Queste der Helden . Морган Райс
blinzelte—und einen Augenblick später war Argon verschwunden.
Thor konnte es nicht glauben. Er drehte sich in alle Richtungen und durchsuchte den Wald, doch er fand keine Spur von ihm.
„Hier drüben!“, ertönte eine Stimme.
Thor fuhr herum und sah einen riesigen Felsbrocken vor sich stehen. Er glaubte, dass die Stimme von oben gekommen war, und kletterte sofort hinauf.
Zu seiner Verwunderung fand er oben von Argon keine Spur.
Von diesem Aussichtspunkt aus konnte er jedoch über die Wipfel von Schattwald sehen. Er konnte sehen, wo Schattwald endete, sah die zweite Sonne in einem dunklen Grün untergehen und dahinter die Straße, die nach Königshof führte.
„Die Straße wartet nur auf dich“, erklang die Stimme. „Wenn du es wagst.“
Thor wirbelte herum, konnte aber nichts sehen. Es war nur eine Stimme, die wie ein Echo widerhallte. Doch er wusste, dass Argon irgendwo da draußen war und ihn aufstachelte. Und er spürte tief in seinem Inneren, dass er recht hatte.
Ohne einen weiteren Augenblick zu zögern, kletterte Thor vom Felsen und machte sich auf den Weg durch den Wald und auf die Straße.
Seinem Schicksal entgegen.
KAPITEL DREI
König MacGil—wohlbeleibt, mit breiter Brust, einem von zu viel Grau durchzogenen Bart und dazu passendem, langem Haar, und einer breiten Stirn, die von zu vielen Schlachten zerfurcht war—stand mit seiner Königin auf der oberen Brustwehr seiner Burg und sah dem Aufleben der Festlichkeiten des heutigen Tages zu. Sein königlicher Grund und Boden erstreckte sich vor ihm in all seiner Pracht, so weit das Auge reichte; eine blühende Stadt, von alten steinernen Befestigungsanlagen ummauert. Königshof. Untereinander durch ein Labyrinth an verwinkelten Straßen verbunden standen steinerne Bauten jeglicher Form und Größe—für die Krieger, die Fürsorger, die Pferde, die Silbernen, die Legion, die Wache, die Kaserne, das Waffenlager, die Rüstkammer—und zwischen ihnen hunderte Behausungen für die Vielzahl seiner Untertanen, die sich für ein Leben innerhalb der Stadtmauern entschieden hatten. Dazwischen erstreckten sich viele Hektar Grasflächen, königliche Gärten, steingesäumte Plätze, sprudelnde Brunnen. Königshof wurde schon seit Jahrhunderten fortlaufenden Verbesserungsarbeiten unterzogen, durch seinen Vater, und dessen Vater zuvor—und hatte nun den Gipfel seiner Pracht erreicht. Ohne Zweifel war es die sicherste Hochburg im Westlichen Königreich des Rings geworden.
MacGil war mit den besten und treuesten Kriegern gesegnet, die je ein König gesehen hatte, und zu seinen Lebzeiten hatte noch niemand einen Angriff gewagt. Als der siebte MacGil auf dem Thron hatte er diesen während der zwei-und-dreißig Jahre seiner Herrschaft gut gehalten, war ein guter und weiser König gewesen. Das Land hatte unter seiner Herrschaft großes Wachstum erfahren, er hatte die Größe seiner Armee verdoppelt, seine Städte ausgebaut, seinem Volk Wohlstand beschert, und nicht eine Beschwerde war unter seinem Volk zu hören. Er war bekannt als der großzügige König, und nie zuvor hatte es eine Zeit von solchem Wohlstand und Frieden gegeben als die, seitdem er den Thron bestiegen hatte.
Und gerade das war widersprüchlicherweise der Grund, warum MacGil des Nächtens wach lag. Denn MacGil wusste, wie die Geschichte verlief: in sämtlichen Zeitaltern hatte es noch nie einen so langen Zeitraum ohne Krieg gegeben. Er fragte sich nicht länger, ob ein Angriff kommen würde—sondern wann. Und von wem.
Die größte Gefahr drohte natürlich von außerhalb des Rings, von jenem Imperium unzivilisierter Wilder, das die außerhalb gelegenen Wildlande beherrschte und alle Völker außerhalb des Rings, über dem Canyon, unterworfen hatte. Für MacGil und die sieben Generationen vor ihm hatten die Wildlande nie eine direkte Bedrohung dargestellt: dank der einzigartigen Geografie seines Königreichs, das geformt wie ein vollkommener Kreis—ein Ring—vom Rest der Welt durch einen tiefen Canyon von einer Meile Breite getrennt war, und dazu geschützt war von einem Energie-Schild, das seit der Zeit des ersten MacGil aktiv war, hatten sie von den Wildlanden nicht viel zu befürchten. Die wilden Völker hatten viele Male versucht, anzugreifen, das Schild zu durchdringen, den Canyon zu überqueren; nicht einmal waren sie erfolgreich gewesen. Solange er und sein Volk innerhalb des Rings blieben, gab es keine Bedrohung von außen.
