Kairos. Christian Friedrich Schultze

Kairos - Christian Friedrich Schultze


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einigen anderen unbekannten Phänomenen, die sie uns in ihren Aufzeichnungen hinterlassen haben. Dennoch gewann ich bald den Eindruck, dass wir in unserem kurzen Leben niemals in der Lage sein würden, ihre Botschaften ganz zu entschlüsseln.

      Mit diesen hochkomplexen Arbeiten sind wir also erst ganz am Anfang. Auch deshalb, weil die aufgefundenen Speicherkristalle solch ein riesiges Reservoir an wissenschaftlichen und bildlichen Informationen enthalten, dass allein deren Entcodierung Jahre dauern wird und den größten Aufwand an manpower und Computertechnologie erfordert, ganz unabhängig davon, ob wir jemals alles verstehen werden oder nicht. Neuestens wurden diese Arbeiten auf zahlreiche Einzelteams und Spezialisten innerhalb der Ranch aufgeteilt, teilweise, und unter ganz besonderen Sicherheitsvorkehrungen, auch außerhalb der Area 51 sogar auf der ganzen Welt. Somit wissen nur noch wenige Privilegierte der Führung über das sehr komplexe Ganze Bescheid.

      Im folgenden kann ich Ihnen leider nur wenige Kapitel der uns von den Besuchern überlieferten Aufzeichnungen, ihre eigene Historie betreffend, sowie einige Bilderserien von ihrem ersten Kontakt mit den Erdenbewohnern bis zum Untergang dieser Zivilisation am Ende des zweiten, des Atlantischen Zeitalters, schildern. Soweit es mir unter den komplizierten und angespannten konspirativen Umständen möglich war, habe ich die in ihren Kristallbibliotheken enthaltenen Filmsequenzen auf ein Maß reduziert, das den allgemeinen Zusammenhang gerade noch gewährleistet. Ihre originalen Aufzeichnungen sind dreidimensionaler, holografischer Art, soweit sie nicht die reinen Formelwelten der Naturwissenschaften betreffen. Sie versetzen das Publikum mit nahezu hypnotischer Macht in vollkommene Scheinrealitäten, deren Konsum bei manchen Zuschauern zu nicht unerheblichem psychischem Stress geführt hat.

      Die Spezialisten, die vom Stanford Research Institute im Menlo Park von Palo Alto und vom Massachusetts Institute of Technology in Boston zusammengezogen worden waren, hatten unter höchster Priorität erfolgreich Maschinen gebaut, die diese ´Filme´ in ebensolcher holografischen Qualität wiedergeben konnten, wie es zunächst nur die Kommunikationsapparaturen in den erhalten gebliebenen und in der Area aufbewahrten kleinen Flugapparaten der Besucher möglich gewesen war. Bezüglich der Kristallspeicher- und Holografietechnologie besitzen die US-Amerikaner ja seit längerem einen weiten Vorsprung vor der übrigen Welt, da sie auf diesem Gebiet bereits jahrzehntelang ziemlich erfolgreich geheimgehaltene Entwicklungen betrieben haben. Natürlich installierte Pegasus zwei von diesen Apparaten in den weitläufigen Bunkeranlagen der ´Ranch´, welche sich zu meiner Zeit in Ebene drei befanden.

      Als ich das erste und einzige Mal an einer Vorführung dieser virtuellen Realitäten teilnehmen durfte, fühlte ich mich binnen kurzem vollständig in ihre außerirdische Welt versetzt. Ich kann nur schwer beschreiben, was ich alles empfand und welche bislang unbekannten Gefühle mich durchfluteten. Allenfalls könnte man sie ´himmlisch´ nennen. Mein Gehirn gaukelte mir die Welt aus einem völlig anderen Blickwinkel und von solch kosmischen Dimensionen vor, wie ich sie bisher nie für möglich gehalten hatte.

      Ich fühlte mich bald selbst wie überirdisch. Den anderen Teilnehmern erging es damals offenbar genauso. Binnen weniger Minuten erschien mir dieser holografische Kosmos als die Realität. In diesen Stunden konnte ich sogar an ihren exotischen Geruchswelten teilnehmen, obwohl mir wegen dieses Unfalls vor zweieinhalb Jahren in Kairo mein realer Geruchssinn vollkommen abhanden gekommen ist.

      Bei meinen Kopierarbeiten musste ich im übrigen besonders darauf achten, dass die Kapazität der mir zur Verfügung stehenden Microchips nicht überschritten wird. Die Filmsequenzen, die Sie gleich sehen werden, sind daher selbstverständlich nur zweidimensional dargestellt. Es war mir nicht möglich, die allein für das Militär kreierten neuen 500-Gigabite-Nanochips zu bekommen, die für diese Aktion natürlich besser geeignet gewesen wären. Ich musste mit den handelsüblichen 128 Gigabite vorlieb nehmen, von denen ich einige konspirativ erwerben konnte. Entsprechend winzig ist der Auszug von dem, was die Kristalle tatsächlich enthalten. Ich habe von diesem komprimierten Bericht eine weitere Kopie hergestellt, die ich an einem speziellen Ort in den USA verwahrt habe.

