Maria-Magdalena. Gerd Bock

Maria-Magdalena - Gerd Bock


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noch so jung, erst 4 Monate alt und noch eine Spielarmee, wie z. B. heute wieder die Bundeswehr, wo fast jeder Soldat und Uffz. abends nachhause, oder doch zumindest zur Freundin gehen kann.

       Episode zwischendurch:

      Unser Nachrichtenregiment Niederlehme lag ja nur ca. 150 m von der damaligen Stadtgrenze Berlin entfernt, Flußmitte der Dahme, gegenüber Berlin-Wildau. Später hatten dann R. K. und ich ein Faltboot für 30,- Mark gekauft und sind darin in Badehosen über die Stadtgrenze gepaddelt, den Grenzern freundlich winkend und die zurück. Ei, wie lustig ging es damals noch im Kalten Krieg zu. Alles war zwar äußerst kurios, aber man konnte noch damit leben und darüber lachen. 10 Jahre später ging das schon nicht mehr und es war blutig geworden.

      Na gut, Episode, Ausbildungskompanie, so im September 1956, Entlassungskandidaten mit in der Kompanie. Aaaach, wenn wir nur auch schon in dieser Position wären!

      Alter Hase hatte sich abends junge Kirsche mit auf Bude genommen, Doppelzimmer einfach belegt, in der Kaserne natürlich.

      Früh das Wecken und rechtzeitige Ausbüchsen des Mädels verpennt und der OVD (Offizier vom Dienst) stand plötzlich vor den beiden:

      Was geht hier vor? Gesülze von Meldung, Bestrafung, das nahm kein Ende.

      Der EK (Entlassungskandidat) ganz locker: „Genosse Oberleutnant, wenn Sie ein Faß aufmachen wollen, bitte gern. Aber nach verbüßtem Knast bin ich, haste nicht gesehen, im Westen (Berlins) und dann haben Sie die Brille auf, ha, ha.“

      Dem Knaben ist reineweg gar nichts passiert. Er wurde kurz danach in Ehren entlassen.

      8 Wochen Ausbildungskompanie, dann Funkkompanie, dann ein Befehl zur Uffz-Schule zu gehen, Befehl verweigert, 5 Tage in strengen Knast gegangen. War aber halb so schlimm, hatte gute Kumpels im Med-Punkt, die mich als fiebernd deklariert haben – erinnere mich genau an Sanitätssoldat Conrad Hund (Name leicht modifiziert), etwas später dann Ordentlicher Professor für deutsche Geschichte und Institutsdirektor an der Humboldt Uni Berlin, Spezialgebiet Zweites Deutsches Kaiserreich von 1871 bis 1918. Im Jahre 2002 emeritiert. Aus dem Jungen ist etwas geworden.

      Danach durch das wohlwollende Verständnis eines Offiziers der Regimentsleitung (Oberleutnant Gr., Leiter für Versorgung) für den Studienwunsch eines Abiturienten ins Verpflegungsmagazin des Regiments delegiert worden und nach 4 Monaten dort zum „Chef“ avanciert. Bekam als Freiwilliger sogar ein Gehalt von 420,- DDR-Mark auf die Hand, ohne Abzug von Lohnsteuer und Krankenversicherung. Das war damals ein Schweinegeld. Ein 3-Pfund-Brot kostete 92 Pfennig. Mein erstes Ingenieurgehalt war 565,- Mark brutto!

      Mußte zwar körperlich ziemlich hart arbeiten, brauchte aber, außer Schießübungen und Sommerlager keinen weiteren soldatischen Dienst zu tun und konnte alle 4 Wochen in Urlaub nach Saalfeld fahren, mit einem Reisetag Gutschrift. Damals fuhren die D-Züge noch mit der legendären Schnellzug-Dampflock BR 01, 2300 PS und Triebraddurchmesser 2 m, Tempo streckenweise 130 km/h. Aber halt auch nur mit einem Wirkungsgrad von 8% an der Schiene. 92% der kostbaren Steinkohle aus Ölsnitz gingen durch den Schornstein.

      Das war eine Zäsur in meinem Leben, nicht nur im Soldatenleben. Vielleicht ist damals schon meine Lust am Kaufen und Verkaufen geweckt worden. Jahre später konnte man diese Lust dann mit dem Begriff Vertriebsingenieur umschreiben. Und das waren auch mein Job und mein Lebensinhalt für einige Jahrzehnte.

      Und ich bin recht zufrieden damit gewesen. Nur meine Ehe und die Erziehung meiner Kinder haben darunter gelitten – nicht noch einmal dieses Spiel. Ich sagte es schon.

      Wir hatten im Wirtschaftszug anfangs als persönliche Waffen das „Deutsche Sturmgewehr 44“ (d.h. MPi 44) von Adolf Hitler, später die sowjetische MPi 42 mit Trommelmagazin von Josef Stalin. Die MPi 44 war wohl doch zu schade für uns und vor allem zu hochkarätig. Sie durchschlug mit ihrer verkürzten Karabinermunition auf 150 m Schußentfernung noch 20 cm Fichtenholz – wir haben es ausprobiert.

