Verhüllung. Andreas Tunger-Zanetti
Der Verlag Hier und Jetzt wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2024 unterstützt.
Mit weiteren Beiträgen haben das Buchprojekt unterstützt:
Gerhard E. Schmid
Dieses Buch ist nach den aktuellen Rechtschreibregeln verfasst. Quellenzitate werden jedoch in originaler Schreibweise wiedergegeben. Hinzufügungen sind in [eckigen Klammern] eingeschlossen, Auslassungen mit […] gekennzeichnet.
Lektorat: Rachel Camina, Hier und Jetzt Gestaltung: Simone Farner, Naima Schalcher,
Zürich
Satz und Bildbearbeitung: Benjamin Roffler,
Hier und Jetzt
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Ulm
ISBN Druckausgabe 978-3-03919-530-5
ISBN E-Book 978-3-03919-976-1
E-Book-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
© 2020 Hier und Jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte GmbH, Zürich, Schweiz
«Wenn man mit ihnen gesprochen hat,
merken die meisten Leute: Da drunter [unter dem Nikab]
ist einfach ein ganz normaler Mensch,
dann fällt dieser Schleier des Befremdens.»
Aus dem Gespräch mit einer Nikab-Trägerin
Inhalt
Kurze Geschichte des Gesichtsschleiers
Europäische Debatten zur Vollverhüllung
Die Praxis des Gesichtsschleiers in der Schweiz
Wie viele Nikab-Trägerinnen gibt es in der Schweiz?
Haltungen zur Vollverhüllung und zur Volksinitiative
Die politische Debatte um ein Verhüllungsverbot in der Schweiz
Der Vorbote: Die Interpellation Darbellay 2006
Die erste Kampagne: Die Minarettverbots-Initiative
Gescheiterte Versuche und partielle Verbote
Volksabstimmung zum Ersten: Tessin
Volksabstimmung zum Zweiten: Glarus
Volksabstimmung zum Dritten: St. Gallen
Die eidgenössische Volksinitiative
Der Mediendiskurs um Vollverhüllung
Feinanalyse typischer Diskursfragmente
Einleitung
Die Schweiz – und die übrige Welt – staunte nicht schlecht, als am Nachmittag des 29. November 2009 feststand: Die Schweizer Verfassung wird in Artikel 72 um ein Verbot ergänzt, Minarette zu bauen. Eine Mehrheit von 57,5 Prozent der Stimmenden hatte es so gewollt, entgegen der Empfehlung von Bundesrat, Parlament und einer breiten Front von Parteien, Verbänden, Religionsgemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Vorausgegangen waren allerdings bereits dreissig Jahre, in denen westliche Öffentlichkeiten mit wechselnder Staffage über «den Islam» debattierten. Markante Punkte in dieser Geschichte waren die Islamische Revolution in Iran 1978/79, die Proteste muslimischer Akteure gegen den Roman «Die satanischen Verse» des britischen Schriftstellers Salman Rushdie 1989, die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA sowie 2004 in Madrid und 2005 in London, und 2006 die Kontroverse um die in Dänemark publizierten