Ein tödliches Komplott. Matthias Boden
Es war kein großes Geheimnis, dass sie nicht lange darin ausharren müssten. Wann immer man sie aufgriff, hatten sie entweder gar keinen Stoff dabei, oder Kleinstmengen, die gerade mal eine Haftzeit von zwei oder drei Tagen rechtfertigten.
5. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
Der Las Vegas Boulevard erwachte langsam aus seiner durch künstliches Licht erhellte Dunkelheit. Vor einer Filiale eines großen Burgerbraters gegenüber dem Mandalay Bay stand Evan Watts in der aufgehenden Sonne. Nur langsam erwärmte sich die Stadt. Im April lag die Nachttemperatur noch bei lausigen acht Grad. Im Lauf des Tages stiegen sie erst langsam auf angenehme Werte deutlich über 20 Grad. Watts war schon mitten in der Nacht aus seinem Bett gestiegen, um den Termin nicht zu verpassen. Er hatte erst vor kurzem ein Paket übernommen und es außerhalb der Stadt im trockenen Wüstensand verborgen. Heute sollte er es endlich wieder loswerden.
Es enthielt genug Stoff für etwa eine Woche. Die Geschäfte im Vergnügungspark Las Vegas liefen noch nicht besonders. Die Verkaufszahlen stiegen erst langsam, nachdem sie im Dezember begonnen hatten, in das große Geschäft einzusteigen. Man musste in der Stadt sehr vorsichtig sein, denn die Polizei trieb überall ihr Unwesen. Einen Einstieg zu finden war schon schwer genug und man durfte hier niemandem vertrauen. Hilfreich waren die Kontakte zu Prostituierten, die in der Wüste ihrer Arbeit nur mit erheblichen Schwierigkeiten nachgehen konnten. Offiziell war es ausgerechnet in Las Vegas verboten, diese Dienste anzubieten. Touristen die keine Ahnung hatten das die Prostitution hier illegal war gerieten gerne in eine Falle, den schon die Anstiftung und Verabredung war verboten. Junge Polizistinnen nutzten diesen Umstand und sprachen Männer in Casinos an. Wenn diese dann mit der Beamtin auf das Hotelzimmer verschwinden wollten, klickten die Handschellen.
Trotzdem war dieser Weg weniger Risikoreich für Drogendealer ihren Stoff unter die Bevölkerung zu bringen. Die Damen des horizontalen Gewerbes kannten ihre Stammkunden und wussten, wer davon infrage kam. An die verkauften sie dann ihren Bestand bis eine weitere Lieferung ankam. Die Beschaffungswege mit den Drogenlieferungen bereitete ihnen immer noch Schwierigkeiten. Der Stoff kam über den Hafen von Seattle ins Land und wurden dann über den Umweg Portland bis nach Las Vegas verteilt. Die Lieferungen waren noch viel zu klein und die Nachfrage überstieg langsam das, was sie geliefert bekamen. Diese Woche waren es nur knapp zwei Kilogramm, die aus Portland geliefert wurden. Das reichte einfach nicht, um genug Geld zu verdienen.
Evan Watts war dafür zuständig, die Lieferungen in der Wüste abzuholen und sein Partner, auf den er hier wartete, verteilte die Ware dann an die Ausgabestellen. Das waren ausgesuchte Damen aus dem horizontalen Gewerbe, die dann die Ware unter ihren Kunden verteilten. Erst kurz vor der verabredeten Zeit erschien Roy Cabrera auf der anderen Straßenseite. Er schien extrem nervös zu sein. Alle paar Augenblicke schaute er sich um, ob ihn jemand verfolgte. Roy hatte sich als Tourist getarnt. Um seinen Hals baumelte eine große Digitalkamera und in der Hand hielt er einen kleinen Straßenplan. Auf der Stirn des Mittdreißigers zeigten sich dicke Schweißperlen. Trotz der relativ kühlen Luft an diesem Morgen war ihm aufgrund der Aufregung viel zu warm.
