Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen. Christoph Keller

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      – Schwere und Ausmaß der Gefahr,

      – die hohe Bedeutung des gefährdeten Rechtsguts und

      – die Möglichkeit der Polizei zum Handeln und das Fehlen anderer vorrangiger Aufgaben.

      Überwiegt das Integritätsinteresse des gefährdeten Rechts, ist die Polizei verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu treffen. Der schutzsuchende Bürger hat dann einen Anspruch auf polizeiliches Einschreiten. Eine Ermessensreduktion auf Null liegt stets vor bei „erheblichen Gefahren für wesentliche Rechtsgüter“.

      Hat sich die Polizei jedoch zum Handeln entschieden, dann hat sie unter mehreren möglichen Maßnahmen, die alle zum Ziel führen, diejenige auszuwählen, die den Betroffenen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen (Auswahlermessen).39 Rechtsfehler hinsichtlich der pflichtgemäßen Ermessensausübung, insbesondere eine Missachtung der Grundsätze aus § 40 VwVfG NRW40 sowie des Differenzierungsge- und -verbotes sind dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Hier konnten die Beamten angesichts der Gefährdung der Heimbewohner nicht warten. Jede Form des Wartens hätte die Gefahr für das Leben der Bewohner erhöht. Die Entscheidung, mit Löschmaßnahmen sofort zu beginnen, war danach die einzig mögliche und richtige (Entschließungsermessen).

       d) Übermaßverbot, Verhältnismäßigkeit i. w. S. (§ 2 PolG NRW)

      Damit sowohl präventive als auch die repressive Rechtsanwendung nicht rechtswidrig erfolgen, muss die Polizei darauf achten, dass neben den Voraussetzungen der Rechtsgrundlagen auch die allgemeinen Anforderungen an die Rechtsanwendung und hier insbesondere die Verhältnismäßigkeit gewahrt sind. Das alleinige Vorliegen der Voraussetzungen einer Rechtsgrundlage bedingt noch nicht die Rechtmäßigkeit der angewandten Rechtsfolgen, die Beachtung der Verhältnismäßigkeit hat Verfassungsrang und ist eine elementare Bedingung für die rechtmäßige Rechtsanwendung. Zu prüfen ist mithin, ob die Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen war.

       aa) Geeignetheit

      Geeignet ist eine Maßnahme, die rechtlich und tatsächlich möglich ist und den erstrebten Erfolg, die Abwehr der Gefahr für die öffentliche Sicherheit herbeiführt oder zumindest fördert. Zu beantworten ist die Frage der objektiven Zwecktauglichkeit. Mit dem Grundsatz der Geeignetheit wird ein allgemeines Sachlichkeitsgebot postuliert, das in seinen praktischen Auswirkungen mit dem Willkürverbot zu vergleichen ist. Die Maßnahme muss zur Verwirklichung des angestrebten Zwecks geeignet sein. Ob dieser Zweck tatsächlich erreicht wird, lässt sich erst im Nachhinein feststellen. Eine derartige Forderung zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zu erheben, ist dem Gefahrenabwehrrecht fremd. Eine voraussichtlich vollständige Zweckerreichung ist mithin nicht erforderlich. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Maßnahme ein „Schritt in der richtigen Richtung“ ist.41 Die Inanspruchnahme des Nachbarn war sinnvoll und am ehesten erfolgversprechend.

       bb) Erforderlichkeit

      Das Gebot der Wahl des milderen Mittels verlangt, dass von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen zu wählen sind, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen (Gebot der Wahl des milderen Mittels). Die Polizei ist verpflichtet, von mehreren voraussichtlich gleich wirksamen Maßnahmen die am wenigsten belastende zu wählen. Eine mildere Maßnahme war nicht ersichtlich.

       cc) Verhältnismäßigkeit i. e. S. (Angemessenheit)

      Generell gilt, dass die Polizei ihre Aufgabe nicht mit allen erforderlichen Mitteln, also nicht um jeden Preis ausüben darf. Der Preis eines im Verhältnis zum Schutzzweck außerverhältnismäßigen Schadens beim Adressaten soll nicht gezahlt werden müssen. Wird festgestellt, dass das gewählte Mittel/die Maßnahme zur Verwirklichung des Zwecks geeignet und unter mehreren möglichen auch das mildeste Mittel ist, so ist schließlich auf einer dritten Stufe eine Abwägung vorzunehmen. Zu prüfen ist, ob die durchgeführte Maßnahme nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck steht, d. h. die polizeiliche Maßnahme darf nicht zu einem Schaden führen, der zu dem beabsichtigten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht (Maßnahmezweck vs. Maßnahmefolge). Eine Abwägung der kollidierenden Interessen bzw. Rechtsgüter führt nicht (erkennbar) zu einem Missverhältnis, d. h. die polizeilich zu schützenden Güter überwiegen in ihrer Bedeutung die Beeinträchtigungen, die der Nachbar hinnehmen musste. Die Verfügung an den Nachbarn litt nicht am Übermaß, da hier eine Maßnahme abverlangt wurde, die zu dem angestrebten Erfolg des Löschens in keinem unzumutbaren Widerspruch stand. Sie war daher auch verhältnismäßig.

       Parallelnormen zu § 8 Abs. 1 PolG NRW (Generalklausel): § 14 Abs. 1 BPolG; § 3 BWPolG; Art. 11 Abs. 1 BayPAG; § 17 Abs. 1 ASOG Bln; § 10 Abs. 1 BbgPolG; § 10 Abs. 1 BremPolG; § 3 Abs. 1 HambSOG; § 11 HSOG; § 13 MVSOG; § 11 NdsSOG; § 8 Abs. 1 NRWPolG; § 9 Abs. 1 RhPfPOG; § 8 Abs. 1 SPolG; § 3 Abs. 1 SächsPolG; § 13 LSASOG; § 174 SchlHVwG; § 12 ThürPOG

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