Der Letzte vom "Admiral". Franz Treller

Der Letzte vom


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sage es dir ja.«

      »An solche Menschen laßt ihr hier an Bord kommen? Det kann ja det jrößte Unjlück jeben, wenn die Hunger kriegen.«

      »Die werden immer nur an Bord gelassen, wenn sie schon gespeist haben.«

      Zweifelnd sah Fritze bald die in stoischer Ruhe rauchenden Insulaner, dann wieder Henrik an.

      »Hamburger, ick jloobe, du willst dir über mir lustig machen.«

      »Wenn du nicht zu belehren bist, dann is dir nicht tau helpen.«

      Der ältere der beiden Insulaner starrte Fritze aus seinen ausdruckslosen Augen an und sagte dann etwas zu seinem Gefährten.

      »Verstehst du, was er sagt?«

      »Er sagt, du gefielst ihm außerordentlich und müßtest gebraten vorzüglich schmecken.«

      »So? Na, bei mir is det Jejenteil der Fall, der Bursche sieht aus wie eene Holzfijur, die bei't Schnitzen verunglückt is. Dem werd ick aber noch den Appetit nach mir verderben«, fuhr Fritz erbost auf, »det is ne Frechheit von so nem Menschen, so wat zu sagen.«

      »Oh, das ist ein Kompliment für dich.«

      »Ick danke vor so Komplimente, da läuft et einem ja über die Haut bei. Aber«, setzte er mißtrauisch hinzu, »verstehst du denn ooch wirklich wat von die kauderwelsche Froschsprache?«

      »Natürlich, alle diese polynesischen und mikronesischen Sprachen werden auf dem Realgymnasium zu Hamburg gelehrt.«

      »Det ooch noch? Ick bedaure dir, Hamburger.« Trotz seiner Entrüstung über die dem Insulaner zugeschriebenen Gelüste auf seine Person nahm er doch Interesse genug an den Wilden, um weiterzufragen: »Weeßt du, wie die Burschen heeßen?«

      »Da, der ältere, der mit dem geistreichen Gesicht, heißt Moppelano, und der andere Cosifantutte.«

      Wieder warf ihm Fritz Fischer einen forschenden Blick zu, aber Henrik sah so ernst aus, als ob nie ein Scherzwort über seine Lippen gekommen sei.

      »Det is komisch«, sagte er dann. »Na, für't Panoptikum sin die Bengels reif. Nee, wat für 'ne Sorte Menschen uff der Welt rumläuft, et is nich zu sagen.«

      Er machte vorsichtig einen Bogen um die Insulaner und begab sich nach dem Vorderdeck. Henrik sah ihm vergnügt nach.

      Der »Roland«, der etwa eine Meile von der Küste abgetreten war, machte fünf Knoten Fahrt und kam gut vorwärts.

      Als sie nach zwei Stunden eine kleine Landzunge umsegelten, schrie der Matrose im Topp: »Deck ho!«

      »Was gibt's?« fragte Findling und sprang nach dem Vorderkastell.

      »Weißes Wasser vor uns.«

      »Wie weit?«

      »Zwei bis drei Meilen.«

      Der Steuermann stieg eilig nach oben, und selbst dem unbewaffneten Auge zeigten sich Brandungswellen in großer Ausdehnung in einer Entfernung, die der Schätzung des Marsgastes wohl entsprach.

      An Backbord zeigte sich eine tiefe geräumige Bucht mit flachen bewaldeten Ufern. Die Insulaner erhoben sich und deuteten dem Dolmetscher an, dies sei der Ort, wo die Kopra lagere, wiesen auch nach einer bestimmten Stelle des Ufers.

      Als der Mann aus Neuhannover dem Kapitän ankündigte, daß hier der Landungsplatz sei, ließ er umlegen und hielt auf die Küste zu, mitten in die Bucht hinein, doch mit gekürzten Segeln. Trotzdem die Insulaner auf Anfrage versicherten, das Wasser sei tief bis an die Küste, ließ der Kapitän doch die Jolle aussetzen und loten. Die Angabe der Wilden bestätigte sich, auch bot sich geeigneter Ankergrund.

      Einige hundert Faden vom Ufer wurde dann der »Roland« festgelegt. Hütten der Eingeborenen zeigten sich auch hier nicht, doch lagen eine Anzahl Kähne vor den Augen der Schiffer und, was den Kapitän sehr erfreute, auch Kopra, aufgeschichtet in umfangreichen Haufen.

      Etwa zwanzig nackte Wilde standen am Ufer.

      Den beiden Insulanern wurde jetzt bedeutet, daß der Handel beginnen könne, doch dürften nie mehr als drei Kähne zugleich am Schiff anlegen, und zwar nur Backbord, wer über Steuerbord käme, würde einfach niedergeschossen.

