Lebendige Seelsorge 5/2018. Verlag Echter

Lebendige Seelsorge 5/2018 - Verlag Echter


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      THEMA

      Warum habt ihr uns verlassen?

      Empirische Befunde zum Kirchenaustritt und mögliche pastorale Konsequenzen

      Von Ulrich Riegel und Tobias Faix

      „Diese Menschen müssen uns doch etwas zu sagen haben!“

      Dissens und Konflikt als Zeichen der Zeit

      Von Gunda Werner

      Vom Wert des Zuhörens

      Die Replik von Ulrich Riegel und Tobias Faix auf Gunda Werner

      Über den Konflikt hinaus

      Die Replik von Gunda Werner auf Ulrich Riegel und Tobias Faix

      Weder „ganz drinnen“ noch „ganz draußen“?

      Ein differenzierender Blick auf den Kirchenaustritt und seine Folgen

      Von P. Hans Langendörfer SJ

      PROJEKT

      Über Geld, pastorale Chancen und nötige Kirchenentwicklung – die Kirchenaustrittsstudie des Bistums Essen

      Von Markus Etscheid-Stams, Regina Laudage-Kleeberg und Thomas Rünker

      INTERVIEW

      „Ein Schritt aus dem Bannkreis der eigenen Kirchlichkeit“ – Wie das Kulturchristentum die Kirchen bereichern kann

      Ein Gespräch mit Johann Hinrich Claussen

      PRAXIS

      „Siegt der Mammon?“

      Von René Löffler

      Jenseits der Zahlen – eine Botschaft

      Von Johann Ammer

      Gekommen, um zu bleiben?

      Schlaglichter auf den Wiedereintritt in die katholische Kirche

      Von Katharina Grager

      Wiederaufnahme – eine pastorale Chance

      Von P. Peter Waibel SJ

      Kirche aus gutem Grund

      Von Elke Wewetzer

      FORUM

      Pro Pope Francis

      Weltweite Unterstützung für Papst Franziskus

      Von Paul M. Zulehner

      Poesie und Philosophie. Der sapientiale Schreibton von Hanns-Josef Ortheil

      Von Erich Garhammer

      POPKULTURBEUTEL

      Der Nachbar schafft’s

      Von Bernhard Spielberg

      NACHLESE

      Glosse

      Von Annette Schavan

      Buchbesprechungen

      Impressum

       Ute Leimgruber Mitglied der Schriftleitung

      Liebe Leserin, lieber Leser,

      seit Jahren schon verlieren die christlichen Kirchen immer mehr Mitglieder, die Kirchenbindung der Menschen erodiert zusehends. Nun ist aber der Kirchenaustritt nicht einfach nur ein Thema von emotionaler Zugehörigkeit und institutioneller Bindung. Das Thema Kirchenaustritt wirft äußerst brisante pastoral-, kirchenrechtlich- und systematisch-theologische Fragen auf. Anlässlich der zutiefst erschütternden Ergebnisse der sog. „MHG-Studie“ über sexuellen Missbrauch stellt sich die Frage nach einer Kirche, die verbleibwürdig ist, erst recht und in besonderer Schärfe (Heft 3/2019 wird sich mit dem Thema Missbrauch beschäftigen). Es geht um nichts weniger als die Bestimmung, welche Kirche die Kirche in Zukunft sein will.

      Die Lebendige Seelsorge macht in diesem Heft ein ökumenisches Panorama zum Thema Kirchenaus- und wiedereintritt auf. Ulrich Riegel und Tobias Faix identifizieren das „Warum“ der Kirchenaustritte; Gunda Werner plädiert für eine Gestalt der Kirche, die Konflikt theologisch so wertschätzt, dass sich Einheit und Pluralität gegenseitig nicht ausschließen. Einen anderen Blickwinkel nimmt P. Hans Langendörfer SJ ein, der angesichts der divergierenden Hintergründe der Kirchenaustritte trotz der rechtlichen Eindeutigkeiten eine differenzierende pastorale Vorgehensweise vorschlägt.

