Einfach alles teilen?. Hofkollektiv Wieserhoisl

Einfach alles teilen? - Hofkollektiv Wieserhoisl


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POPEIA:

      geboren 2009 im Zirkuswagen am Hof; Meisterin der verschiedenen Kollektivwelten, denn sie verbringt ihre Wochenenden bei ihrem Papa am Longo-maï-Hof Stopar in Kärnten; zweite Muttersprache: Französisch; sie besucht die Alternativschule Klex in Graz, ist sehr wortgewandt und fast immer gut gelaunt

       MARK:

      geboren 1983 in Bruck/Mur; Lehre als Prozessleittechniker, Skisport-Landeslehrer Tirol; Kunstaussteller; Kellner und Koch; Bachelorstudium Geographie an der Universität Graz; langjähriger Obmann des Jongliervereins Graz und selbst Jongleur seit über 20 Jahren; am Hof überall organisatorisch und tatkräftig dabei; unermüdlicher Auftreiber von nützlichen Secondhand-Gegenständen

       TOBIAS:

      geboren 1997 in Linz; Matura an der HBLA für künstlerische Gestaltung in Linz; seit Februar 2020 im Hofkollektiv Wieserhoisl; professionelle Gartenfee/ländliches Universalgenie, großer Freund von Pflanzen und ihren Wesen- und Eigenheiten; passionierter Kanufahrer und -guide mit Holzschnitzambitionen

       FRITZ:

      geboren 1978 in Klagenfurt; Studium der Landwirtschaft und Doktorat am Institut für Ökologischen Landbau an der Universität für Bodenkultur in Wien; seit 2010 im Hofkollektiv Wieserhoisl; Vater von Mael und Noreia; am Hof hauptsächlich verantwortlich für die Tierhaltung, das Weidemanagement und die Waldbewirtschaftung; er ist leidenschaft-licher Paellakoch und Tortenbäcker

       ELENA:

      geboren 1980 in Valencia/Spanien; Studium der Landwirtschaft in Spanien; seit 2010 im Hofkollektiv Wieserhoisl; Mutter von Noreia und Mael; ihre Arbeitsbereiche am Hof sind der Garten, die Saatgutvermehrung, die Jungpflanzen sowie Einkochen und Tierhaltung; sie arbeitet auch als Kindergartenassistentin; sie steht allen immer mit Rat und Tat zur Seite, bringt südländisches Flair ins Kollektiv und tanzt gerne

       NOREIA:

      geboren 2011 im Hofkollektiv Wieserhoisl; Zweite Muttersprache: Valenciano; geht in Deutschlandsberg zur Schule; sie ist unsere Schafflüsterin, hilft gerne mit, wenn gemeinsame Aktionen stattfinden, kocht gerne und hängt gerne auf den Bäumen herum

       MAEL:

      geboren 2017 im Hofkollektiv Wieserhoisl; Zweite Muttersprache: Valenciano; er hält das Kollektiv in Atem und bringt Stimmung ins Haus; er ist unser Pfeil-und-Bogen-Spezialist und trägt den geheimen Titel „King of Wieserhoisl“

      Zusammen sind wir stark

      Wir haben uns also für einen gemeinsamen Weg entschieden. Einen Weg, der von dem Grundsatz ausgeht, dass wir gemeinsam stärker sind. Widerstandsfähiger. Weniger verletzlich. Beweglicher.

      Damit haben wir für uns eine Lösungsmöglichkeit gefunden, zwei Lebensarten zu vereinen: auf der einen Seite ein bescheidenes, bäuerliches, mit dem Ort stark verbundenes, auf der anderen Seite ein modernes, mobiles Leben. Wenn du jetzt denkst, dass diese Entwürfe ziemlich gegensätzlich klingen, hast du gar nicht Unrecht: Sie stehen manchmal auch ganz schön im Widerspruch und der Versuch, beides zu leben, ist nicht immer einfach. Aber es schweißt uns auch zusammen. Und meistens gelingt es uns, diesen Bogen zu spannen und die Vorteile beider Seiten voll auszukosten.

      Wie führt mensch eigentlich einen Bauernhof?

      Am Anfang mussten wir aber erst in dieses neue Leben hineinfinden. Es war ein herausfordernder Lernprozess, bis wir erkannten, was es wirklich heißt, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Klar: Durch unser Studium hatten wir eine fundierte Vorstellung davon, was agrarische Produktion und Organisation bedeuten. Aber es fehlte uns an Praxis: Mit Ausnahme von einem*einer oder zwei Bewohner*innen sind wir alle in einem eher städtischen Umfeld aufgewachsen. Nichtsdestotrotz haben viele von uns unbeschwerte Kindertage am Land verbracht und seit jeher einen starken Bezug zur Natur. So kam es, dass unsere Vorstellungen vom Leben am Land vor unserem Start und in der Anfangsphase sicherlich auch mit Bildern romantischer Idylle vernebelt waren: der Vorstellung davon, mit Freunden inmitten wunderschöner Natur den eigenen Leidenschaften nachzugehen. Das fühlte sich – zumindest in der Vorbereitungsphase, in unseren Gedanken – nicht an wie Arbeit.

