten gezielt gesucht haben. Die kleinen Schlüssel zu den Schubfächern lagen auf der Schreibtischplatte.

      «Haben die Schlüssel immer hier gelegen?», fragte Galgenberg den Sohn.

      «Nein, die hat Mutter immer in ihrer Kittelschürze stecken gehabt.»

      «Gab es denn viel zu stehlen?», fragte Kappe den alten Schorbus.

      «Viertausend Mark, vielleicht auch fünftausend. Das Geld hat immer Frieda verwaltet. Wir wollten uns doch ’n Grundstück kaufen, draußen in Wernsdorf oder in Schmöckwitz.»

      «Die Wertpapiere liegen noch alle hier», sagte Galgenberg.

      «Die Täter hatten es nur auf Bargeld abgesehen.»

      «Ach Gott, Frieda!», schluchzte Schorbus. «Manchmal habe ich gedacht, es wär besser, wenn sie stirbt, bevor man ihr ’n Bein abnimmt … Der Zucker … Aber so ’n Tod, nee, Herr Kommissar.»

      Richard Schorbus wurde plötzlich schwindlig, und Kappe rief den Arzt, damit er sich um ihn kümmern möge. Auch der Sohn war so durcheinander, dass ein Gespräch mit ihm im Augenblick wohl wenig brachte, und so winkte Kappe Galgenberg zu, mit ihm auf den Flur zu kommen. Dort stand Dr. Kniehase und hatte ihnen einiges Neue mitzuteilen.

      «Frieda Schorbus ist mit diesem Herrentaschentuch geknebelt worden. Da ist ein Monogramm eingestickt: W.L. Und so, wie es riecht und gebügelt worden ist, kann es nur in einer Wäscherei gewesen sein.»

      «Danke, da werden wir mal nachhaken.» Kappe ging noch einmal in die Küche und sah auf den Hinterhof hinaus. Die Mauern zu den angrenzenden Häusern waren so niedrig, dass man sie überwinden konnte, ohne Artist beim Zirkus Sarrasani sein zu müssen.

      Sie machten sich daran, mit den Nachbarn zu sprechen, zuerst aber mit Frau Haferkorn, der «Portjeeschen». Und die hielt nicht mit ihrer Meinung zurück, was Rudi Schorbus betraf.

      «Ick will ja nüscht jesagt ham, aba det is ’n janz schönet Früchtchen. Sie, wat der so für Freunde haben tut …»

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