Lockt . Блейк Пирс
werden würdest, also in meine Sparte gehst. Oder Ärztin oder Psychiaterin. Oder in die Immobilienbranche. Oder deine eigene Firma gründen würdest. Oder Professorin am College. Das könnte ich alles nachvollziehen. Damit könnte ich umgehen. Aber diese ganze Sache mit der Akademie – du wirst jetzt 18 Wochen lang in Quantico sein! Wie oft werden wir uns während dieser ganzen Zeit zu Gesicht bekommen? Denkst du, dass eine Fernbeziehung so lange überlebt? Und außerdem …«
Er hielt Rileys Blick für einen Moment.
Dann sagte er: »Riley, seit ich dich kenne, bist du zwei Mal beinahe umgebracht worden.«
Riley schluckte schwer.
Er hatte natürlich recht. Das letzte Mal, als der Tod sie kurz gestreift hatte, hatte sie sich in den Fängen des Clown-Killers befunden. Davor, während des letzten Semesters am College, war sie um ein Haar von einem psychopathischen Psychologieprofessor umgebracht worden, der weiterhin auf seinen Prozess wartete, weil er zwei ihrer Kommilitoninnen ermordet hatte. Riley hatte beide Frauen gekannt. Eine davon war ihre beste Freundin und Zimmergenossin gewesen.
Durch ihre Hilfe bei der Aufklärung dieses furchtbaren Mordfalls war Riley in das Sommer-Praktikantenprogramm aufgenommen worden. Einer der Hauptgründe, warum sie daran dachte, FBI-Agentin zu werden.
Mit erstickter Stimme fragte Riley: »Willst du, dass ich nicht an die Akademie gehe? Möchtest du, dass ich morgen nicht nach Quantico fahre?«
Ryan antwortete: »Es ist doch egal, was ich will.«
Riley kämpfte jetzt mit den Tränen.
»Nein, es ist wichtig, Ryan,« sagte sie, »es macht viel aus.«
Ihre Blicke trafen sich sehr lange, wie es schien.
Dann sagte er: »Ich glaube, das möchte ich. Dass du nicht fährst, meine ich. Ich weiß, dass du es aufregend fandst; ein tolles Abenteuer war das für dich. Aber es ist an der Zeit, dass wir zwei uns häuslich niederlassen. Es ist an der Zeit, dass wir mit unserem wirklichen Leben weitermachen.«
Riley kam es plötzlich so vor, als ob sie sich in einem schlechten Traum befände, sie konnte bloß nicht aufwachen.
Unser wirkliches Leben! dachte sie.
Was bedeutete das?
Und was hieß das für sie, dass sie nicht wusste, was es bedeutete?
Sie wusste nur eine Sache mit Sicherheit…
Er will nicht, dass ich nach Quantico fahre!
Dann sagte Ryan: »Schau mal, du kannst doch alle möglichen Arten von Jobs hier in D.C. annehmen. Und du hast jede Menge Zeit zum Nachdenken, was du machen willst - langfristig gesehen. In der Zwischenzeit ist es doch nicht wichtig, ob du viel verdienst. Wir werden von dem, was ich in der Firma verdiene, nicht reich, aber für uns zwei ist es genug, und irgendwann wird es mir finanziell richtig gut gehen.«
Ryan wandte sich wieder dem Essen zu und sah erstaunlicherweise erleichtert aus - so als ob sie gerade alles besprochen hätten.
Aber hatten sie denn eigentlich etwas besprochen? Riley hatte den ganzen Sommer lang von der FBI-Akademie geträumt. Sie konnte sich nicht vorstellen, diesen Traum von jetzt auf gleich aufzugeben.
Nein, dachte sie, das kann ich einfach nicht.
Nun merkte sie, wie die Wut in ihr hochkroch.
Mit angespannter Stimme sagte sie: »Es tut mir leid, dass es dir so geht. Ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich fahre morgen nach Quantico.«
Ryan starrte sie an, als könne er seinen Ohren nicht trauen.
Riley erhob sich vom Tisch auf und sagte: »Lass dir dein restliches Essen schmecken. Es gibt noch Käsekuchen im Kühlschrank. Ich bin müde. Ich werde duschen und ins Bett gehen.«
Ehe Ryan etwas erwidern konnte, ging Riley schnell ins Badezimmer. Sie weinte ein paar Minuten und duschte sich dann lange unter heißem Wasser. Als sie ihre Pantoffeln und ihren Bademantel angezogen hatte und aus dem Badezimmer kam, sah sie, dass Ryan in der Küche saß. Er hatte den Tisch abgeräumt und arbeitete am Rechner. Er schaute nicht auf.
