Der scharlachrote Buchstabe. Hawthorne Nathaniel

Der scharlachrote Buchstabe - Hawthorne Nathaniel


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ruhigen Genusses gefunden. Allerdings vergingen zuweilen Wochen, während welcher Perlens Blick sich nie auf den Scharlachbuchstaben zu heften schien, dann aber kam er unerwartet wie der Streich plötzlichen Todes und stets mit dem eigentümlichen Lächeln und dem sonderbaren Ausdrucke der Augen.

      Einmal trat dieser neckische Koboldausdruck in die Augen des Kindes, während Esther in ihm ihr eigenes Bild anblickte, wie es die Mütter gern tun, und plötzlich – denn einsam lebende Frauen mit geplagtem Herzen werden von unerklärlichen Täuschungen verfolgt – kam es ihr vor, als ob sie nicht ihr eigenes Miniatur-Porträt, sondern ein anderes Gesicht in dem kleinen schwarzen Spiegel in Perlens Auge erblickte. Es war ein dämonisches Gesicht voll lächelnder Bosheit und doch ähnelte es Zügen, welche sie gut gekannt hatte, wenn auch selten mit einem Lächeln und nie mit einem boshaften Ausdruck. Es war, als ob das Kind von einem bösen Geiste besessen sei, der soeben spöttisch herausgeschaut habe. Noch oftmals später war Esther, wenn auch weniger lebhaft, von dem gleichen Gaukelspiel gequält worden.

      Am Nachmittage eines Sommertages, als Perle schon groß genug geworden war, um umherzulaufen, unterhielt sie sich damit, daß sie Hände voll wilder Blumen pflückte, sie einzeln nach der Brust ihrer Mutter warf und auf und ab tanzte, wie ein kleiner Kobold, wenn sie den Scharlachbuchstaben traf. Esthers erster Antrieb war es gewesen, ihre Brust mit ihren gefalteten Händen zu bedecken; aber, sei es nun aus Stolz oder aus Resignation, oder dem Gefühle, daß ihre Buße am besten durch diese unaussprechliche Pein befördert werden könne, – sie widerstand der Regung und blieb aufrecht und totenbleich sitzen und blickte traurig in die milden Augen der kleinen Perle. Die Beschießung mit Blumen dauerte fort, traf fast ohne Ausnahme ihr Ziel und bedeckte die Brust der Mutter mit Wunden, für welche sie auf dieser Welt keinen Balsam finden konnte und nicht wußte, wie sie ihn in einer andern suchen sollte. Endlich waren alle Geschosse verbraucht, und das Kind blieb stehen und blickte Esther an, während das kleine, lachende Dämonenbild aus dem unerforschlichen Abgrund ihrer schwarzen Augen hervorschaute, oder, wenn dies auch nicht der Fall war, es doch ihrer Mutter so vorkam.

      »Kind, wer bist du?« rief die Mutter.

      »Oh, ich bin deine kleine Perle!« antwortete das Kind.

      Während sie es aber sagte, lachte Perle und begann mit den munteren Gestikulationen eines kleinen Teufelchens, dessen nächster Streich es vielleicht sein könnte, den Schornstein hinaufzufliegen, auf und ab zu tanzen.

      »Und bist du denn wirklich mein Kind?« fragte Esther.

      Sie stellte die Frage nicht vollkommen müßigerweise, sondern für den Augenblick mit einem Anteil echten Ernstes, denn Perlens wunderbarer Verstand war so groß, daß ihre Mutter halb und halb im Zweifel war, ob sie nicht vielleicht den geheimen Zauberspruch ihrer Existenz kenne und sich jetzt offenbaren werde.

      »Ja, ich bin die kleine Perle!« wiederholte das Kind, indem es seine Sprünge fortsetzte.

      »Du bist nicht mein Kind! Du bist nicht meine Perle«, sagte die Mutter halb scherzhaft, denn es traf sich oft, daß mitten in ihrem tiefsten Leiden sich bei ihr ein neckischer Antrieb einstellte. »So sage mir, wer du bist und wer dich geschickt hat.«

      »Sage du es mir, Mutter«, sprach das Kind ernsthaft, indem es zu Esther herankam und sich dicht an ihre Knie schmiegte. »Sage du es mir.«

      »Dein himmlischer Vater hat dich geschickt«, antwortete Esther Prynne.

      Sie sagte dies aber mit einem Zaudern, welches dem Scharfsinn des Mädchens nicht entging. Mochte sie nun bloß von ihrer gewöhnlichen Schelmerei angetrieben werden oder ein böser Geist ihr es eingeflüstert haben, sie erhob ihren kleinen Zeigefinger und rührte den Scharlachbuchstaben an.

      »Er hat mich nicht geschickt!« rief sie bestimmt, »ich habe keinen himmlischen Vater!«

      »Still, Perle, still, du darfst nicht so sprechen«, antwortete die Mutter, indem sie ein Stöhnen unterdrückte, »er hat uns alle auf die Welt geschickt; er hat selbst mich, deine Mutter, gesendet; um wieviel mehr also dich! Oder wenn es nicht so ist, du seltsames Elfenkind, woher bist du denn gekommen?«

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