Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 4: Lucretia L'Incarto. J. H. Praßl

Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 4: Lucretia L'Incarto - J. H. Praßl


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annähernd rund. „Das verstehe ich nicht. Ist meine Nacktheit ein Problem für Euch oder mein Aussehen?“

      Tauron atmete tief durch. „Beides, wenn Ihr’s genau wissen wollt … in Kombination“, schob er schnell hinterher.

      „Wir Elfen zeigen uns sowohl nackt als auch angezogen. Es gibt keinen Grund, warum wir einen Teil von uns nicht zeigen sollten. Und es gibt auch niemanden, der sich daran stört oder davon irritieren lässt …“

      „Irrittititi …“ Er fuhr sich nervös durch sein dichtes Haar. „Was ich meine ist, wir lassen uns nicht irri-tie-ren. Es ist vielmehr so …“

      „Es ist Euer Schiff“, unterbrach sie ihn. „Ihr macht die Regeln. Ich halte mich daran. Gibt es denn eine Möglichkeit, mich von Eurer Mannschaft unbeobachtet zu waschen?“

      „Na klar!“ Jederzeit bei mir in meiner Kajüte. „Also, noch nicht, aber ich werde eine Lösung finden. Betrifft ja auch die anderen Damen des Kommandos, nich’?“ Er grinste.

      Siralen grinste nicht. Anscheinend sah sie den Witz an der ganzen Situation nicht. Zu seinem tiefen Bedauern hob sie das Handtuch auf und der wunderschöne Körper verschwand aus seinem Blickfeld.

      „Ich kümmere mich sofort drum“, gab er sich galant und brüllte übers Deck „Gardwain! Die Männer sollen hier ein Segeltuch aufspannen oder was weiß ich! Irgendetwas, um den Waschbereich uneinsichtig zu machen. Und zwar jetzt sofort!“

      „Zu Befehl!“, kam prompt die Antwort und kurz darauf schlenderten ein paar Matrosen mit Leinen und Segeltuch auffallend lässig auf ihren Kapitän und die Elfe zu.

      „Ich danke Euch“, sagte Siralen unbeeindruckt.

      „Jep. Keine Ursache.“

      „Admiral!“, vernahm er die Stimme seines Kapitänsanwärters.

      „Bei der Arbeit!“, schmetterte Tauron unbarmherzig zurück.

      „Dringende Nachricht von Schroeder!“

      Mist. „Auf dem Weg!“

      Tauron bedachte Siralen mit einem untröstlichen Blick und machte dann, dass er in die Gänge kam. Wenn Schroeder rief, musste man parieren.

      „Was?“, fragte er schroff, nachdem er Gardwain in die Steuermannskajüte zitiert hatte.

      „Die Schwarzen Schiffe haben abgedreht, gerade als sich unsere Schiffe in Bewegung gesetzt haben. Schroeder konnte nicht zugreifen, ebenso wenig wie Ibn’Damahr mit seinen Schiffen.“

      Das verschlug ihm doch tatsächlich die Sprache. „Und was macht Schroeder jetzt?“

      „Er hat Verfolgung aufgenommen.“

      „Gut, danke“, antwortete er endlich und stieß die Tür zum Hauptdeck auf. Chara war nirgendwo mehr zu sehen. Tauron trabte los und entdeckte sie schließlich im ersten Unterdeck auf dem Weg in ihre Kajüte.

      „Wir haben ein Problem“, kam er unvermittelt zum Punkt. In knappen Worten wiederholte er, was Gardwain ihm gesagt hatte. Als er fertig war, stierte Chara nachdenklich auf ihre Tür. „Sind sie geflohen, sobald unsere Schiffe aufgefächert haben oder bevor“, fragte sie.

      „Was spielt das für eine Rolle? Sie hätten nicht sehen dürfen, dass die achte Flotte eine Änderung der Formation vornimmt.“

      „Es spielt eine Rolle“, beharrte sie. „Wenn sie nur auf die Bewegung unserer Schiffe reagiert haben, haben sie vielleicht eine ähnliche magische Seekarte wie Schroeders anbarische. Haben sie aber gehandelt, bevor wir uns bewegten …“ Sie öffnete die Tür. „Dann haben wir einen Verräter in der Flotte.“

      Magus Primus Major Ahrsa Kasai

      Kerrim sah aus, als hätte sie ihm gerade mitgeteilt, er müsse in Zukunft Schiffsdienst leisten.