      Viele der Texte beziehen sich auf die Studie „Kirchenaustritt – oder nicht?“ des Bistums Essen. Deren Autor/innen Markus Etscheid-Stams, Regina Laudage-Kleeberg und Thomas Rünker präsentieren die Studie und fordern eine Neubesinnung des kirchlichen Selbstverständnisses. Im Praxisteil werden u. a. Projekte vorgestellt, die „direkte Beziehungsarbeit“ leisten und damit die Kirchenmitgliedschaft face to face und kreativ buchstabieren: Johann Ammer stellt beispielsweise die Regensburger Telefon-Hotline mit Austrittswilligen vor, P. Peter Waibel SJ resümiert seine seelsorgliche Arbeit mit Wiedereintrittswilligen im Erzbistum München, und Elke Wewetzer beschreibt die Werbeaktion www.zurueck-zur-kirche.de der evangelischen Kirche in Bayern. Ein Problem ist das oftmals viel zu enge Verständnis des Christlichen, sagt Johann Hinrich Claussen im Interview, es braucht unterschiedliche Formen der Zugehörigkeit. Das Heft zeigt, dass Kirche und Theologie von und mit den Menschen, die aus der Kirche austreten oder wieder in sie eintreten wollen, eine Menge lernen können.

      Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihre

      Prof. Dr. Ute Leimgruber

       Warum habt ihr uns verlassen?

      Empirische Befunde zum Kirchenaustritt und mögliche pastorale Konsequenzen

      Austritte fordern die Kirche heraus. Manche Bistümer stellen sie vor finanzielle Herausforderungen, alle Bistümer aber sind in ihrer Pastoral angefragt: Wer sind diese Menschen, die die Kirche verlassen? Warum verlassen sie die Kirche? Und was kann kirchliche Seelsorge im Hinblick auf diese Menschen tun? Der folgende Beitrag geht diesen Fragen nach, indem er vorliegende Studien bilanziert und Beobachtungen aus einer eigenen Studie ergänzt. Ulrich Riegel und Tobias Faix

      2016 sind knapp 362.000 Menschen aus den beiden großen christlichen Kirchen ausgetreten. Statistisch können sie – zumindest Stand heute – vernachlässigt werden, denn ihr Anteil an der absoluten Mitgliederzahl beider Kirchen liegt unter einem Prozent. Ausgetretene stellen eine marginale Gruppe im Gros derer dar, die beiden Kirchen angehören. Finanziell ändert sich das Bild dahingehend, dass fast nur Menschen aus der Kirche austreten, die auch Kirchensteuer zahlen. Bistümer ohne umfänglichen Grund- und Immobilienbesitz scheinen hier bereits ernsthafte Einbußen zu spüren, wie z. B. die sog. Verbleibstudie des Bistums Essen (vgl. S. 331–335) andeutet.

      Pastoral werfen Kirchenaustritte ernsthafte Fragen auf. Aus römisch-katholischer Perspektive wird ein Mensch durch die Taufe der Kirche eingegliedert und somit in die communio plena berufen (vgl. Müller). Obwohl prinzipiell unzerstörbar, kann der Mensch diese communio durch sein Verhalten beschädigen und in eine communio plena non plene überführen. Der Kirchenaustritt stellt einen solchen menschlichen Akt dar, weil sich in ihm der Mensch aus der hierarchisch verfassten kirchlichen Gemeinschaft löst, die – in römisch-katholischer Perspektive – einen Grundpfeiler der communio plena darstellt (LG 14).

      Damit wirft der Kirchenaustritt aber die Frage auf, warum Menschen, die durch ihre Taufe in römisch-katholischer Perspektive in die communio plena berufen sind, nach – in der Regel – vielen Jahren diese Gemeinschaft verlassen, um in communio plena non plene zu leben? Was sind ihre Motive? Und wie sehen die inneren Loslösungsprozesse aus?

      MOTIVE DES KIRCHENAUSTRITTS

      Seit vielen Jahrzehnten wird diese Frage vor allem durch den Blick auf die Motive der Menschen beantwortet, warum sie die Kirche verlassen (für einen Überblick vgl. Riegel/Kröck/Faix,


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