Riley ging ins Schlafzimmer, legte sich ins Bett und weinte wieder.
Als sie sich die Augen wischte und die Nase putzte, fragte sie sich …
Warum bin ich so wütend?
Hat Ryan Unrecht?
Trägt er Schuld an irgendetwas?
Ihre Gedanken waren so verworren, dass sie die Dinge nicht klar durchdenken konnte. Und eine schreckliche Erinnerung bahnte sich wieder einmal den Weg in ihr Gedächtnis – wie sie in diesem Bett mit stechenden Schmerzen aufgewacht war und gesehen hatte, wie sie in einer Blutlache lag …
Meine Fehlgeburt.
Sie fragte sich – war das einer der Gründe, warum Ryan nicht wollte, dass sie zum FBI ging? Der Fall mit dem Clown-Killer hatte sie äußerst gestresst, als es geschah. Aber die Ärztin im Krankenhaus hatte ihr versichert, dass Stress mit ihrer Fehlgeburt nichts zu tun gehabt hätte.
Stattdessen, hatte sie gesagt, war der Abgang durch ›chromosomale Anomalien‹ verursacht worden.
Jetzt, wo Riley abermals darüber nachdachte, verstörte sie dieses Wort …
Anomalien.
Sie fragte sich – war sie irgendwie anomal – tief in ihr drin, wo es wirklich darauf ankam?
War sie unfähig, eine dauerhafte Beziehung zu führen, geschweige denn, eine Familie zu haben?
Als sie in den Schlaf sank, war sie sich nur einer einzigen Sache gewiss …
Ich fahre morgen nach Quantico.
Sie war schon eingeschlafen, ehe sie darüber nachdenken konnte, was wohl danach passieren würde.
KAPITEL ZWEI
Der Mann war zufrieden, das leise Stöhnen der Frau zu hören. Er wusste, dass wie dabei war, das Bewusstsein wiederzuerlangen. Genau, er konnte sehen, wie sich ihre Augen ein wenig öffneten.
Sie lag auf die Seite gedreht auf einem sägerauen Holztisch in einem kleinen Zimmer mit Lehmboden, die Wände aus Schlackenbetonsteinen und einer niedrigen Balkendecke. Sie war in zusammengerollter Körperhaltung fest verschnürt und rasch mit Industrieklebeband umwickelt worden. Ihre Beine waren straff angewinkelt und ihr fest auf die Brust gebunden worden, ihre Hände umschlagen ihre Schienbeine. Ihr auf die Seite gedrehter Kopf lag auf ihren Knien.
Sie erinnerte ihn an Aufnahmen, die er von menschlichen Föten gesehen hatte – und auch an die Küken-Embryos, die er manchmal fand, wenn er ein frisches Ei einer seiner Hühner, die er hielt, aufschlug. Sie sah so zart und unschuldig aus, es war irgendwie ein ziemlich anrührender Anblick.
Hauptsächlich erinnerte sie ihn natürlich an die andere Frau – Alice hatte sie geheißen, glaubte er. Er hatte einmal gedacht, dass Alice die Einzige wäre, die er so behandeln würde, aber dann hatte es ihm gefallen … und es gab so wenige Freuden in seinem Leben … wie könnte er damit aufhören?
»Es tut weh,« murmelte die Frau, als ob sie im Traum spräche. »Warum tut es weh?«
Er wusste, dass es daran lag, dass sie in einem dichtmaschigen Bett aus Stacheldraht lag. Das Blut tropfte bereits auf die Tischplatte. Es würde also noch ein paar weitere Flecken auf dem unbehandelten Holz geben. Nicht, dass das etwas ausmachte. Der Tisch war älter als er selbst, und er war sowieso der Einzige, der ihn zu Gesicht bekam.
Er hatte auch Schmerzen und blutete etwas. Er hatte sich geschnitten, als er sie auf die mit Stacheldraht gefüllte Ladefläche seines Pick-up-Trucks geschafft hatte. Es war schwieriger gewesen, als er erwartet hatte, weil sie stärker gegen ihn angekämpft hatte als die andere.
Sie hatte sich gekrümmt und verdreht, bis das selbst hergestellte Chloroform zu wirken begann. Aber ihr Widerstand hatte mehr