      „Ich bin nicht gemacht für so etwas“, sträubte er sich wie ein nasser Köter. „Ich arbaite verdeckt, Chara. Für das stellvertretende Flottenkommando bin ich nicht geaignet.“

      „Ich find’s auch nicht gerade prickelnd, die Flotte zu kommandieren“, gab Chara ungerührt zurück. „Ich brauche einen Stellvertreter. Und ich vertraue hier niemandem außer dir.“

      Kopfschüttelnd schwang sich Kerrim aus seiner Hängematte, schlüpfte in seine Stiefel und vergewisserte sich, dass außer den Assassinen und den Dad Siki Na niemand in den Mannschaftsunterkünften war. Dann pfiff er zwei seiner Kollegen heran, die im hinteren Winkel des ersten Unterdecks förmlich mit den Schatten verschmolzen waren.

      „Besser, wir gehen erst ainmal nach dainem Verdacht mit den Verrätern“, brummte er unwillig. „Verdächtige?“

      Chara hielt Nok mit einer fahrigen Geste dazu an, zur Seite zu treten und die beiden Kollegen gesellten sich schweigend zu ihr und Kerrim. „Den Befehl zum Auffächern kannten nur … nur das Expeditionskommando, mit anderen Worten ich, Siralen und Lucretia. Dann noch Olschewski, der Vizeadmiral der achten Flotte Hadschif Ibn’Damahr und sämtliche Kapitäne seiner hundert Schiffe, dann noch Schroeder, Tauron Hagegard und sein Kapitänsanwärter Gardwain Arkos. Möglicherweise auch dieser Magus Primus Kasai. Kann sein, dass Lucretia ihn eingeweiht hat. Das muss ich noch prüfen. Also genug Verdächtige, um nicht effizient vorgehen zu können. Zumindest können wir’s vergessen, alle Kandidaten mit Hilfe von Stowokors Informationsmagie zu befragen. Das würde ewig dauern.“

      Kerrim nickte und wandte sich den beiden Assassinen zu. „Kħann sain, dass wir müssen überwachen ain paar Kħapitäne und Admiräle“, erklärte er formlos. „Stellt żusammen aine Liste von denen in der Flotte, die dafür kħommen in Frage und legt los.“ Er sah Chara an. „Du willst doch überwachen die Kħommandoschiffe, oder?“

      „Ja.“

      „Gut.“ Er nickte den beiden zu und sie machten einen Abgang.

      „Wir haben diesen Hadschif gestern schon verhört“, erklärte Chara.

      „Verhöret?“

      „Befragt. Ich, Siralen und L’Incarto. Er hat sich wie ein Oger gegen die Behauptung gestemmt, einer seiner Leute könnte ein Verräter sein. Was ihn selbst betrifft, hat er erwartungsgemäß jeglichen Verdacht von sich gewiesen.“

      Die Angelegenheit musste auf jeden Fall geklärt werden. Chara konnte nicht verstehen, warum jemand seinen Stolz und den Ruf seiner Leute über die Sicherheit der Flotte und Mission stellte. Was war schon dabei, wenn ein paar Assassinen schnüffelten? Es würde niemand zu Schaden kommen, abgesehen von denen, die sich etwas zuschulden hatten kommen lassen.

      „Wenn wir ħaben wirklich ainen Verräter unter uns, dann muss Al’Jebal erfahren davon“, murmelte Kerrim.

      Chara verkrampfte sich. Sie kämpfte so hart damit, nicht an Al’Jebal zu denken, dass sie nicht unbedingt scharf darauf war, schon jetzt Kontakt mit ihm aufzunehmen. „Wenn“, hielt sie dagegen und dachte unvermittelt an Lomond. Warum jetzt?

      „Vielleicht, weil du ihn vermisst?“, meldete sich ihre zweite Stimme zu Wort. Sie hatte sich eine ganze Weile ruhig verhalten.

      Seit ihrem Aufbruch waren erst sechs Tage vergangen. Admiral Schroeder war es tags zuvor gelungen, vier der elf Chaosschiffe einzuholen und zu versenken. Das Problem war, dass die restlichen sieben Schiffe kurz darauf in einer dichten Nebelbank untertauchten und danach aus dem Sichtbereich der magischen Seekarte verschwunden waren. Nun wusste niemand, wo sich die Chaosschiffe befanden.

      Kerrim bückte sich nach seinem Waffengürtel, schlang sich das Leder über sein knielanges Hemd und warf sich seinen schwarzen Umhang über. „Das Ganże kħann werden żiemlich ħaikel, Chara. Ich waiß nicht, ob die Piraten werden kħooperieren. Viele von denen mögen uns Ħatschmaschin nicht besonders.“

      Chara marschierte zur Treppe. „Wenn es in der Flotte eine undichte Stelle gibt, müssen wir sie stopfen. Das ist nicht Sache der Piraterie, sondern der Internen Sicherheit.“

      Als sie zusammen mit Nok und Og zum


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