      Der Kapitän und die Mannschaft nahmen die Revolver und stellten die Gewehre dahin, wo sie leicht zu erreichen waren.

      Aus dem Raum wurden die Waren hervorgeholt, welche als Tauschmittel dienen sollten: Beile, Äxte, große rote und blaue Glasperlen, farbige und weiße Stickperlen, Armringe aus Porzellan, Tabak, Pfeifen, rotes Zeug, bedruckte Kattune, Streichhölzer, Hobeleisen, Spiegel, Mundtrommeln, Nägel, Hämmer und anderes. Alles dies wurde auf Deck ausgestellt. Die Augen der beiden wilden Insulaner funkelten in heißer Gier, als sie diese Schätze vor sich sahen.

      Findling, welcher nach dem versuchten nächtlichen Überfall sehr mißtrauisch geworden war, schärfte den Matrosen die größte Wachsamkeit ein.

      Mit großem Erstaunen sah Fritz Fischer diese Vorbereitungen zu einem Tauschgeschäft, welches, wie es schien, nur unter dem Schutz der Feuerwaffen vor sich gehen konnte.

      »Det is ja 'n netter Jahrmarkt hier, mit die Pistole in die Hand«, äußerte er gegen Henrik, »is denn det immer so in diese Jejend?«

      »Es geschieht dies nur, damit nicht einer von uns weggeschleppt und verzehrt wird.«

      »Na, denn bitte ick mir aber ooch so 'ne olle Drehpistole aus, ick werde mir doch nich von so Leute zu det Vesperbrot braten lassen. Det könnte mir noch jerade fehlen.«

      »Die Pistole könnte dir in der Tasche losgehen, Schneider; dat sin höll'sche Dinger.«

      »Na, egal, mit oder ohne so'n paar Knallbonbons, ick lasse mir nich an die Wimpern klimpern. Det sollte man bloß eener riskieren!«

      Damit zog sich Fritz Fischer, fest entschlossen, sich nicht ohne weiteres verzehren zu lassen, vorsichtig hinter einige stämmige Matrosen zurück.

      Nun begann alsbald unter Vermittlung Aturas ein eifriger Handel mit den Eingeborenen, die, wie vorausbestimmt war, nur von einer Seite und in geringer Zahl an Bord gelassen wurden.

      Die über den Wert der Gegenstände, welche sie für ihre getrockneten Kokosnüsse eintauschen wollten, durchaus ununterrichteten Wilden gaben für Kleinigkeiten ihre wertvolle Ware hin, obgleich dabei heftig gefeilscht wurde.

      In zahlreichen Kanus wurde die in Körben aufgehäufte Kopra an das Schiff gebracht und durch einen Teil der Mannschaft aufgehißt und unter Deck verstaut, während der andere Teil der Matrosen, die Waffen stets zur Hand, den Vorgang bewachte. Die beiden früher an Bord gekommenen Insulaner saßen ruhig wie bisher da, ohne sich an dem Geschäft zu beteiligen. Da sie vermutlich Oberhäupter waren, schenkte der Kapitän jedem ein großes Einschlagmesser, was selbst den stumpfsinnigen Gesichtsausdruck des ältern für einen Augenblick in ein Lächeln der Befriedigung verwandelte.

      Die Arbeit dauerte bis spät am Nachmittag, und die Handelsgeschäfte schienen zur Befriedigung beider Teile erledigt zu sein, sicher zu der des Kapitäns, welcher an zehn Tonnen Kopra für einen äußerst geringen Preis eingehandelt hatte; für eine Tonne, welche in Hamburg einen Wert von achthundert bis neunhundert Mark repräsentierte, war von ihm vielleicht fünfzehn bis zwanzig Mark an Wert gezahlt worden.

      Die Insulaner in den Kanus gingen zurück an Land, und die Mannschaft des »Roland« stärkte sich nach harter Arbeit an Speise und Trank.

      Zu seiner freudigen Überraschung wurde dem Kapitän von den noch an Bord gebliebenen beiden Häuptlingen durch Vermittlung Aturas die Mitteilung gemacht, daß am andern Tag noch mehr Kopra zur Stelle sein würde. Dies änderte seine Absicht, noch vor Dunkelwerden in See zu gehen, und er beschloß, an seinem Ankerplatz zu bleiben. Den Vorschlag des Obersteuermanns, wenigstens die Bucht zu verlassen, um weiter draußen zu ankern oder unter gekürztem Tuch zu kreuzen, der mit der Gefahr eines möglichen nächtlichen Überfalls motiviert wurde, lehnte der Kapitän ab, da von den Wilden, welche eine so starke Mannschaft und so zahlreiche Gewehre gesehen hätten, nichts zu befürchten sei. Die beiden Eingeborenen


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