Das bedeute jedoch nicht, dass es keine Bedrohung von innen gab. Und das war es, was MacGil in letzter Zeit den Schlaf raubte. Das war auch der wahre Hintergrund der Festlichkeiten an diesem Tag: die Vermählung seiner ältesten Tochter. Eine Vermählung, die speziell dafür arrangiert worden war, seine Feinde zu besänftigen, den zerbrechlichen Frieden zwischen dem Östlichen und dem Westlichen Königreich des Rings zu erhalten.
Zwar maß der Ring gute fünfhundert Meilen in jede Richtung, doch war er in der Mitte durch einen Gebirgszug geteilt. Die Hochlande. Auf der anderen Seite der Hochlande lag das Östliche Königreich, welches die zweite Hälfte des Rings beherrschte. Und dieses Königreich, seit Jahrhunderten regiert von ihren Rivalen, den McClouds, hatte schon immer versucht, seinen zerbrechlichen Waffenstillstand mit den MacGils zu zerschmettern. Die McClouds waren ein unzufriedener Schlag, uneins mit ihrem Schicksal, davon überzeugt, ihre Seite des Königreichs läge auf weniger fruchtbarem Boden. Sie fochten auch die Hochlande an, bestanden darauf, dass die gesamte Gebirgskette ihnen gehörte, wo jedoch zumindest die Hälfte davon im Besitz der MacGils war. Es gab ewige Auseinandersetzungen an den Grenzen, und beständig drohte eine Invasion.
Die Gedanken daran versetzten MacGil in üble Laune. Die McClouds sollten doch froh sein: sie lebten in Sicherheit innerhalb des Rings, vom Canyon geschützt; sie saßen auf vorzüglichem Land und hatten nichts zu befürchten. Sie sollten sich doch einfach mit ihrer Hälfte des Rings zufrieden geben. Nur deswegen, weil MacGil seine Armee so stark vergrößert hatte, wagten die McClouds erstmals in der Geschichte keinen Angriff. Aber MacGil, als der weise König, der er war, spürte etwas am Horizont lauern; er wusste, dass dieser Friede nicht von Dauer sein konnte. So hatte er diese Vermählung seiner ältesten Tochter mit dem ältesten Prinzen der McClouds arrangiert. Und nun war der Tag gekommen.
Unter seinen Augen strömten Tausende Gefolgsleute herein, in bunte Tuniken gekleidet, aus allen Ecken des Königreichs, von beiden Seiten der Hochlande. Beinahe der gesamte Ring, und alle strömten sie ins Innere seiner Mauern. Sein Volk hatte monatelang an den Vorbereitungen gearbeitet, unter der Anweisung, dass alles wohlhabend aussehen müsse—und stark. Dies war nicht nur der Tag einer Vermählung: es war ein Tag, um den McClouds eine Botschaft zu übermitteln.
MacGil begutachtete die Hunderten seiner Soldaten, die strategisch entlang der Brustwehr, in den Straßen, entlang der Mauern in Stellung waren; mehr Soldaten, als er je brauchen könnte—und er war zufrieden. Es war genau die Präsentation von Stärke, die er wollte. Aber er fühlte sich auch unruhig: die Stimmung war geladen, reif für eine Auseinandersetzung. Er hoffte, dass von keiner der beiden Seiten irgendwelche Hitzköpfe, vom Trunk erdreistet, Streit anzetteln würden. Er blickte prüfend auf die Turnierplätze, die Spielfelder, und dachte an die kommenden Tage voller Spiele und Turniere und aller Arten von Festivitäten. Sie würden intensiv werden. Die McClouds würden bestimmt mit ihrer eigenen kleinen Armee auftauchen, und jedes Turnierreiten, jeder Ringkampf, jeder Bewerb würde eine tiefere Bedeutung haben. Wenn auch nur eines davon schief ging, könnte es zu einem Gemetzel ausarten.
„Mein König?“
Er fühlte eine sanfte Hand auf der seinen, und drehte sich zu seiner Königin um, Krea, immer noch die schönste Frau, die er je gekannt hatte. Glücklich verheiratet während seiner gesamten Herrschaftszeit, hatte sie ihm fünf Kinder geboren, drei davon Jungen, und sich nicht auch nur einmal beschwert. Darüber hinaus war sie zu seiner engsten Ratgeberin geworden. Über die Jahre hinweg hatte er gelernt, dass sie weiser war als alle seine Mannen. Sogar weiser als er selbst.
„Es ist ein politischer Tag“, sagte sie. „Aber es ist auch die Hochzeit unserer Tochter. Versuche, Freude daran zu haben. Es wird nicht zweimal passieren.“
„Ich hatte weniger Sorgen, als ich nichts hatte“, antwortete er. „Jetzt, wo wir alles haben,