Bratwurst mit Senf und Seelenheil. Adrian Plass

Bratwurst mit Senf und Seelenheil - Adrian Plass


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      Die Versammlung war inzwischen seit etwa fünfundzwanzig Minuten im Gange, und es kostete mich einige Willenskraft, zu verhindern, dass mir vor Staunen der Unterkiefer herunterklappte. Der Leiter der Versammlung war ein guter Freund von mir und machte seine Sache wacker, aber allmählich fing er an, sich so zu benehmen, dass Basil Fawlty neben ihm gewirkt hätte wie eine Nonne unter Valium, und ich konnte es ihm nicht verübeln. Ich hatte selten miterlebt, dass Christen – oder überhaupt irgendwelche Leute – sich so unangenehm, hinderlich, streitsüchtig, laut und unkooperativ verhalten hatten wie hier. Nicht, dass die ganze Gruppe von etwa fünfzig Gemeindegliedern sich so benommen hätte, aber doch eine Minderheit, die groß genug war, dass einem diese fromme Veranstaltung ausgesprochen erbittert und unerfreulich vorkam, besonders wenn man als Gast dort war.

      Doppelt ärgerlich wurde die Situation durch die Tatsache, dass einer der beiden Männer, die sich vorrangig als Unruhestifter hervortaten, ein hochgewachsener Mann war, der mit durchdringend hoher Falsettstimme sprach, während der andere klein und rundlich war und eine mechanisch surrende Stimme hatte, nicht unähnlich dem vibrierenden Dröhnen eines Hochgeschwindigkeitsbohrers, wie Zahnärzte ihn verwenden. Diese beiden Personen besaßen ein großes Repertoire an Einwänden. Sie hatten Einwände gegen das, was gesagt wurde. Sie hatten Einwände gegen die Reihenfolge, in der diese einwandswürdigen Dinge gesagt wurden, und sie hatten Einwände gegen das, was als Ersatz für die Dinge gesagt wurde, die vorher gesagt worden und bei ihnen auf Einwände gestoßen waren.

      Außerdem hatten sie Einwände gegen die Dinge, die nicht gesagt wurden. Wenn diese dann auf ihr Geheiß hin doch noch gesagt wurden, erhoben sie schwerste Einwände gegen die Art und Weise, wie sie gesagt wurden. Hätte man ihnen gesagt, dass jeder ihrer Einwände in vollem Umfang beherzigt werden würde, so hätten diese Leute auch dagegen Einwände gehabt, denn dann hätten sie ja gegen nichts mehr Einwände erheben können, was ihnen ihren ganzen Daseinsgrund geraubt hätte, und wer unter den Anwesenden, so fragte ich mich unwillkürlich, hätte dagegen etwas einzuwenden gehabt?

      Vielleicht trügt mich mein Gedächtnis, und ich übertreibe. Schon möglich, aber nur ein wenig. Die Konflikte und die aggressive Atmosphäre, die in jenem Raum herrschten, nicht nur bei Quietsch und Brumm, sondern auch bei einigen anderen, musste man gesehen und gehört haben, um es glauben zu können. Es war eine wahre Erleichterung, als es endlich eine Kaffeepause gab.

      Schließlich, als alle ihren Kaffee oder Tee getrunken hatten, war ich an der Reihe, mich vorne hinzustellen und der Gemeindeversammlung von der geplanten Revue zu erzählen. Einen Moment lang schaute ich in die Reihen der Gesichter vor mir. Mir dröhnten immer noch die Ohren vom Widerhall des verbalen Artilleriefeuers. Womit sollte ich anfangen?

      »Nun«, sagte ich schließlich, »herzlichen Dank für die Einladung zu Ihrer Gemeindeversammlung, und ich muss gleich als Erstes sagen, dass Sie meiner Meinung nach überhaupt keine evangelistische Revue brauchen.«

      Allenthalben zogen sich Augenbrauen zusammen. Gesichter legten sich in verdutzte Falten. Leute schauten einander kopfschüttelnd an. Aber deswegen war ich doch hier, oder etwa nicht?

      »Nein«, fuhr ich fort, »diese Mühe können Sie sich wirklich sparen. Laden Sie einfach die Leute im Ort zu einer Ihrer Gemeindeversammlungen ein; das dürfte völlig reichen. Die Leute werden kommen und zuhören, wie Sie sich gegenseitig anschießen und Einwände erheben und Anstoß nehmen, und dann werden sie sagen: ›Ja! Ja! Genau das wollen wir auch. Wir wollen zu einer solchen Gruppe von Leuten gehören, die einander wahrhaft lieben. Wenn Nachfolge Jesu so aussieht, dann wollen wir das auch. Ja! Fantastisch! Wann geht es los? Wo sollen wir unterschreiben?‹«

      Einen Moment lang blieb alles still. Ob ich wohl zu weit gegangen war? Vielleicht hätte ich mich lieber um meine eigenen Angelegenheiten kümmern sollen. Aber ich versuchte ein Nachfolger Jesu zu sein, und Jesus macht alles zu seiner Angelegenheit.

