Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band. Anonym

Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band - Anonym


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Peri-Banu aber blickte die Alte an und befahl zweien ihrer Sklavinnen, sie in ein getrenntes Gemach zu führen und sie mit zartester Sorgfalt und äußerstem Eifer zu pflegen. Die Dienerinnen taten, wie sie befahl, und brachten die Zauberin in das bezeichnete Zimmer. Da sprach Peri-Banu den Prinzen Ahmad an und sagte: ›O mein Herr, ich freue mich deiner mitleidigen Güte dieser alten Frau gegenüber; aber mich warnt mein Herz, und sehr fürchte ich, daß aus deiner Freundlichkeit Unheil entspringen wird. Diese Frau ist nicht so krank, wie sie vorgibt, sondern sie täuscht dich, und ich glaube, ein Feind oder Neider führt Arges gegen mich und dich im Schilde. Jetzt aber zieh in Frieden dahin.‹ Der Prinz, der sich die Worte seines Weibes keineswegs zu Herzen nahm, erwiderte ihr: ›O meine Herrin, der allmächtige Allah schütze dich vor allem Unheil! Wenn du mir hilfst und über mich wachst, so fürchte ich nichts Arges: ich weiß von keinem Feind, der auf mein Verderben sinnen könnte, denn ich hege gegen kein lebendes Wesen irgendwelchen Groll, und ich fürchte weder von den Menschen noch den Dschann ein Leides.‹ Und von neuem nahm der Prinz Abschied von Peri-Banu, und er ritt mit seinen Begleitern in den Palast seines Vaters, der seinen Sohn kraft der Tücke seines listigen Ministers nur mit innerem Bangen sah; nichtsdestoweniger aber hieß er ihn mit großem äußerlichen Aufwand von Liebe und Neigung willkommen.