      Übrigens, außer der todbringenden Wirkung beider, ein technischer Unterschied wie Tag und Nacht. Die Stalin’sche zog beim Schießen, wegen des Masseschlosses, immer so fürchterlich nach oben. Treffen war Glückssache, aber schnell schoß sie schon. Die 44 Patronen waren flink rausgeballert. Die vielgepriesene „Kalaschnikow“ von Nikita Chruschtschow, dem kleinen Schuhschläger, kam erst 1960 zur NVA, da war ich schon Student.

      5. 1. Ehe – 1. Job

      Student, wie stolz das klingt. War auch stolz, nur die Weiber, oder besser gesagt, ein Weib und alles was damit im Zusammenhang stand, hat im Juni 1961 für meine selbst beantragte Exmatrikulation den Grundstein gelegt. Natürlich trifft nicht das Mädchen die Schuld, sondern mich allein, das ist klar wie Kloßbrühe, nur wahrhaben wollt’ ich´s damals nicht.

      Was weiß man schon vom Leben, wenn man mit 21 heiratet, man weiß nicht mal wo man steht!

      Ehe- und Familienpflichten, Kind in Auftrag gegeben, Geldbeschaffung stand im Vordergrund, Studium fand nur noch manchmal statt. Aussteigen war schon programmiert.

      Im Januar 1961 kam Sohnemann zur Welt. Alles war neu und gar nicht mehr studentisch.

      Heute gehört das, glaub’ ich, wohl zur Normalität, daß Studentinnen Kinder bekommen und das geht kurioserweise gut, auch das Studium führt am Ende zum Erfolg. Die Jungen sind halt viel wendiger als wir Alten, Konservativen.

      Episode zwischendurch:

      Am 12. August 1961, ein Sonnabend, kamen Heidi, auch schon geschwängert und R. K. zu Besuch nach Dresden, in unsere Einliegerwohnung für 32,- DDR-M auf dem Obergraben. Wir sprachen über Gott und die Welt und wie jämmerlich die DDR doch irgendwann zugrunde gehen wird. Es dauerte allerdings noch schlappe 28 Jahre.

      Seit Januar 1961 hatten ca. 66.000 Bürger die Republik gen Westen verlassen – ausbluten war angesagt.

      Wir, wenn wir schon diesem Trend der Zeit folgen wollen, dann müssen wir es bald tun, sagte der ehemalige Student Bock. Es liegt was in der Luft, so schien es mir.

      Daß es nicht mal 12 Stunden dauern sollte, bis die Luft in Berlin stacheldrahthaltig und später auch bleihaltig wurde, lag außerhalb meiner Erkenntnisfähigkeit.

      Am 14. August 1961, früh um 6 Uhr 45 ging ich dann in meinen neuen Job. Job sagte man damals natürlich nicht so eklig englisch, „auf Arbeit“ in den VEB Funkwerk Dresden, früher Radio Mende, und damit nahm das wahre Leben, mein erstes Leben, seinen Anfang.

      Im nachhinein möchte ich sagen, es war ein schönes Leben, mein erstes, ein erfülltes. Vor allem wegen meines Traumjobs, der am 1. Februar 1966 begann. Später mehr dazu.

      Auch das Zweite war schön, war anders, war kapitalistisch, hatten wir doch viel mehr Geld und viel mehr Probleme, als im ersten – nun dauert dieses auch schon wieder 24 Jahre, das 2. Leben.

      Wann und wo begann es eigentlich. Ich glaube am 18. Oktober 1989 an der Goldenen Pforte des Dresdner Rathauses unter dem Fenster von OB Wolfgang Berghofer, als ich mit den Massen schrie „Wir sind das Volk!“ Wie dumm waren wir eigentlich damals.

      Wir sind nie das Volk gewesen und werden es auch niemals sein, egal wie sich das gerade amtierende gesellschaftliche System auch nennen mag. Das ist eine der schmerzlichen Erkenntnisse meines zweiten Lebens.

      6. Vertrieb

      Na, nun ist wohl doch der richtige Zeitpunkt gekommen, etwas zu meinem ersten Leben zu sagen. Es geht los:

      Am 1. Februar 1966 war meine "Tätigkeit mit einem Brett vor dem Kopf", sprich Konstrukteur mit Zeichenmaschine, beendet. Schon im März 1965 hatte mich Manfred W., seines Zeichens Vertriebsleiter im VEB Funkwerk Dresden, das erste Mal zu einer Messe nach Leipzig berufen. Für mich war es ein Riesenerlebnis, außerdem das 800-jährige Jubiläum der MM (Michaelis Messe). Und am 1. Messetag um 8 Uhr mussten wir die Eingänge der Halle 15 freischaufeln. Damals dauerte die MM noch ganze 10 Tage.

      Am letzten


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