Überfahren . Блейк Пирс

Überfahren  - Блейк Пирс


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blickte noch einmal auf den Körper, der nun auf eine Trage geladen wurde.

      Sie fragte sich…

      Unangenehmer, als das hier?

      Sie schwieg, als sie und ihre Kollegen Cullen auf dem Weg zurück zu den Fahrzeugen folgten.

      KAPITEL SECHS

      Jenn Roston kochte innerlich als sie ihren Kollegen auf dem Weg vom Tatort weg folgte. Sie stampfte durch das Waldstück hinter Riley und Agent Jeffreys als Deputy Chief Jude Cullen sie zurück zu den Fahrzeugen führte.

      „Bull“ Cullen nennt er sich, dachte sie sich herablassend.

      Sie war froh zwei Menschen zwischen sich und diesem Mann laufen zu haben.

      Sie musste immerzu denken…

      Er versuchte einen Würgegriff an mir zu demonstrierten!

      Sie bezweifelte zwar, dass er nach einer Ausrede suchte, um sie anzugrabschen –– nicht nur jedenfalls. Aber er war auf jeden Fall darauf aus, seine körperliche Überlegenheit aufzuzeigen. Es war ja schon schlimm genug, dass er es für nötig erachtet hatte den Blood Choke und seine Wirkung für sie zu mansplainen –– als wüsste sie nicht selber Bescheid.

      Sie dachte sich, dass sie beide froh sein konnten, dass er es nicht geschafft hatte, seinen Arm um ihren Hals zu bekommen. Sie hätte sich womöglich nicht unter Kontrolle gehabt und, auch wenn der Mann so muskulös war, kurzen Prozess mit ihm gemacht. Natürlich wäre das überaus unangemessen an einem Tatort gewesen und es hätte auch nicht gerade beim Aufbau guter Zusammenarbeit zwischen den Ermittlungsteams geholfen. Jenn wusste also, dass es gut war, dass die Situation nicht außer Kontrolle geraten war.

      Obendrein war Cullen nun sauer, dass Jenn und ihre Kollegen doch nicht so schnell abrücken würden, wie er gehofft hatte, und dass er nicht den ganzen Ruhm für das Aufdecken des Falls für sich in Anspruch nehmen konnte.

      Pech gehabt, Arschloch, dache Jenn sich.

      Die Gruppe trat aus dem Wald heraus und stieg mit Cullen in das Polizeiauto ein. Der Mann sagte nichts, als er den Wagen zur Polizeistation führte und ihre FBI Kollegen blieben ebenso still. Sie nahm an, dass die beiden, genau wie sie selbst, an den grauenhaften Tatort und an Cullens Bemerkung, dass sie etwas sehr Unangenehmes auf der Station erwarte, dachten.

      Jenn hasste Rätsel, vielleicht weil Tante Cora sich oft so kryptisch und bedrohlich ausdrückte, wenn sie sie wiedermal zu manipulieren versuchte. Und sie hasste es auch mit dem Gedanken klarkommen zu müssen, dass etwas in ihrer Vergangenheit ihren gegenwärtigen Traum eine FBI Agentin zu sein, zerstören könnte.

      Als Cullen das Auto vor der Polizeistation parkte, stiegen Jenn und ihre Kollegen aus und folgten ihm hinein. Dort stellte Cullen sie dem Barnweller Polizeichef, Lucas Powell, vor –– einem Mann mittleren Alters mit schlaffem Doppelkinn.

      „Kommen Sie mit“, sagte Powell. „Ich hab‘ die Jungs gleich hier hinten. Meine Leute und ich wissen nicht so recht, wie man mit solch einer Angelegenheit am besten umgeht.“

      Jungs? fragte sich Jenn.

      Und was meinte er mit „solch einer Angelegenheit“?

      Chief Lucas Powell führte Jenn, ihre Kollegen und Cullen direkt in den Interviewraum der Station. Dort drinnen am Tisch saßen zwei Männer, beide in gleichen neon-gelben Uniformwesten. Einer der beiden war schlank und groß, ein älterer aber noch vital aussehender Mann. Der andere war in etwa so groß wie Jenn selber und wahrscheinlich nicht viel älter als sie selbst.

      Sie hatten Kaffeetassen vor sich stehen und starrten auf den Tisch vor sich.

      Powell stellte den älteren Mann zuerst vor, danach den jüngeren.

