Schurkin, Gefangene, Prinzessin . Морган Райс
war offensichtlich, wer von ihnen der Anführer war. Der große Mann mit dunklem Haar, der vorneweglief trug zwar nicht die aufwendig gefertigte Rüstung eines Reichsgenerals, doch mit Herannahen der Gruppe war er es, zu dem sie blickten um Anordnungen zu erhalten.
Der Fremde war wahrscheinlich in seinen Dreißigern, hatte einen kurzen Bart, der genauso dunkel war, wie der Rest seines Haars. Auch wenn sein bloßer Körperbau bescheiden war, so strahlte er doch Stärke aus. Er trug zwei kurze Schwerter an jeder seiner Hüftseiten und Thanos vermutete, dass sie keinem optischen Zweck dienten, denn das automatische Greifen seiner Hände nach den Schwertgriffen verriet anderes. Seinem Ausdruck nach schätzte Thanos ihn als ruhig und überlegt ein. Er schien keinen Winkel des Strands aus den Augen zu verlieren, immer in vorausahnender Erwartung eines Angriffs. Sein Blick traf den Thanos’ und das Grinsen, das darauf folgte, legte einen seltsamen Humor offen, der alle anderen im Glauben lassen musste, dass er etwas gesehen hatte, das ihnen entgangen war.
„Deswegen habt ihr mich hergeholt?“ sagte er als die zwei, die Thanos gefunden hatten, vortraten. „Ein sterbender Reichssoldat in einer Rüstung, die nur für ihn glänzt?“
„Trotzdem ein Adliger“, sagte der Ältere. „Was man an seiner Rüstung erkennen kann.“
„Und er wurde von hinten angegriffen“, hob der Jüngere hervor. „Von seinen eigenen Männern anscheinend.“
„Er ist also selbst denen, die unsere Insel an sich reißen wollen, nicht gut genug?“, fragte der Führer.
Thanos sah wie der Mann näher kam und sich neben ihn kniete. Vielleicht wollte er vollenden, was dem Thyphoon vorab nicht geglückt war. Kein Krieger aus Haylon würde Erbarmen mit jemandem aus der Konfliktpartei haben.
„Was hast du getan, dass deine Leute dich umbringen wollten?“ fragte der Fremde so leise, dass nur Thanos ihn hören konnte.
Thanos fand die Kraft seinen Kopf zu schütteln. „Ich weiß es nicht.“ Die Worte waren gequält und bruchstückhaft. Selbst wenn er nicht verwundet gewesen wäre, so hatte er eine lange Zeit im Sand gelegen. „Aber ich wollte das alles nicht. Ich wollte hier nicht kämpfen.“
Das brachte ihm ein weiteres seltsames Schmunzeln ein, das Thanos wie einen Spott auf die Welt empfand, selbst wenn es in ihr keinen Grund zum Lachen gab.
„Und jetzt liegst du hier“, sagte der Fremde. „Du wolltest dich nicht an der Invasion beteiligen und nun liegst du auf einem unserer Strände und nicht sicher zu Hause. Du wolltest uns keine Gewalt entgegenbringen, doch die Reichssoldaten brennen in diesem Augenblick unsere Häuser nieder. Hast du irgendeine Ahnung, was dort oben passiert?“
Thanos schüttelte den Kopf. Selbst das schmerzte.
„Wir verlieren“, fuhr der Mann fort. „Oh, wir kämpfen schwer, doch das ist egal. Wir haben keine Chance. Die Schlacht ist noch in vollem Gange, doch das liegt nur daran, dass die Hälfte meiner Leute zu uneinsichtig ist, die Wahrheit anzuerkennen. Wir haben keine Zeit für solchen Kleinkram.“
Thanos sah, wie der Fremde sein Schwert zog. Es sah furchtbar scharf aus. So scharf, dass er es wahrscheinlich nicht einmal spüren würde, wenn es ihm den Kopf abtrennte. Doch er gestikulierte nur damit.
„Du und du“, sagte er zu den Männern, „nehmt unseren neuen Freund. Vielleicht ist er der anderen Seite etwas wert.“ Er grinste. „Und falls nicht, dann werde ich ihn selbst umbringen.“
Das letzte, was Thanos spürte, waren starke Hände, die ihm unter die Arme griffen, ihn aufstellten und ihn fortschliffen noch bevor er wieder in Dunkelheit versank.
KAPITEL DREI
Berin spürte seine Sehnsucht als er sich auf den Weg nach Delos, seiner Heimat, machte. Das Einzige. das ihn antrieb, war der Gedanke an seine Familie – an Ceres. Der Gedanke zu seiner Tochter zurückzukehren war genug, um nicht aufzugeben, auch wenn ihm die Tage der Wanderschaft zugesetzt hatten und die von Steinen und Furchen übersäten Straßen unter seinen Füßen ihn nur langsam vorankommen ließen. Seine Knochen waren nicht mehr die jüngsten, und er konnte bereits die Strapazen seiner Reise in seinem Knie spüren, dessen Schmerzen sich zu denen gesellte, die er sich durch ein Leben geprägt von Hämmern und Metallerhitzen eingehandelt hatte.
