Das Törtchen-Team wird flügge!. Honora Holler
zusammen. Über die Zeit nach den Prüfungen hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Eigentlich hatte sie vorgehabt, sich in den zwei letzten Schuljahren, auf ihre Schwerpunktgebiete zu beschränken. Anderseits konnten die Schüler der Friedrich-Stein-Schule auch die Schule nach der zehnten Klasse mit ihrem Abschluss verlassen.
Direktor Grün räusperte sich vernehmlich, woraufhin alle wieder nach vorne schauten. „Es wird in der Oberstufe eine Umstrukturierung geben, angepasst aus euren Erfahrungen des letzten Jahres, den Veränderungen unsere Zeit und hinsichtlich eurer Zukunftsaussichten. Eigentlich war es für unsere Absolventen nie ein Problem, einen Platz in der Berufswelt zu finden und sich in der Welt der Erwachsenen erfolgreich zu behaupten. Doch leider hat sich gezeigt, dass sich die Zeiten wandeln und wir euch noch besser auf die Zeit nach der Schule vorbereiten wollen. Ihr werdet die ersten sein, die das neue Oberstufenprogramm in vollem Umfang nutzten, könnt. Ich stelle es euch hier nur in groben Zügen vor, da es im Herbst eine große Informationsveranstaltung geben wird. Zuerst einmal möchte euch die Schule eine Berufsausbildung anbieten, die euch einen sogenannten „Brotjob“ gewährleisten soll, bis ihr in euren Wunschberufen angekommen seid. Des Weiteren wird es Wohneinheiten geben, in denen ihr autonomes Wohnen erlernen sollt. Für die Zeit eures Schuljahrs wohnt ihr mit euren Mitschülern in kleinen Gemeinschaften und seid für alles selbst verantwortlich: putzen, einkaufen, Verträge abschließen und Rechnungen bezahlen.“ Ein Raunen ging durch die Anwesenden. Der Gedanke, dass die Zeit, an der man sich an der Friedrich-Stein-Schule nur noch auf sein Schwerpunktgebiet konzentrierte schien vorbei zu sein, ging Sophie wehmütig durch den Kopf. Andererseits war dieses neue Konzept vielleicht gar nicht so schlecht, es erinnerte sie sogar an ihre Gastschule in Neuseeland. „Heißt das, wir leben dann hier alle in der Schule?“, fragte Josie ungläubig. „Es heißt genau das! Es wird zwar keine gemischten Wohngruppen geben“, betonte Direktor Grün und ignorierte das vereinzelte Gelächter. „Doch sollt ihr lernen ohne den Service, den ihr Zuhause habt zu leben.“ Mit einem wissenden Gesichtsausdruck fügte er noch hinzu: „Allerdings werden die Lehrer nachts nicht durch die Gänge eures Wohntrakts schleichen und nachschauen, ob ihr alle in euren Betten liegt.“ Sophie spürte, wie sich leicht rot wurde und gleichzeitig zornig dachte: Was dachte Direktor Grün nur über sie?! Etwa, dass sie hormongesteuerte Teenager waren? „Klasse“, juchzte Alba und strahlte die entsetzt aussehenden Lulu und Suki an. „Stimmt“, hauchte Onta zustimmend und fing an zu strahlen. Oje, drückten die Blicke aus, die sich Lulu und Sophie gleich daraufhin zuwarfen. „Bevor hier jetzt zu euren Klassenräumen geht, noch eine Sache“, ertönte die Stimme ihres Direktors von der Bühne. Alle schauten wieder nach vorne. „In diesem Herbst findet unser Schulball wieder statt. Mit dabei sein werden nicht nur eure Eltern und die Mitglieder des Freundeskreises, sondern auch ehemalige Schüler, sofern sie Zeit und Lust haben. Und nun wünsche ich euch, einen schönen Start in das Schuljahr“, mit diesen Worten und unter Applaus verabschiedete sich Herr Grün.
In Sophies Kopf begann sich ein kleines Karussell zu drehen: Herbstball und ehemalige Schüler. Hoffentlich hatte einer dieser ehemaligen Schüler keine Zeit, schoss es ihr durch den Kopf, andererseits verspürte sie doch ein gewisses Kribbeln im Bauch.
Fröhlich schnatternd gingen sie durch die Gänge. „Wer wohl dieses Jahr Klassenlehrer ist?“, fragte Suki die anderen. „Also, Herr Oberreut wäre super“, meinte Lulu. „Glaube ich nicht“, warf Alba ein. „Stimmt“, pflichtete ihr Sophie bei. „Nach dem letzten Jahr will der sich bestimmt erholen und übernimmt bestimmt die siebte Klasse“, flachste Onta lachend. „Ich weiß nicht, ob der Landschulheim-Aufenthalt wirklich eine Erholung darstellt“, warf Suki ein. „Vielleicht hat den die Sturmvoll auch reformiert“, scherzte Alba und bog mit Schwung in das Klassenzimmer ein und stockte. Frau Sturmvoll schaute sie erwartungsvoll an: „Was habe ich reformiert?“, fragte sie mit honigsüßer Stimme. Ach, du Schreck, schoss es allen durch den Kopf. Sie hatten dieses Jahr Frau Sturmvoll als Klassenlehrerin. „Ni… Nichts?“, stotterte Alba und schaute sich hektisch um. Ihre Augen flehten förmlich um Beistand. „Nein, was meine Freundin sagen wollte, ist, dass wir es alle sehr gut finden, was uns nächstes Jahr erwarten wird. Eine Schulausbildung so nah am echten Leben“, sprang Lulu ihrer Freundin schnell zur Seite. Hoffentlich war das nicht zu dick aufgetragen. „Genau“, stimmten Sophie, Onta und Suki mit ein. „Schön, schön. Es freut mich, dass ihr euch darüber freut“, quittierte Frau Sturmvoll ihre Antwort mit einem Kopfnicken. „Ihr dürft euch einen Platz suchen“, wies sie mit einer wedelnden Handbewegung in den Raum.
