Sch(m)utz im Netz. Christian Burger

Sch(m)utz im Netz - Christian Burger


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       1. Was läuft da schief im Internet?

       Warum Anonymität irritiert

       Falscher Fokus auf Hass im Netz

       Aufmerksamkeit für Konstruktives

       2. Warum Anonymität wichtig ist

       Hinweis auf Tatmotiv im Forum

       Abwehr negativer Konsequenzen

       Chance für mehr Meinungsfreiheit

       3. Schmutz im Netz?

       Online-Enthemmung

       Empörungsstürme

       4. Schutz im Netz!

       Masken in der physischen Welt

       Pseudonyme im Internet

       Warum wir digitale Masken brauchen

       5. Das digitale Ich

       Digitaler Körper

       Beständigkeit

       Einzigartigkeit

       Das Scheitern gesetzlicher Regelungen

       6. Der virtuelle Raum

       Beispielwirkung

       Handschellen oder Gemeinschaftsgefühl?

       7. Moderation durch Mensch und Maschine

       Müllabfuhr oder Navigation?

       Unterstützung durch künstliche Intelligenz

       8. Verständigung im Netz: Es liegt an uns!

       Persönliche Scheinwerfer der Aufmerksamkeit

       Gestalter in der Medienwelt

       Anreize statt Strafen

       Endnoten

       Literatur

       Der Autor

       Christian Burger

      1. Was läuft da schief im Internet?

      

      Warum Anonymität irritiert

      Seit einigen Jahren wird immer wieder eine einfache Lösung für verbale Entgleisungen im Netz gefordert: Weg mit der Anonymität, Echtnamenpflicht einführen, dann werden sich die Leute zusammenreißen. Wer sich nicht hinter einer digitalen Maske verbirgt, wer mit seinem echten Namen auftreten muss, der wird sich im Internet ordentlich benehmen.

      Doch was steckt wirklich hinter solchen For­derungen? Häufig sind es bekannte Persönlichkeiten aus Politik oder Medien, die derartige Positionen vertreten. Menschen, die online selbstverständlich unter ihrem eigenen Namen auf­treten oder publizieren, weil sie damit ihre bereits bestehende Bekanntheit nutzen, um Gehör zu finden.

      Reaktionen auf Facebook, Twitter oder in Zeitungsforen kommen dann von »Beate Danzer«, »grueni« oder »anoNYm«. Oft auch Kritik. Manchmal auch unflätige Äußerungen. Wer sind diese Leute? Muss ich sie ernst nehmen? Sind sie mir schon einmal begegnet? Oder handelt es sich gar um einen politischen Mitbewerber oder um eine Kollegin aus einem Konkurrenz­medium?

      Die Unwissenheit um die Person, die hinter bestimmten Äußerungen steckt, ist oft unangenehm und irritierend. Mehr noch: Das Wort steht im Internet für sich, man kann niemandem ins Gesicht schauen und sehen, wie etwas gemeint ist. Der fehlende Kontext macht eine Einordnung schwer: Ist das jemand, dem man vertrauen kann? Was führt die Posterin im Schilde? Will mir da jemand schaden? Ist es gar ein Bekannter, der mich aus dem Hinterhalt angreifen will?

      Beim Thema Corona und Mund-Nasen-Schutz kommt es zu ähnlichen Gefühlen, wie auch bei der Verwendung von Pseudonymen im Netz: Die Pflicht zur (teilweisen) Verhüllung des Gesichts stößt auf erbitterte Ablehnung. Bei Demonstrationen und in Social Media wird die Maske, die eine Verbreitung des Virus eindämmen soll, als Maulkorb uminterpretiert, der einem von den Mächtigen angelegt wird.

      Der Mund-Nasen-Schutz schränkt tatsächlich die soziale Interaktion ein, da er es unmöglich macht, die Mimik des Gegenübers wahrzunehmen. Das Verstehen des gesprochenen Worts wird erschwert. Bei der direkten Kommunikation mit anderen kann man plötzlich nicht mehr auf sämtliche Signale zurückgreifen, die man gewohnt ist.

      Hier zeigt sich eine wesentliche Parallele von physischen Masken im Corona-Alltag und digitalen Masken in Online-Gesprächen: Da wie dort bewirken Masken, dass wir unser Gegenüber nicht vollständig wahrnehmen können. Unterbewusste Mechanismen, die uns dabei helfen, Äußerungen von anderen einzuschätzen, können nicht oder nur eingeschränkt verwendet werden. Wichtige Kontextinformation – zum Beispiel Mimik oder Hintergrund zur Person – wird durch Masken unsichtbar. Da ist es nur allzu verständlich, dass es zu emotionaler Ablehnung kommt.

      Der Blickwinkel »Hass im Netz« dominiert seit Jahren die Debatte darüber, wie wir im Internet miteinander umgehen und (nicht) umgehen sollen. Dieser einseitige Fokus, dieses Starren auf die negative Eskalation im Netz verstellt die Sicht auf das komplexe Wesen von Online-Diskursen. Nicht nur das, wir beschäftigen uns in der Politik, im Medienmanagement und aktuell zunehmend in der Gesetzgebung vorwiegend mit Verhinderungsmechanismen und versuchen so, Fehlverhalten


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