Die Begegnung. Ralf Wider

Die Begegnung - Ralf Wider


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rang nach Luft. Sie hatten also tatsächlich ein Loch in seinen Kopf gebohrt!

      "Wie…? Was…? Warum…?", stammelte er.

      "Der Energiestrahl wurde abgelenkt. Die Manipulation konnte nicht präzise durchgeführt werden. Es gab so etwas wie einen Störsender… Wir haben ihn zu spät bemerkt." Röte schoss in Ferrys Gesicht. Seine Hand griff nach dem linken Ohrläppchen. Der Ohrring war weg.

      "Ich habe ihn erst gefunden, als ich mit meiner Hand den Weg in deinen Kopf gesucht habe. Es tut mir leid.", erklärte die Königin, den Kopf gesenkt. "Jetzt ist alles gut. Es funktioniert doch? Fühlst du dich gut? Von dem Eingriff wird man in wenigen Tagen nichts mehr sehen…" Sie brach ab. Es war ihr tatsächlich unendlich peinlich, das war Ferry klar. Ihm auch. Der verfluchte Störsender! Hätte er nicht einen auf Rebell gemacht, dann hätten ihm die Grauen kein Loch in den Schädel bohren müssen! Übelkeit stieg in Ferry auf.

      "Du veränderst die Farbe in deinem Gesicht. Geht es dir gut?", fragte Fala besorgt. Wahrscheinlich war er grün oder grau im Gesicht. So fühlte sich Ferry wenigstens.

      "Nein, mir geht es gerade nicht so gut.", presste er zwischen den Händen hervor, in die er sein Gesicht gepresst hatte.

      "Hast du Schmerzen? Ich hole den Arzt!", entgegnete die Königin besorgt.

      Ein grauer Arzt, der weiter an seinem Kopf herumpfuschte? Nein, das wollte Ferry auf keinen Fall!

      "Nein! Keine Schmerzen. Nur zu viel Information… Es geht schon.", meinte er matt und richtete sich auf.

      "Ich will Laura und meine Freunde sehen. Jetzt!", fügte er hinzu.

      Ferry liebte Wissen und Information, und was Fala ihm erzählt hatte, war bahnbrechend, doch für den Moment hatte er gerade eine Überdosis an Fakten. Er wollte nur noch seine Frau und seine Freunde sehen und sich vergewissern, dass es ihnen gut ging. Über seinen eigenen Zustand und ausserirdische Technologie, die in sein Gehirn eingebaut worden war, wollte er gerade jetzt nicht nachdenken. Vielleicht war alles ja nur ein böser Traum, aus dem er gleich erwachen würde?

      Die Königin nickte und hüpfte vom Bett. Sie trat zur Wand und berührte sie mit einem Finger. Sie liess den Finger ein kurzes Stück über die Wand gleiten und trat dann zurück. Eine schmale Schranktür war wie aus dem Nichts in der Wand aufgetaucht. Ferry trat mit einem Stirnrunzeln neben Annunfala und öffnete dann die Tür. Es war ein Spind! Darin hing seine Uniform.

      Als sie in den grossen Raum eintraten, verstummten die Gespräche und die Köpfe der Anwesenden drehten sich zu Annunfala und Ferry.

      Der Raum war rund und hatte eine hohe Kuppel aus Glas. Auch die Wände waren aus Glas, bis auf das kleine Stück, wo sie soeben mit dem Lift hochgekommen waren. Somit hatte man einen hervorragenden Rundum-Ausblick über Atlantis. Der Raum lag im obersten Stockwerk des riesigen Turms.

      "Ferry!", schrie Laura erleichtert. Sie war aufgesprungen und rannte auf ihren Mann zu. Er machte einige Schritte auf sie zu und empfing sie mit offenen Armen. Laura fiel hinein und drückte ihn fest.

      "Laura! Geht es dir gut?", seufzte Ferry und grub seine Nase in Lauras Haar, um ihren Duft einzuatmen. Sie drückte ihn zur Antwort noch fester.

      "Ja. Jetzt schon.", tönte es gedämpft herauf. Sie hatte ihr Gesicht fest an seine Halsbeuge gelegt. Auch sie schien seinen Duft einzuatmen.

      "Das hat ja ganz schön gedauert!", brummte es neben Ferry. "Wird das jetzt zur Gewohnheit, dass man sich um dich immer Sorgen machen muss?" Master Paris war neben sie getreten.

      Laura löste sich aus der Umklammerung und trat einen Schritt zurück, um Ferry mit kritischem Blick genauestens zu betrachten. Sie warf einen kurzen Seitenblick zu Paris, um dann wieder Ferry zu fixieren. Sie nickte mit steinerner Miene ihre Zustimmung zu Paris' Aussage. Ferry runzelte die Stirn und hob die Hände in einer fragenden Geste. Was hatte er jetzt schon wieder ausgefressen?

      Der Rest des Teams war ebenfalls aufgestanden und herangetreten. Auf ihren Gesichtern konnte Ferry ebenfalls Sorge und Betroffenheit stehen sehen.

