Vergiss die Alten nicht. Richard Hartmann

Vergiss die Alten nicht - Richard Hartmann


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      Fuldaer Hochschulschriften

      Fuldaer Hochschulschriften

      Im Auftrag der Theologischen Fakultät Fulda

      herausgegeben von Jörg Disse

      in Zusammenarbeit mit Richard Hartmann

      und Bernd Willmes

      Richard Hartmann (Hrsg.)

      Vergiss die Alten nicht

      Hohes Lebensalter als Herausforderung für Kirche und Gesellschaft

      echter

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.d-nb.de› abrufbar.

      1. Auflage 2018

      © 2018 Echter Verlag GmbH, Würzburg

       www.echter.de

      Gestaltung: Crossmediabureau – xmediabureau.de

      E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

      ISBN

      978-3-429-05312-3 978-3-429-04998-0 (PDF)

      978-3-429-06408-2 (ePub)

      Inhalt

      Vorwort

       Richard Hartmann

      Integration der Verletzlichkeits-, Potenzial- und Sorgeperspektive als theoretisch-konzeptioneller Hintergrund des Siebten Altenberichts

       Andreas Kruse

      Pastoral in einer alternden Gesellschaft und in einer alternden Kirche – oder: Unsere Zukunft ist das Alter

       Peter Bromkamp

      Der Auftrag christlicher Altenpflegeeinrichtungen – mehr als nur freitags Fisch

       Markus Juch/Kristin Klinzing/Christian Scharf

      Zwischen Arbeit und Alter. Männer als Pioniere einer neuen Lebensphase

       Hans Prömper

      Spiritualität macht Sinn – Anstöße für eine Pastoral des Alter(n)s

       Andreas Ruffing

      Miteinander leben im Quartier. Projekt: Sozialraumorientierte Netzwerke in der Altenhilfe (SoNAh) 2012–2018. Ein Konzeptbaustein der Altenhilfe im Bistum Mainz

       Christoph Schäfer

      Herausforderungen in der pastoralen Arbeit bei Menschen mit Demenz

       Stefan Smolinka

      Herausforderungen in der pastoralen Arbeit bei Menschen mit Demenz – Gottesdienst feiern mit demenziell erkrankten Menschen

       Rosemarie Taschner-Reith

      „Vergiss die Alten nicht“ – Praxishinweise für die freiwillig engagierten und hauptberuflich Tätigen in der Pastoral und Diakonie

       Richard Hartmann

      Autorenverzeichnis

      FULDAER HOCHSCHULSCHRIFTEN

      WEITERE PUBLIKATIONEN DER THEOLOGISCHEN FAKULTAET FULDA

      Vorwort

       Richard Hartmann

      Das Lebensalter des Menschen ist eine durchgehende Perspektive der Heiligen Schrift. Sie beobachtet und deutet das Alter des Menschen in verschiedener Weise und kennt auch die Herausforderungen, die zwischen den Generationen bestehen.

      Hohes Alter wird symbolisch gedeutet und als Wertschätzung aufgezeigt. Adam kann noch mit 130 Jahren einen Sohn zeugen (Gen 5,3) und lebt schließlich 930 Jahre (Gen 5,5). Noach zeugt mit 500 Jahren Sem, Ham und Jafet (Gen 5,32). Er stirbt erst mit 950 Jahren (Gen 9,28). Das Schicksal von Abraham und Sara setzt diese Erfahrungen fort, wenngleich Abraham mit 165 stirbt (Gen 25,7): „Er starb in glücklichem Alter, betagt und lebenssatt, und wurde mit seinen Vorfahren vereint.“ (Gen 25,8)1

      Das scheint die Botschaft: Wer sich auf Gott einlässt, darf auf ein langes Leben hoffen. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass dieses lange Leben zu allen Zeiten glücklich war. Dennoch ist das hohe Alter Signal für die Treue Gottes zu diesem Menschen.