      Hineinwachsen und über uns hinauswachsen

      Je mehr wir uns dann mit dem Ort zu verbinden begannen und Aktivitäten nachgingen, die mit Verantwortung und Verpflichtungen zusammenhingen, desto mehr bekamen wir zu spüren, was es bedeutet, sich um ein Stück Land zu kümmern und Selbstversorgung zu betreiben. Wir erlebten immer intensiver, dass Landwirtschaft eine harte Lebensrealität ist. Die Arbeit hört nie auf. Viele Tätigkeiten sind zeitaufwändig und lassen sich nicht direkt in einen Vorteil oder Lohn ummünzen. Mensch ist an den Ort gebunden, da er*sie sich zu Tätigkeiten verpflichtet, die eine langfristige Zuwendung voraussetzen, bevor ein gewünschtes Ergebnis eintrifft.

      Freizeit und Arbeitszeit, Arbeitswoche und Wochenende verschwimmen. Denn wenn die Heuernte ansteht, dann muss das Freizeitvorhaben am See eben warten. Oder wenn am nächsten Tag ein Markt stattfindet, dann wird auch noch in die Abendstunden hinein vorbereitet. Versteh uns nicht falsch: Es ist ein erfüllendes Dasein, das wir führen. Wir arbeiten mit unseren Händen, teilen unsere Zeit selbständig ein, unterstützen uns gegenseitig, ernten gemeinsam die Früchte unserer Arbeit. Aber es ist ein Dasein, das mensch eben nicht blauäugig angehen sollte. Wer diesen Weg einschlagen möchte, muss sich bewusst sein, was auf ihn*sie zukommt: Freude, Gemeinschaftlichkeit, Zusammenhalt – aber eben auch ein ganzes Stück Arbeit.

      Also ja, auch wir sind in unserem bäuerlichen Leben manchmal mit Einschränkungen konfrontiert. Doch viel wichtiger ist es für uns, hervorzuheben, wie das Kollektiv und die Gemeinschaft in dieser Konstellation wirken, sprich: wie viel Bewegungsfreiheit wir uns gegenseitig ermöglichen können. Jede*r von uns, egal welche Verantwortungsbereiche er*sie ausübt, kann ohne großen organisatorischen Aufwand Urlaub nehmen, kann über mehrere Tage wegfahren, andere Menschen treffen, andere Luft schnuppern, Abstand nehmen. Sogar Reisen über mehrere Monate sind möglich. Das ist etwas, das klassische bäuerliche Familien mehrheitlich anders leben. Wir aber ermöglichen uns das, indem wir in fast allen Bereichen zumindest in Zweierteams arbeiten, also der*die Einzelne sowieso leichter abkömmlich ist. Oder wir ersetzen uns einfach vorübergehend gegenseitig.

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      › Blick auf die Bauwägen – Tina kommt gerade vom Kräuterbeet.

      Warum überhaupt gemeinsam leben und arbeiten? Na, ist doch ganz klar!

      Ein Gemeinschaftsaspekt, der für uns noch dazukommt: Obwohl wir irgendwo im Hinterland an einen Ort gebunden sind, von dem aus Gleichgesinnte weit weg oder weit verstreut erscheinen und wo das lokale kulturelle Angebot selten unseren Bedürfnissen entspricht, sind wir trotzdem immer in bester Gesellschaft. Weil wir uns haben.

      Zunächst ist da die Gesellschaft der Hofbewohner*innen. Da gibt es immer irgendein Thema, über das mensch sich austauschen kann, ein Projekt oder Vorhaben, das mensch gemeinsam planen kann. Da sind die Kinder, die durch ihre Spontaneität und Unberechenbarkeit immer für Bewegung sorgen. Besucher*innen, eigene Freund*innen sowie die Freund*innen der anderen bringen zusätzliche Abwechslung in unseren Alltag. Und wenn wir Lust haben, veranstalten wir ein Fest, ein Treffen oder ein Sommerkino, um das kulturelle Angebot zu schaffen, das wir selbst gerne hätten. Wir leben also definitiv keine eintönigen, isolierten oder einsamen Leben in der Pampa. Ganz im Gegenteil, gemeinsam schaffen wir Vielfalt und Abwechslung!

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      › Gemeinsam meistern wir viele Herausforderungen. Wenn der Traktor umkippt, stellen wir ihn gemeinsam wieder auf. Der Spaß kommt dabei nicht zu kurz (und verletzt


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