      Dann lachte jemand. Und dann noch jemand. Und dann fingen jede Menge Leute an zu lachen. Ich konnte nicht genau nachzählen, aber ich schätzte, dass die Lacher über fünfzig Prozent der Anwesenden ausmachten, womit die Nichtlacher überstimmt waren und der nie eingebrachte, aber äußerst wichtige Antrag offensichtlich angenommen war:

      »Diese Gemeindeversammlung findet, dass wir uns ausgesprochen blöd benommen haben und das nicht wieder tun sollten.«

      All das bot einen hervorragenden Anknüpfungspunkt, um darüber zu reden, dass wir, wenn wir andere wirklich erreichen wollten, eine klare Vorstellung davon haben sollten, womit wir sie erreichen wollten. Was haben wir Christen, das es sich lohnt, anderen Leuten anzubieten? Es war abzusehen, dass die Antwort auf diese Frage ein zentraler Punkt in dem geplanten Projekt werden würde.

      Brüste: von Salomo (der angeblich etwas von Frauen verstand) beschrieben als »junge Zwillinge von Gazellen, die unter den Lilien weiden«. Man kann nur vermuten, dass dem ein anfängliches Missverständnis zugrunde lag, das von den Untergebenen des kurzsichtigen Königs noch bestärkt wurde, indem sie dafür sorgten, dass alle seine Frauen sich ihm stets rückwärts näherten, auf dem Rücken einen Rucksack mit einem Strauß Blumen und einem Pärchen hungriger Frettchen darin.

      Büffet: beliebte Form gemeinsamer Mahlzeiten in der Gemeinde. Hauptursache für die große Zazikiflut von 1964, bei der viele evangelikale Christen in den gewaltigen Mengen der schmackhaften weißen Sauce, die sich in den Gemeindehäusern ansammelte, zu ertrinken drohten.

      Calvinisten: Christen, deren Theologie vermuten lässt, dass sie sich bei der Planung ihres Urlaubs vielleicht nicht die Mühe machen, ihre Hotelzimmer im Voraus zu buchen, weil sie absolut überzeugt davon sind, dass das schon jemand anderes für sie erledigt hat und dass es, falls nicht, auch nichts nützen würde, wenn sie es versuchten.

      Charismatiker: 1. jemand, der eine gesunde Offenheit für das Wirken, die Werke und die Gaben des Heiligen Geistes an den Tag legt; 2. Verrückter; 3. jemand, der Gemeinden bevorzugt, in denen die Freiheit im Ausdruck der Frömmigkeit streng vorgeschrieben ist.

      Christliche Buchhandlungen: Geschäfte, die eine breite Auswahl enger Literatur anbieten.

      Christliche Redner: 1. jemand, dessen Probleme alle in seiner Vergangenheit liegen; 2. jemand, der stets alles tut, um dafür zu sorgen, dass er aus Mangel an persönlicher Erfahrung spricht.

      Christliche Zeitschriften: mit einer oder zwei beachtenswerten Ausnahmen heutzutage eine aussterbende Art. Früher gekennzeichnet durch Artikel mit Titeln wie »Rasenmähen auf christliche Art«. Derartige Texte enthielten meist einen Kasten in der Mitte einer der Seiten mit sechs praktischen Tipps für »christliche Mäher«. Das hörte sich dann etwa so an:

      1. Vergessen Sie nicht, dass Rasenmäher eine Menge Lärm machen können. Hat Ihr Nachbar ein kleines Kind, das möglicherweise gerade schläft? Wie wär’s, Sie rufen über den Zaun oder gehen rasch hinüber, klingeln an der Haustür und erkundigen sich? Klopfen Sie nötigenfalls an die Fenster. Geben Sie nicht auf. Seien Sie beharrlich. Auch Rücksicht auf andere gehört zu unserem Zeugnis.

      2. Rasenmähen bietet hervorragende Gelegenheiten zum Zeugnisgeben. Falls Ihr Nachbar auch gerade mäht oder sich nach einem harten Arbeitstag im Garten entspannt, warum beugen Sie sich nicht über den Zaun und fangen auf ganz natürliche Weise ein Gespräch über den Herrn an?

      3. Falls ein solches Gespräch in Gang kommt, vielleicht, weil Ihr Nachbar die Sammlung von Fischaufklebern entdeckt, die Sie strategisch auf der Front und den Seiten Ihres Rasenmähers angebracht haben, weisen Sie ihn beiläufig darauf hin, dass ebenso wie Ihr Gras, das geschnitten und anschließend auf dem Komposthaufen hinten im Garten abgelegt wird, auch seine Sünden auf genau die gleiche Weise entfernt und entsorgt werden können.

      4. Denken Sie daran, dass wir aufgerufen sind, in allen Bereichen unseres Lebens gute Haushalter zu sein. Wenn Sie einen Zylindermäher haben, warum schalten Sie ihn nicht ab, wenn Sie ihn zu sich ziehen, und wieder an, wenn Sie ihn vorwärtsschieben? Dadurch ehren Sie Gott, und es wird sicherlich tiefen Eindruck auf Ihren Nachbarn machen, dem es zunehmend auffallen wird,


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