      Eine unserer Erfahrung nähere Selbstbeschreibung liefert der Gileaditer Barsillai: „Barsillai war sehr alt, ein Mann von achtzig Jahren“ (2 Sam 19, 33). Er fragt sich und den König, der ihn in Anspruch nimmt: „Wie viele Jahre habe ich denn noch zu leben, dass ich mit dem König nach Jerusalem hinaufziehen sollte? Ich bin jetzt achtzig Jahre alt. Kann ich denn noch Gutes und Böses unterscheiden? Kann dein Knecht noch Geschmack finden an dem, was er isst und trinkt? Höre ich denn noch die Stimme der Sänger und Sängerinnen? Warum soll denn dein Knecht noch meinem Herrn, dem König zur Last fallen. […] Dein Knecht möchte umkehren und in seiner Heimatstadt beim Grab seines Vaters und seiner Mutter sterben.“ (2 Sam 19,35– 38) Ihm reicht seine Lebenszeit. Er zweifelt an seinem Urteilsvermögen, ist sich seiner Wahrnehmung nicht mehr sicher. Ihn zieht es in die Heimat und zum Sterben. Nach Möglichkeit will er keinem zur Last fallen. Er weiß mit dem Psalmisten: „Die Zeit unseres Lebens währt siebzig Jahre, wenn es hochkommt, achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Verhängnis, schnell geht es vorbei, wir fliegen dahin.“ (Ps 90,10) Barsillai könnte sicher für viele unserer Zeitgenossen zu einem sympathischen, also mitgehenden und mitfühlenden Patron werden. Den Älteren gefällt sicher, was im 2. Makkabäerbuch steht: „Auf den Plätzen saßen die Alten; alle sprachen über ihr Glück. Die jungen Männer gingen im Schmuck ihres Ansehens und mit Waffen gegürtet umher.“ (2 Makk 14,9)

      Die Spannung ist immer wieder zu spüren zwischen Achtung des Alters und Verachtung der Schwäche. Elihus erste Rede an Ijob kokettiert mit seiner Jugend und betont: „Mag erst das Alter reden, der Jahre Fülle Weisheit verkünden.“ (Ijob 32,7) Dann relativiert er und begründet seine eigene Intervention, denn: „Nicht viele sind weise noch Greise stets des Rechten kundig.“ (Ijob 32,9). So mahnt der Weisheitslehrer Jesus Sirach ausdrücklich zur Wertschätzung gegenüber den Eltern: „Kind, nimm dich deines Vaters im Alter an und kränke ihn nicht, solange er lebt. Wenn er an Verstand nachlässt, übe Nachsicht und verachte ihn nicht in deiner ganzen Kraft! Wie ein Gotteslästerer ist, wer den Vater im Stich lässt, und ein vom Herrn Verfluchter, wer seine Mutter erzürnt.“ (Sir 3, 12,13,16) „Behandle einen Menschen in seinem Alter nicht verächtlich, denn auch manche von uns werden altersschwach!“ (Sir 8,6) Ähnlich heißt es im ersten Timotheusbrief : „Einen älteren Mann sollst du nicht grob behandeln, sondern ihm zureden wie einem Vater […] mit älteren Frauen wie mit Müttern.“ (1 Tim 1,2) Solche Einsicht findet sich an einem Fachwerkhaus meiner Heimatstadt Bensheim im Vers „Die Alten ehre stets, du bleibst nicht ewig Kind. Sie waren, was du bist, und du wirst, was sie sind.“

      Die großen alten Gestalten der jesuanischen Kindheitsgeschichte, Hanna und Simeon (Lk 1,7) faszinieren mich immer wieder. Sie zeichnet sowohl die Gelassenheit und Geduld eines langen Lebens aus als auch die unglaubliche Offenheit, wie sie mit wachem Sinn und offenen Augen das Heil sehen, „das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für dein Volk Israel.“ (Lk 2,30f.) Jetzt hat Simeon den Frieden, in dem er scheiden kann (vgl. Lk 2,29).

      Ist das Thema „Alter“ schon grundlegend in der Heiligen Schrift erfasst? Solches Denken wäre nun doch zu einfach: Viele gesellschaftliche Veränderungen zeichnen neue Bilder, neue Aufgaben und Herausforderungen. Die Beiträge dieses Bandes gehen zurück auf das 15. Symposion der Theologischen Fakultät Fulda, das auf Anregung unseres Großkanzlers Bischof Heinz Josef Algermissen am 20. Januar 2018 stattfand. Der Rektor der Fakultät Prof. Dr. Gregor


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