Doch das war es wert, wenn er es nur nach Hause schaffen würde. Seine Familie sehen, das war das Einzige, was er wollte. All die Zeit war er fortgewesen. Er konnte sie vor sich sehen. Marita würde im hinteren Teil ihrer bescheidenen Holzhütte kochen und der Duft würde durch die Vordertür schweben. Sartes würde irgendwo hinter dem Haus spielen, während Nesos ihm dabei wahrscheinlich zusah, auch wenn sein ältester Sohn so tun würde, als täte er es nicht.
Und dann war da noch Ceres. Er liebte alle seine Kinder, doch zu Ceres hatte er immer diese besondere Bindung gehabt. Sie hatte ihm in seiner Schmiede unter die Arme gegriffen, kam am ehesten nach ihm und würde so auch am wahrscheinlichsten in seine Fußstapfen treten. Marita und die Jungen zu verlassen war ihm einen schmerzhafte Pflicht gewesen, notwendig, um seine Familie über Wasser zu halten. Doch Ceres zurückzulassen hatte sich angefühlt, als hätte er einen Teil von sich selbst aufgeben müssen.
Jetzt war die Zeit gekommen, diesen zurückzuerlangen.
Berin hätte sich gewünscht, erfreulichere Nachrichten dabeizuhaben. Er lief den Schotterweg entlang, der ihn zu ihrem Haus führen würde und sein Blick war finster; der Winter hatte noch nicht Einzug gehalten, doch das würde er sehr bald. Er hatte sein Zuhause verlassen um Arbeit zu finden. Die Herrschaften brauchten stets Waffenschmiede, um ihre Wachen auszurüsten, Kriege zu gewinnen und die Tötungen auszurichten. Doch es hatte sich herausgestellt, dass sie ihn nicht brauchten. Sie hatten ihre eigenen Männer. Jüngere und stärkere Männer. Selbst der König, der ihm zunächst Hoffnungen gemacht hatte, hatte anscheinend einen zehn Jahre jüngeren Berin erwartet.
Der Gedanke setzte ihm zu. Er hätte es wissen sollen, dass sie keinen Mann wollten, dessen Bart mehr grau als schwarz enthielt.
Es wäre auch nicht so schlimm gewesen, wenn es nicht bedeutet hätte, dass er nach Hause gehen musste. Sein Zuhause, wenn es auch nicht viel mehr als ein Quadrat mit rauen Holzwänden und einem Lehmdach war, lag Berin am Herzen. Sein Zuhause waren die Menschen, die dort auf ihn warteten, und der Gedanke an sie genügte, um seinen Schritt zu beschleunigen.
Doch nachdem er einen Hügel erklommen hatte und zum ersten Mal seit langem auf sein Haus blickte, dämmerte es Berin, dass etwas nicht stimmte. Sein Magen zog sich zusammen. Berin wusste wie sich sein Zuhause anfühlte. Trotz der Kargheit der umliegenden Länder war zu Hause für ihn ein mit Leben gefüllter Ort. Es war nie still, ob jemand stritt oder lachte. Zu dieser Jahreszeit hatte es zumindest immer ein wenig Ernte gegeben, ein bisschen Gemüse und Beeren von den Sträuchern, Winterfestes, das immer wuchs und sie nähren konnte.
Doch davon konnte er jetzt nichts erkennen.
Berin rannte so schnell ihn seine Beine nach der langen Reise tragen konnten los. Das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, nagte an ihm und sein Herz fühlte sich an, als sei es in einen Schraubstock eingespannt.
Er erreichte die Tür und riss sie auf. Vielleicht war doch alles in Ordnung, dachte er. Vielleicht hatten sie ihn aus der Ferne gesehen und wollten jetzt sicherstellen, dass ihm die Überraschung seiner Rückkehr auch gelang.
Drinnen war es finster, die Fenster waren von Ruß bedeckt. Doch da war jemand.
Marita stand in dem großen Raum und rührte in einem Topf, dessen Inhalt merkwürdig sauer roch. Sie drehte sich zu ihm um als er hereinstürmte. Da war Berin gewiss, dass er Recht gehabt hatte. Etwas war faul. Etwas war sehr faul.
„Marita?“ begann er.
„Ehemann.“ Selbst ihr flacher Tonfall verriet, dass nichts so war, wie es sein sollte. Sonst war Marita ihm immer um den Hals gefallen, wenn er nach langer Zeit durch die Tür gekommen war. Sie war immer voller Lebendigkeit gewesen. Jetzt war sie... leer.
„Was