      Derweilen nun trugen die Feensklavinnen, denen Peri-Banu die Hexe anvertraut hatte, ihre Kranke in einen geräumigen, prachtvoll eingerichteten Saal; und sie legten sie auf ein Bett, das versehen war mit einem Polster aus Satin und einer Decke aus Brokat. Und eine von ihnen setzte sich ihr zur Seite, während die andere in aller Eile in einem Becher aus Porzellan einen Saft herbeiholte, der Fieber und Hitze unfehlbar heilte. Dann hoben sie sie auf, setzten sie auf das Lager und sprachen: ›Trink diesen Trank. Es ist Wasser vom Löwenquell, und wer von ihm trinkt, der gesundet alsbald von jeglicher Krankheit, die ihn quälte.‹ Mit großer Mühe nahm die Zauberin den Becher in die Hand, und als sie den Inhalt getrunken hatte, legte sie sich aufs Bett zurück; die Sklavinnen aber breiteten die Decke über sie hin und sprachen: ›Jetzt ruhe eine Weile, und bald wirst du die Wirkung dieses Heiltranks spüren.‹ Dann überließen sie sie auf etwa eine Stunde ihrem Schlafe; doch die Hexe, die sich nur zu dem Zwecke krank gestellt hatte, um zu erfahren, wo Prinz Ahmad lebe, damit sie dem Sultan Nachricht geben könne, und die jetzt sicher war, daß sie alles entdeckt hatte, was sie wollte, stand bald darauf auf, rief nach den Mädchen und sprach: ›Der Trank hat mir Gesundheit und Kraft zurückgegeben; ich fühle mich jetzt wohl und munter, und meine Glieder sind von neuem erfüllt von Leben und Kraft. Also teilt das sofort eurer Herrin mit, so daß ich ihr den Saum ihres Kleides küssen und ihr für ihre Güte wider mich danken, aufbrechen und nach Hause eilen kann.‹ Da nahmen die beiden Sklavinnen die Hexe mit, und als sie durch die verschiedenen Gemächer schritten, zeigten sie sie ihr, wie eines immer prächtiger und königlicher war als das andere; und schließlich kamen sie in die offene Halle, den herrlichsten Saal von allen, eingerichtet und angefüllt mit äußerst seltenem und kostbarem Gerät. Dort saß Peri-Banu auf einem Throne, der verziert war mit Diamanten und Rubinen, Smaragden, Perlen und anderen Edelsteinen von ungewöhnlicher Größe und Reinheit, während rings um sie Feen standen von schöner Gestalt und herrlichen Zügen, gekleidet in die reichsten Gewänder, und alle harrten mit gefalteten Händen ihrer Befehle. Die Zauberin staunte in höchstem Staunen, als sie den Glanz der Gemächer sah und ihr Gerät, doch vor allem, als sie die Herrin Peri-Banu auf dem Juwelenthron erblickte. Und vor Verwirrung und Ehrfurcht vermochte sie kein Wort zu sprechen, sondern neigte sich tief herab und bog den Kopf auf Peri-Banus Fuß. Sprach die Prinzessin mit sanften Worten und ermunterndem Ton: ›O gute Frau, es freut mich sehr, dich als Gast in diesem meinem Palast zu sehen, und mehr noch entzückt es mich, zu erfahren, daß du von deiner Krankheit ganz befreit bist. Drum ergötze dich jetzt, indem du überall umhergehst, und meine Dienerinnen werden dich begleiten und dir zeigen, was verdient, daß du es ansiehst.‹ Von neuem neigte die Hexe sich tief herab, und sie küßte den Teppich unter den Füßen Peri-Banus und nahm in schön gefügter Rede und unter großen Dankesbezeugungen von ihrer Wirtin Abschied. Dann führten die Sklavinnen sie im Palast herum und zeigten ihr alle Räume, die ihr Auge so blendeten und blind machten, daß sie keine Worte finden konnte, um sie genügend zu preisen. Und schließlich ging sie ihrer Wege, und die Feen geleiteten sie bis hinter das eherne Tor, durch das Prinz Ahmad sie hereingeführt hatte, und dann verließen sie sie, indem sie ihr Allahs Geleit und allen Segen wünschten; und die verworfene Vettel schlug den Weg nach Hause ein. Kaum aber war sie ein wenig gegangen, so kam ihr der Gedanke, noch einmal auf die eherne Tür zu blicken, damit sie sie leichter wiedererkennen könnte; sie machte Kehrt, aber siehe und siehe, der Eingang war verschwunden und ihr wie allen anderen Frauen unsichtbar. Und als sie also auf allen Seiten gesucht hatte und hin- und hergegangen war, ohne eine Spur oder ein Zeichen des Palastes oder Portals zu finden, zog sie verzweifelt zur Stadt, schlich einen verlassenen Pfad entlang und trat nach ihrer Gewohnheit durch die geheime Pforte in den Palast. Kaum war sie wohlbehalten drinnen, so schickte sie durch einen Eunuchen dem Sultan Bescheid, und der befahl, daß man sie vor ihn führe. Sie trat mit verwirrten Zügen auf ihn zu, und da er merkte, daß sie ihr Ziel nicht erreicht hatte, fragte er: ›Was gibt es? Hast du deine Absicht ausgeführt, oder ist dir etwas in den Weg getreten?‹ Da erwiderte die Hexe, die nur ein Geschöpf des tückischen Ministers war: ›O König der Könige, ich habe genau geforscht, wie du befahlest, und ich will dir alles erzählen, was mir widerfuhr. Die Zeichen des Schmerzes und der Trauer, die du auf meinem Gesichte wahrnimmst, haben einen anderen Grund, der deine Wohlfahrt nahe angeht.‹ Und sie begann den Bericht über ihr Abenteuer mit diesen Worten: ›Als ich die Felsen erreicht hatte, setzte ich mich nieder und stellte mich krank; und als Prinz Ahmad vorüberkam und hörte, wie ich klagte, und sah, in welcher Not ich war, da hatte er Mitleid mit mir. Und nach einigen Sprach-er und Sprach-ich nahm er mich mit auf einen unterirdischen Gang und durch ein ehernes Tor und führte mich in einen prunkvollen Palast, wo er mich einer Fee übergab, mit Namen Peri-Banu, einem Wesen von unvergleichlicher Schönheit und Lieblichkeit, wie sie kein menschliches Auge jemals sah. Prinz Ahmad befahl ihr, mich auf einige Tage als Gast zu behalten und mir einen Heiltrank zu bringen, der mich heilen würde, und ihm zuliebe ernannte sie alsbald ein paar Sklavinnen zu meinem Dienst. So überzeugte ich mich, daß beide eines Fleisches waren: Mann und Weib. Ich stellte mich äußerst hinfällig und schwach und tat, als hätte ich nicht einmal die Kraft zu gehen oder auch nur zu stehen; da stützten mich die beiden Mädchen, eine auf jeder Seite, und sie brachten mich in einen Raum, wo sie mir zu trinken gaben und mich auf ein Lager legten, damit ich ruhte und schliefe. Ich aber dachte bei mir selber: Wahrlich, ich habe das Ziel erreicht, um dessentwillen ich mich krank gestellt habe; und ich war überzeugt, daß es nicht länger von Nutzen war, wenn ich den Trug fortführte. Nach kurzer Weile also stand ich auf und sagte zu den Dienerinnen: der Trank, den sie mir gegeben hätten, habe das Fieber besiegt und meinen Gliedern die Kraft und meinem Leibe das Leben zurückgegeben. Da führten sie mich vor die Herrin Peri-Banu, die sich sehr freute, mich wohl und munter zu sehen, und ihren Sklavinnen befahl, mich durch den Palast zu führen und mir einen jeden Raum in seiner Schönheit und Pracht zu zeigen; dann bat ich um Urlaub, meiner Wege zu ziehen, und hier stehe ich, deines Willens gewärtig.‹ Und als sie so dem König berichtet hatte, was ihr widerfahren war, fuhr sie fort: ›Vielleicht wirst du, wenn du von der Macht und Majestät, dem Reichtum und Prunk der Herrin Peri-Banu vernimmst, dich freuen und in deiner Seele sagen: Es ist gut, daß Prinz Ahmad dieser Fee vermählt ist, und daß er sich soviel Macht und Reichtum gewann; aber dieser deiner Sklavin erscheinen die Dinge ganz anders. Ich wage zu behaupten, daß es nicht taugt, wenn dein Sohn solche Gewalt und solche Schätze besitzt; denn wer weiß, ob er nicht mit Hilfe Peri-Banus Zwiespalt und Unruhe im Reiche erwecken wird? Hüte dich vor den Listen und der Tücke der Weiber! Der Prinz ist betört von der Liebe zu ihr, und auf ihren Antrieb mag er wohl gar ganz anders als recht an dir handeln; dann könnte er die Hand auf deine Schätze legen und deine Untertanen verführen und sich zum Herrn deines Reiches machen; und obwohl er aus eigenem Willen seinem Vater und seinen Ahnen nichts antun mag, als was von Ehrfurcht und kindlicher Liebe eingegeben ist, so können ihn doch die Reize seiner Prinzessin allmählich immer weiter treiben, bis sie ihn schließlich zum Rebellen machen und zu dem, was ich nicht nennen darf. Jetzt wirst du sehen, daß die Sache ernst ist, also sei nicht unvorsichtig und schenke ihr alle Überlegung.‹ Dann schickte die Zauberin sich an, ihrer Wege zu gehen, doch der König sprach und sagte: ›Ich bin dir verpflichtet für zweierlei. Erstens hast du viel Mühsal und Beschwerde


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