Stillstand. Urschitz Josef

Stillstand - Urschitz Josef


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      JOSEF

       URSCHITZ

      STILL

       STAND

      WIE DER

       REFORMSTAU

       UNSEREN

       WOHLSTAND

       GEFÄHRDET

       Für Benjamin, Sophia und Sebastian, die sich ein Leben in einem zukunftssicheren Land verdienen.

       INHALT

       Cover

       Titel

       Widmung

       PROLOG Im Jurassic Park der Politsaurier

       DIAGNOSE I Akute Austrosklerose

       DIAGNOSE II Gefangen im Reformstau

       BREMSER I Der Föderalismus

       BREMSER II Die Sozialpartner

       BAUSTELLE I Der Staatshaushalt

       BAUSTELLE II Die seltsame Welt der Bürokratie

       BAUSTELLE III Die Steuerhölle

       BAUSTELLE IV Das Sozialsystem und seine Bewohner

       BAUSTELLE V Der ganz normale Förderwahnsinn

       BAUSTELLE VI Die Bildungsmisere

       BAUSTELLE VII Ausgabenmacht ohne Kontrolle

       DER UMBAU Wie wir Österreich zukunftsfit machen

       EPILOG Warten, bis die Troika kommt?

       Weitere Bücher

       Impressum

      Prolog

       IM JURASSIC PARK DER POLITSAURIER

      Wir leben zunehmend auf Pump und von der Vergangenheit – und sind dabei, unsere Zukunft zu verspielen.

      Nach der Vorspeise und ein bisschen Smalltalk kam der Handelsattaché direkt zur Sache: Er sei nun ein Jahr im schönen Österreich, sagte er. In dieser Zeit habe er die Wirtschaft des Landes eingehend studiert und analysiert, die Hintergründe durchleuchtet, die Strukturen und Institutionen hinterfragt. Es gebe für ihn keinen Zweifel: Dieses Land sei, das zeigten alle verfügbaren Daten, eines der wohlhabendsten und insgesamt ökonomisch erfolgreichsten der Erde. Er wisse aber, wenn er sich die Wirtschaftspolitik genau anschaue, beim besten Willen nicht warum. „Können Sie mir weiterhelfen?“, fragte er. „Wissen Sie, wie dieses Wohlstandsniveau mit diesen Strukturen zusammenpasst?“

      Gute Frage. Tatsächlich sind die Daten recht eindeutig. Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, Durchschnittseinkommen, Exportquote, Inflation, Arbeitslosenrate – was immer man international vergleicht: Österreich fällt nirgends wirklich negativ auf. Wir sind zwar auch nirgends wirklich Weltspitze, aber für einen Platz im vorderen Drittel reicht es allemal. Das alles, obwohl auf der anderen Seite ein aufgeblasener Staatsapparat mit ungeheurer Bürokratie die Wirtschaft behindert, eine der höchsten Steuerquoten der westlichen Welt Betrieben und Arbeitnehmern den finanziellen Spielraum nimmt, eine von der Politik durchaus geschürte wirtschaftsfeindliche Grundstimmung erfolgreiches Wirtschaften dämonisiert.

      Das ist tatsächlich eine Diskrepanz, die nicht nur Nichtösterreichern schwer erklärbar ist. Vielleicht hilft es, wenn man ein bisschen zurückblickt. Da werden die guten Daten schnell relativiert. Sie sind zwar nach wie vor gut, aber nicht mehr so gut wie noch vor einem Jahr und noch weniger gut als vor einem Jahrzehnt. Die Alarmsignale, die von Zeit zu Zeit aufblitzen, geben ein eindeutiges Bild: Es geht bergab. In internationalen Standortrankings beispielsweise werden wir in vergleichsweise atemberaubendem Tempo nach unten durchgereicht. In allen wichtigen Rankings liegt Österreich zurzeit irgendwo rund um Rang 20. Das ist entschieden zu wenig für ein Land, das sehr hohe Lohnkosten aufweist und diese gegen immer besser werdende internationale Konkurrenz verteidigen muss. Wenn das Wohlstandsniveau gehalten werden soll, dann gehört Österreich in solchen Ranglisten unter die Top Ten. Dorthin, wo sich vergleichbare europäische Industriestaaten wie Schweden, Dänemark, Holland oder die Schweiz finden.

      Dieser schleichende Verfall der Wettbewerbsfähigkeit wirkt sich natürlich auch in den Wirtschaftsdaten aus. Seit einiger Zeit hinkt das Wirtschaftswachstum der europäischen Konkurrenz hinterher. Ein ungewohntes Gefühl für ein Land, das noch zu Beginn dieses Jahrhunderts ein wenig mitleidig auf die Performance der Deutschen hinuntergeblickt hat. Dafür liegt die Inflation über dem europäischen Schnitt. Und die Zeit, in der Experten aus anderen europäischen Ländern versuchten, hinter das Geheimnis des österreichischen Arbeitslosenwunders zu kommen, sind auch vorbei: Jetzt sind wir in dieser Disziplin immer noch gut, aber eben nicht mehr spitze. Und vor allem: die Tendenz! Während rundum in Europa die Arbeitslosigkeit sinkt, steigt sie zwischen Bodensee und Neusiedler See.

      Was ist mit diesem Land los? Was ist schuld daran, dass wir beeindruckende Wachstumsraten nicht mehr beim BIP, sondern nur noch bei den Arbeitslosen und den Mindestsicherungsbeziehern haben, deren Zahl 2016 um beeindruckende 16 Prozent gestiegen ist?

      Antworten sind schnell zur Hand. Ein rekordverschuldeter Staat versucht, sein Ausgabenproblem mit Rekordsteuereinnahmen zu kaschieren und betreibt eine auf Verhinderung und Behinderung aufgebaute Bürokratie. Das bremst Investitionen, führt zu allgemeinem Frust und sorgt für eine schleichende Entindustrialisierung im Land. Zeiten wie etwa die Siebziger- und Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, in denen ein offenbar attraktives Umfeld Großkonzerne zu prestigeträchtigen Großinvestitionen im Lande animierte – etwa General Motors in Wien-Aspern, BMW in Steyr oder Infineon in Villach –, sind lange vorbei. Heute läuft das Investitionskapital den umgekehrten Weg: Selbst hier ansässige Großkonzerne, wie etwa voestalpine oder Lenzing, tätigen im Land nur noch Ersatzinvestitionen.

      Erweitert wird im Ausland. Die Gründe, die dafür genannt werden, sind immer die gleichen: Steuern, ausufernde Bürokratie, industriefeindliche Stimmung. Letzteres hat ein heimischer Industriekapitän einmal volkstümlich so auf den Punkt gebracht: Wenn er eine Großinvestition in den USA ankündigt, dann organisiert der Bürgermeister eine Festveranstaltung mit Blumenmädchen, der Gouverneur hält eine Rede und eine Dixieband spielt auf. Wenn er dasselbe in Österreich macht, bilden


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