      Nun zur Sache selbst: In den Vereinigten Staaten und in der Volksrepublik China waren die im Geheimen arbeitenden SETI-Archäologen und Grenzwissenschaftler bereits Ende des zwanzigsten Jahrhunderts zu der Überzeugung gelangt, dass die Erde vor etwa zwanzigtausend Jahren Besuch von Außerirdischen bekommen haben musste. Einerseits wiesen immer wieder seltsame Artefakte und Ansiedlungen, die vor allem bei Ausgrabungen in Nordafrika, auf der Sinai-Halbinsel, in China und in Mittelamerika gefunden wurden, darauf hin, dass die allgemein herrschende Lehre von der rasanten Entwicklung der Menschen vom Jäger und Sammler zum Ackerbauer bis hin zum Monumentalbauten errichtenden Kulturmenschen, äußerst fragwürdig erscheinen musste.

      Vor nur siebentausend Jahren soll sich demnach wie aus dem Nichts mitten aus archaischen Gruppen von Jägern und Sammlern ein staatliches Herrschaftssystem entwickelt haben, das in der Lage war, eine Bauindustrie für die Errichtung der babylonischen Städte und Türme oder der altägyptischen Tempelanlagen und Pyramiden zu entwickeln, während der größte Teil der humanoiden Erdpopulation noch im Kannibalismus verharrte. Das konnte nicht richtig sein!

      Und nachdem man in den drei großen Pyramiden des Gizehmassivs mehrfach Hinweise gefunden hatte, dass ´Göttersöhne´ geheime ´Steine´ mit Botschaften für zukünftige Generationen hinterlegt hätten, begann eine intensive und hektische Suche amerikanischer und chinesischer Spezialisten nach solcherart Artefakten. Ob auch Russen oder Deutsche dabei mitgemacht haben, entzieht sich meiner Kenntnis.

      Ich selbst arbeitete seit Beginn des neuen Jahrtausends für die US-Behörden offiziell an der Stanford University, am Stanford Research Institut und am Messachusetts Institute of Technology in Boston als Kryptologin. Schließlich fanden die Chinesen und wir Nordamerikaner im Oktober des Jahres 2011 fast gleichzeitig nicht nur einige ihrer hochentwickelten, fast unzerstörbar in eine spezielle Schutzmasse eingegossenen, unvorstellbar riesige Informationsmengen enthaltenden, Speicherkristalle, sondern auch einige mumifizierte und in durchsichtigen Kristallcontainern in den unterirdischen Gizehlabyrinten aufbewahrte ´Göttersöhne´ und -´töchter´.

      Wir arbeiteten also wie besessen an der Transkription sowohl ihrer unendlich scheinenden bildlichen als auch ihrer schriftlichen Botschaften. Wir Wissenschaftler der ´Ranch´ erreichten wegen unserer fortgeschrittenen Computertechnologie wohl weit schnellere Erfolge als die Chinesen, die meines Wissens bisher zu keinen durchschlagenden Ergebnissen bei der Entschlüsselung, geschweige der holografischen Darstellung der in den Kristallen enthaltenen Botschaften gekommen sind.

      Während wir die fremde Semantik der Besucher bald verstehen lernten, blieb uns ihr gesamtes wissenschaftliches Begriffsgebäude bis heute größtenteils ein völliges Rätsel. Wir standen und stehen einem Gedankengebäude gegenüber, das viele tausend Jahre weiterentwickelt ist, als unser Wissen, unser Vorstellungsvermögen und unsere Moral. All diese neuartigen Informationen zu verarbeiten, bereitet uns nahezu unüberwindbare Probleme. Am Herabtransformieren ihrer technischen, technologischen und wissenschaftstheoretischen Darlegungen in unsere Bedeutungshierarchien zermartern sich inzwischen hunderte Fachleute des "Pegasus"-Thinktanks die Köpfe.

      Einfacher waren ihre historischen Filmaufzeichnungen zu verstehen, die ich in der vorliegenden Kopie zusammengefasst habe.

      Die Anunnaki, wie sie sich selber nannten, waren die Überlebenden einer humanoiden Population, die annähernd fünfzigtausend Jahre auf dem vierten Planeten unseres Systems gelebt hatte, welchen die antiken Sterndeuter Horus, den Roten und die Römer Mars benannt hatten. Aber nicht unser Solarsystem war ihre kosmische Heimat, sondern sie kamen aus einer uns relativ nahen Gegend unseres Galaxisarmes, die die Sumerer als Das Schaf, die Ägypter als Osiris und die Griechen als Orion bezeichnet hatten. Nach den Beschreibungen, die die Besucher uns von ihrer Sonne im Sichtbereich des von unseren Astronomen als Cr70 identifizierten Sternhaufens gaben, muss es sich um einen mittleren, sonnenähnlichen Stern in diesem Fixsternkonglomerat handeln, der von unserem Planeten aus nicht erkannt werden kann, weil er vom superhellen Alnilam in der so genannten Jakobsleiter – andere nennen sie die Dreikönigs- oder Gürtelsterne des Orion - vollständig überstrahlt wird.

      Ihr lebensspendender Stern hieß natürlich Anunnak, ihr


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