      Laura machte einen Schritt auf Ferry zu und tippte ihm mit einem spitzen Finger auf die Brust. Sie funkelte ihn aus schwarzen Augen wütend an.

      "Du hast schon wieder im Koma gelegen! Drei Tage!" Ferry schoss die Röte ins Gesicht. Er hatte im Koma gelegen? Na ja, er war bewusstlos gewesen… aber Koma? "Wir hatten abgemacht, dass das nie wieder vorkommt! Du Idiot! Ich möchte dich am liebsten umbringen!", brüllte sie ihn an. Ferry konnte sehen, dass sie mit den Tränen rang, doch sie beherrschte sich. Ferry machte einen unsicheren Schritt auf seine Frau zu und schloss sie erneut in die Arme.

      "Sch…", murmelte er besänftigend. "Alles ist gut. Bin ja wieder da." Laura drückte ihn fest und nickte stumm, den Kopf an seine Brust gelegt.

      "Und ich kann ja nichts dafür…", murmelte er. Laura löste sich aus seinen Armen und funkelte ihn von unten herauf an.

      "Du kannst nichts dafür? Hättest du nicht diesen idiotischen Störsender am Ohr, dann wäre das nicht passiert!", schimpfte sie. "Das hast du jetzt davon! Jetzt haben dir die Grauen ein Loch in den Schädel gebohrt!", fuhr sie zornig fort. Sie legte ihre Hand vorsichtig auf die Narbe an seiner Schläfe. Beinahe liebevoll strich sie darüber.

      "Tut es weh?", fragte sie, nun deutlich sanfter.

      Die anderen waren herangetreten und beäugten die Narbe ebenfalls.

      "Nein, gar nicht. Nicht mehr. Anfangs dachte ich, mein Schädel explodiert. Doch dann hat Fala mir die Hand aufgelegt und seither ist es gut.", gab Ferry zurück.

      "Sieht gut aus. Sauber gemacht.", sagte Judy neben ihm in ihrer nüchternen Art. "Du solltest ein bisschen besser auf deinen Kopf aufpassen!", fügte sie mit einem spitzbübischen Lächeln hinzu. Das war eine Anspielung auf ihren gemeinsamen Luftkampf, bei dem Ferry abgeschossen worden war und einen heftigen Schlag an den Kopf bekommen hatte. Danach hatte er ebenfalls im Koma gelegen.

      "Ich will's versuchen.", gab er schmunzelnd zurück. "Schön, euch alle zu sehen. Geht es euch gut?" Ferry schaute in die Runde.

      "Den Umständen entsprechend.", meldete sich Paris trocken.

      "Was heisst das?", wollte Ferry wissen. "Was ist passiert?"

      Paris schickte sich an, zu erzählen, doch Annunfala trat dazwischen.

      "Setzen wir uns und trinken Tee. Dann können wir besser sprechen." Sie zeigte in die Mitte des domartigen Raums, wo ein grosser Haufen bunter Kissen lag. Ferrys Freunde hatten auf diesen Kissen gesessen, als er eingetreten war. Ausser den Kissen gab es keinerlei Einrichtung in dem Saal. Dekor schien nicht so das Ding der Grauen zu sein.

      Sie legten die Kissen so zurecht, dass ein etwas unförmiger Kreis entstand. Die meisten sassen im Schneidersitz, doch Ferry behagte das nicht. Sein kaputtes Knie schmerzte, wenn er so sass. Er streckte die Beine übereinandergelegt nach vorn.

      Zwei Graue tauchten auf und brachten Gläser mit einer dampfenden Flüssigkeit, sowie eine Platte, auf der grüne Klötzchen lagen, die wie Spielzeug-Bauklötze aussahen.

      "Das ist irgend so ein Kräutertee. Schmeckt ein bisschen grasig und ist sehr süss.", flüsterte Laura Ferry zu. "Und das da ist so eine Art Gebäck.", erklärte sie weiter und fischte sich ein Stück von der Platte. "Schmeckt ebenfalls nach Gras und ist noch süsser als der Tee. Ist ein wenig gewöhnungbedürftig, aber eigentlich ganz gut. Und macht enorm satt. Das essen wir nun schon seit drei Tagen. Manchmal gibt es auch blaue oder braune Happen. Die blauen schmecken nach Blüten und die braunen nach Dörrfrüchten. Entfernt, wenigstens." Sie biss in das Teilchen und begann zu kauen. Ferry merkte, dass er Hunger hatte. Er griff sich ebenfalls ein grünes Gebäckstück und probierte einen vorsichtigen Bissen davon. Laura hatte recht, es war unglaublich süss. Den Geschmack fand Ferry recht apart. War mal was anderes. Es musste ja nicht immer Schokolade und Vanille sein. Während er sich den Rest des recht grossen Stückchens in den Mund schob und dafür einen tadelnden Blick von Laura erntete, begann Paris zu sprechen.

      "Annunfala hat uns erzählt, dass ein zweites Tor aufgetaucht sei und


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