Blutherbst. Wolfe Eldritch
es wirkte zuerst eher komisch, aber dann geriet sie ins Rutschen und fand in dem nassen Gras der Böschung keinen Halt mehr. Sie war weitergerutscht und schließlich im Fluss gelandet, der sie sofort mit sich gespült hatte. Elias hatte ihre Schreie noch eine Weile gehört und sie noch erwidert, als sie längst verklungen waren. Er hatte an der Böschung gestanden und den Fluss angeschrien, als das kleine Mädchen schon lange verschwunden und in dem kühlen Wasser ertrunken war. Irgendwann war er einfach umgefallen. Als er wieder zu Bewusstsein sein kam, hatte sein Gehirn das unvorstellbare Leid und die Schuld, die ihn zu zerstören drohten, tief im Unterbewusstsein begraben. In den tröstlichen Unendlichkeiten des Vergessens.
In all den Jahren hatte Elias sich nie daran erinnern können, was wirklich mit seiner kleinen Schwester passiert war. Nur ab und an in seinen Träumen kamen die dunklen Dinge der Oberfläche so nahe, dass er von schrecklichen Alpträumen geplagt mitten in der Nacht schweißgebadet aufwachte. Wovon er geträumt hatte, wusste er bei diesen Gelegenheiten nie, aber es waren lange Nächte, in denen er danach keinen Schlaf mehr fand.
All diese Dinge sah der Fremde Geist in seinem Kopf, doch er erzählte ihm nichts davon. Es spielte ohnehin keine Rolle mehr und außerdem war der Mann damit beschäftigt, so dicht neben Elias zu gehen, dass er ihn fast berührte. Elias selbst ging zielstrebig und mit festem Schritt durch das Heerlager. Er durchquerte die Ansammlung von Zelten und groben Gebäuden aus Holz, die Pferdekoppeln und Feuerplätze und hielt auf die Wege zu, die zu den Posten auf der zum Wald hin gelegenen Seite führten. Er winkte ab und an einem Kameraden, einmal grüßte er im Vorbeigehen respektvoll einen Templer. Er strahlte ein solches Selbstbewusstsein aus, dass niemand ihn aufhielt oder fragte, ob er nicht anderswo Dienst zu leisten hatte. Hier waren, wie an jedem Tag, Hunderte von Männern unterwegs und er fiel nicht weiter auf.
Den hochgewachsenen dunklen Schatten, der ihm dicht auf dem Fuße folgte, nahm niemand wahr. Ebenso wenig wie den Zweiten, langgezogenen, der dem Ersten folgte. Sie erreichten schließlich den provisorischen Friedhof, einen kümmerlichen kleinen Platz. Für Elias war er natürlich mehr als das.
Es war ein kleiner Dorffriedhof, der nicht einmal ein geschmiedetes Tor hatte, aber er war trotzdem gerne hier. Immerhin wurden die Ruhestätten von einer hüfthohen Mauer aus Bruchstein umgeben. Auf dieser Mauer hatte er als Kind oft lange gesessen, nachdem seine Mutter gestorben war. War es nicht schön, dass die Freunde des zuvorkommenden Fremden auf dem gleichen Friedhof lagen wie seine Mutter? Es war ein ruhiger und schöner Ort, hier konnte man in Frieden trauern. Mit einem Gefühl von tiefer Zufriedenheit drehte er sich zu dem Wanderer um. Elias konnte ihn ganz deutlich sehen, vor seinem Auge war weder der Mann noch sein Hund verschleiert.
»Wird sind da«, sagte er glücklich.
Der Wanderer nickte und hob die behandschuhte Rechte. Die langen Finger gespreizt, strich er vor dem Gesicht des jungen Mannes sanft durch die Luft. Elias lächelte noch immer, als seine Augäpfel sich nach oben verdrehten und er auf die Knie sank. Der Fremde umfasste das Kinn des völlig weggetretenen Soldaten, brach ihm dann mit einer raschen, fließenden Bewegung das Genick, wandte sich in Richtung des Waldrandes ab und ging davon.
Während die beiden Leichen hinter ihm langsam erkalteten, betrat Darane zum ersten Mal seit über zehn Dekaden den Heimatwald der Silvalum.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.