      „Das ist Arlo Stine, der Schaffner. Und das ist Everett Boynton, der Zweitschaffner. Als der Zug angehalten hatte, waren sie diejenigen, die zurückgelaufen sind und den Körper auffanden.“

      Die zwei Männer schauten kaum auf.

      Jenn schluckte. Sie waren bestimmt schrecklich traumatisiert.

      Es erwartete sie also tatsächlich etwas „ziemlich Unangenehmes“.

      Diese Männer zu befragen würde nicht einfach sein. Und was noch schlimmer war, war dass sie wahrscheinlich nichts zur Auflösung des Falles oder zur Identität des Mörders beitragen können würden.

      Jenn bleib zurück als Riley sich zu den Männern an den Tisch setzte und begann in einer ruhigen Stimme zu sprechen.

      „Es tut mir unglaublich leid, dass Sie mit sowas konfrontiert wurden. Wie fühlt Sie sich?“

      Der ältere Mann, der der Hauptschaffner war, zuckte nur kaum merkbar mit den Schultern.

      „Ich werd’ darüber hinwegkommen“, sagte er. „Ob Sie’s glauben oder nicht, dass ist nicht das erste Mal, dass ich sowas sehe. Menschen auf den Gleisen, meine ich. Ich hab’ schon viel schlimmeres Gemetzel erlebt. Nicht dass man sich daran jemals wirklich gewöhnen könnte, aber…“

      Stine nickte in Richtung des Zweitschaffners: „Aber Everett hier hat sowas noch nie durchgemacht.“

      Der jüngere Mann schaute vom Tisch auf und blickte die Menschen im Raum an.

      „Ich werd’ schon ok sein“, sagte er mit einem zittrigen Nicken und versuchte so zu klingen, als ob er es wirklich glaubte.

      Riley sagte: „Es tut mir leid, Sie das fragen zu müssen, aber haben Sie das Opfer gesehen –– kurz bevor…?“

      Boynton jaulte plötzlich auf und sagte nichts.

      Stine sagte: „Nur einen Moment, das war’s auch schon. Wir waren beide in der Lenkkabine. Ich war damit beschäftigt einen Routineanruf an die nächste Station zu machen und Everett machte gerade Berechnungen für die Kurve, in die wir gerade einfuhren. Als der Lokführer anfing zu bremsen und die Pfeife betätigte schauten wir auf und sahen…etwas, wir waren uns nicht wirklich sicher, was.“

      Stine hielt inne und fügte dann hinzu: „Aber wir wussten natürlich dann später, als wir zurückliefen um nachzusehen.“

      Jenn ging im Kopf einige Informationen durch, die sie auf dem Flug hierher recherchiert hatte. Sie wusste, dass Güterzugcrews sehr klein waren. Trotzdem, zumindest eine Person schien zu fehlen.

      „Wo ist der Lokführer?“, fragte sie.

      „Der?“, fragte Bull Cullen. „Der ist grade in der Zelle.“

      Jenn Mund stand offen.

      Was ging hier vor?

      „Sie haben ihn in eine Gefängniszelle gesteckt?“

      Powell sagte: „Wir hatten keine Wahl.“

      Der ältere Schaffner fügte hinzu: „Der arme Kerl –– er will mit niemandem sprechen. Die einzigen Worte aus seinem Mund seit dem Vorfall sind ‚Sperrt mich ein.‘ Er hat es einfach immer und immer wieder wiederholt.“

      Der örtliche Polizeichef sagte: „Genau. Das haben wir dann eben auch gemacht. Es schien in dem Moment die beste Lösung gewesen zu sein.“

      Jenn fühlte, wie sie Zorn durchfuhr.

      Sie fragte: „Haben Sie denn keinen Psychologen bereitgestellt, mit dem er reden könnte?“

      Der Eisenbahn Deputy Chief sagte: „Wir haben den Betriebspsychologen aus Chicago kontaktiert. So sind die Gewerkschaftsregeln. Aber wir wissen nicht, wann er sich hier blicken lässt.“

      Riley schaute nun verblüfft drein.

      „Aber sicherlich macht der Lokführer sich keine Vorwürfe für das, was geschehen ist“, sagte sie.

      Der ältere Schaffner schaute sie genauso überrascht an.

      „Natürlich tut er das“, sagte er.


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