Außer Natalia und ihren Perfekts war noch niemand von ihrer Klasse da. „Kommt, wir gehen ganz nach hinten, dann können wir alle zusammen sitzen“, schlug Onta vor und hechtete geradezu in den hinteren Bereich des Klassenzimmers, vorbei an den drei jungen Frauen, welche sie mit Argusaugen beobachteten. „Schleimer“, hörte Sophie Natalia leise zischen. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließen sich die fünf auf ihre Plätze nieder. Nachdem sich der erste Schock gelöst hatte, beobachtete jeder von ihnen, wie sich die Gesichtsausdrücke ihrer Mitschüler veränderten, als sie durch die Tür traten und ihre neue Klassenlehrerin erkannten. Wie, die?! Schienen Tobias und Pauls Gesichter zu schreien, als sie sich zwischen die Perfekts und das Törtchen-Team setzten. Ja, die! Nicht nur, dass dies ihr großes Prüfungsjahr war, nein auch hatten sie die zweite Direktorin als ihre Klassenlehrerin. „Was unterrichtet die eigentlich?“, hauchte Onta. Suki zuckte mit den Achseln, ebenso wie Alba und Lulu. „Vielleicht Sozialwissenschaft oder Wirtschaft“, mutmaßte Sophie.
Mit einem leisen Klacken schloss Frau Sturmvoll die Klassenzimmertür. „Schön, dass nun alle vollzählig anwesend sind“, sagte sie mit energiegeladener Stimme und schaute ihre Klasse abschätzend an. „Ihr habt sicher von Direktor Grün gehört, dass es einige Änderungen in der Oberstufe geben wird.“ Ein Stöhnen ging durch die Klasse. „Na, na so schlimm wird es nicht werden“, versuchte Frau Sturmvoll zu beschwichtigen. „Ich zum Beispiel, werde euch in Vertragswesen und Buchhaltung unterrichten. Des Weiteren werde ich euch erklären, wie eine Steuererklärung auszusehen hat. Alle drei Bereiche werden in euerem Prüfungsfach Wirtschaftswissenschaft geprüft werden“, erklärte sie. Sophie sah zu den anderen. Drei neue Fächer zusätzlich! „Dafür fallen die Prüfungen in Sport weg“, fuhr sie fort, woraufhin sich Sophies Miene schlagartig erhellte. „Verdammt“, stöhnten Lulu und Onta unisono. „Auch in Kunst, wird es keine Prüfung geben“, informierte sie ihre Klassenlehrerin. „Eure Prüfungen erstrecken sich über die Hauptfächer und eure Schwerpunktfächer. Aber das werden euch eure Lehrer im Detail noch erklären.“ Sie machte eine kunstvolle Pause und starrte genüsslich in die versteinerten Gesichter ihrer Schüler. „Euren Stundenplan ist auf eurem Arbeitsplatz hinterlegt. Die Lernzimmer stehen euch nicht nur unter der Woche bis zweiundzwanzig Uhr zur Verfügung, sondern auch am Wochenende“, fügte sie hinzu, verabschiedete sich mit einem Nicken und entschwand.
„Die ist eine Sadistin“, zischte Onta, nachdem sie das Gesagte verarbeitet hatte und die allgemeine Schockstarre gewichen war. Alle redeten laut miteinander. Bis auf die Perfekts, beobachtete Sophie. Die saßen leicht lächelnd da und genossen die Empörung ihrer Mitschüler. Sophie stupste Lulu an und nickte mit ihrem Kopf Richtung Perfekts. „Ja, ich sehe es auch“, bestätigte Lulu leise. Wenn da mal nicht der Stiftungsrat und Natalias Vater die Fäden gezogen hatten, sagte der Blick, den sich beide zuwarfen. „Leute der Stundenplan ist echt entsetzlich!“, stöhnte Onta von der Seite. „Nicht entsetzlich, anspruchsvoll Onta“, tadelte Suki sie mit einem Kopfschütteln. Sofort schaute auch Sophie in ihre Mappe. Es war wirklich der Hammer. Alle Hauptfächer und Schwerpunktfächer hatten zusätzliche Stunden bekommen und dafür gab es Geschichte und Kunst nur noch alle zwei Wochen im Wechsel. Das Benachrichtigungszeichen blinkte auf. „Hallo Sonnenschein! Na, ist das nicht ein schöner Schulanfang?“, stand da geschrieben gefolgt von einem Smiley. Bevor Sophie eine entsprechende Antwort schreiben konnte, bemerkte sie, wie Ontas Gesicht immer näher kam. Mit einer schnellen Handbewegung ließ sie die Nachricht verschwinden, während sie gleichzeitig so unschuldig wie möglich ihre Freundin anschaute. „Ist was?“, fragte sie betont liebevoll. „Nein“, versicherte Onta ihr und grinste maliziös, wie eine Katze die gerade eine dicke Maus gefangen hatte.
Hip, Hipper, Suki
„Wo