Roy Cabrera war ein ehemaliges Bandenmitglied im Großraum von Las Vegas. Er war eine kleine Nummer im Untergrund der Stadt, der es nie bis nach oben schaffte. Als das FBI das Räubernest ausräucherte, konnte Cabrera über die Grenze nach Tijuana in Mexiko flüchten. Dort verkroch er sich bei einem Drogenkartell bis er nach Las Vegas zurückkehren konnte. In Mexiko suchten ihn die Behörden wegen mehrfachen Mordes. Seitdem lebte er versteckt im Großraum von Las Vegas. Er wurde vom gemeinsamen Chef angeworben sein Projekt zu unterstützen. Cabrera verließ das Haus nie unbewaffnet. Auch heute hatte er irgendwo am Körper mindestens eine Faustfeuerwaffe versteckt.
Evan Watts gab ihm das Zeichen, dass alles okay war und zündete sich eine Zigarette an. Dann setzte er sich auf eine vor dem Restaurant befindliche Bank und streckte die Beine in die ersten Sonnenstrahlen. Cabrera überquerte die noch nicht so dicht befahrene Straße und ging auf den Laden zu. Auch er zündete sich eine Zigarette an und setzte sich neben den wartenden Evan Watts. Die Übergabe klappte problemlos. Roy nahm die Kamera vom Hals und öffnete das Objektiv. Es war nur eine Attrappe und beinhaltete das zu einem Bündel gerollte Geld. Er übergab es an Watts, der seinerseits ein in dickes Plastikfolie verpackten Umschlag aus seinem Hosenbund zog und es vorsichtig zu Cabera schob. Dann stand er auf, trat seine Kippe auf dem Boden aus und machte sich auf den Weg. Roy blieb alleine zurück. Mit flinken Fingern versteckte er den dicken Umschlag unter seinem Hemd und machte sich wieder auf den Weg.
Seinen Wagen hatte er wenige Ecken weiter in einer Seitenstraße abgestellt. Immer wieder schaute er sich nervös um, ob ihn jemand beobachtete. Er schalt sich selbst so nervös zu sein. In seiner Karriere hatte er schon hunderte Übergaben abgewickelt, trotzdem war er immer noch extrem nervös und aufgeregt. Mehrfach hatte man ihn schon dabei observiert und Zugriffe geplant, aber er war ihnen immer entwischt. An diesem Morgen lief alles glatt und niemand wurde auf ihn aufmerksam. Roy startete den Motor seines Wagens und fädelte sich in den Verkehr ein. Er folgte dem Las Vegas Strip in Richtung Flughafen. Am beleuchteten Ortsschild stand schon um diese Uhrzeit eine große Menge Touristen. Jeder Besucher wollte sich das simple Schild einmal ansehen.
Das Welcome to Fabulous Las Vegas Schild ist ein von Leuchtröhren beleuchtetes Schild auf dem Mittelstreifen des Las Vegas Boulevard. Seit 1959 begrüßte es Besucher von Las Vegas schon auf der Vergnügungsmeile mitten in der Wüste Nevadas. Nachdem Roy das Schild hinter sich gelassen hatte, bog er nach rechts auf einen Feldweg ab. Dort hielt er an, stoppte den Motor und zog das übernommene Päckchen aus seinem Hosenbund. Es war nicht schwer, das merkte er sofort als er es in der Hand hatte. Schon seit Monaten musste er kleinere Mengen unter seinen Angestellten so aufteilen, dass jeder etwas davon bekam. Roy wollte sich darüber beschweren, weil immer weniger ankam, aber er kannte die Lieferkette nicht. Alle seine Lieferungen stammten aus Seattle. Wie sie dann aber den Weg nach Portland fanden, wusste er nicht. Nur eine Kontaktmöglichkeit hatte er bekommen.
Er sollte, wenn es Probleme gab, eine Nachricht in einem Forum schreiben und dann auf einen Anruf warten. Der Anruf kam innerhalb von einigen Stunden auf sein Handy. Der Anrufer ließ aber seine Stimme elektronisch verzerren und die wichtigste Regel