Nicht aus noch ein. Уилки Коллинз

Nicht aus noch ein - Уилки Коллинз


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in der Capelle ist vorüber und die Findelkinder sind beim Mittagbrod.

      Viele Menschen wohnen nach der Sitte des Hauses dem Mittagessen bei: Zwei oder drei Aufseher, ganze Familien der Vereinsvorstände, kleinere Gruppen aus Leuten beiderlei Geschlechts bestehend, und noch einzelne Dazugekommene verschiedenen Standes. Die Herbstsonne scheint tief in das Gemach und die plump eingerahmten Fenster, durch die sie hineinblickt und die Wände mit Holzpaneelen, welche sie streift, sind solche Fenster und Wände, wie Hogarths Bilder sie aufweisen. Das Speisezimmer der Mädchen, zu gleicher Zeit auch das der kleineren Kinder, übt die Hauptanziehungskraft aus. Zierliche Dienerinnen gleiten schweigend um die regelmäßig geordneten Tische herum, an welchen ebenfalls Schweigen herrscht. Die Zuschauenden schreiten hin und wieder oder stehen still, wie es ihnen gefällt. Geflüsterte Erkundigungen nach einem Kinde, welches die und die Nummer hat und am Fenster mit der und der Nummer sitzt, sind nicht selten; [Die Fenster in dem Findelhause sind mit Nummern versehen, auch hat jedes Kind seine Nummer.] viele von den Gesichtern der Kinder sind dazu angethan Aufmerksamkeit zu erregen. Einige unter den Zuschauern, die nicht in das Haus gehören, wiederholen ihre Besuche öfter. Sie haben eine Art von Bekanntschaft mit Inhabern gewisser Plätze vom Tische geschlossen und machen an den besagten Stellen Halt, um sich hinabzubeugen und ein oder zwei Worte zu sprechen.

      Es schmälert ihr Verdienst nicht, daß auf diesen Plätzen immer Kinder von anziehender Persönlichkeit sitzen. Die Einförmigkeit des langen weiten Raumes wird angenehm durch diese kleinen Zwischenfälle belebt, so geringfügig sie sind.

      Eine verschleierte Dame, welche ohne Begleiter hier ist, geht unter den Anwesenden umher. Es scheint, daß weder Neugier noch der Zufall sie hierher geführt haben, denn der Anblick erregt sie, und sie schreitet an den Tischen mit unbehaglicher Empfindung und zögernden Tritten entlang. Endlich erreicht sie den Speisesaal der Knaben. Derselbe ist viel weniger gesucht, als der der Mädchen und von Erwachsenen fast leer, wie sie von der Thür aus sehen kann.

      Auf der Schwelle steht eine ältere Dienerin, um aufzupassen, eine Art von Haushälterin oder Hausmutter. Die Dame richtet einige gewöhnliche Fragen an sie, zum Beispiel: »Wie viel Knaben sind hier? In welchem Alter werden sie in das Leben entlassen? Kommt es häufig vor, daß sie Lust haben auf die See zu gehen!?« und so fort. Die Dame spricht mit immer leiserer Stimme, bis sie die Frage that: »Welcher ist Walter Wilding?«

      Die Dienerin schüttelt den Kopf. Es ist gegen die Regel, so zu fragen.

      »Sie wissen, welcher Walter Wilding ist?«

      Die Dienerin fühlte so fest die Augen der Dame, die ihr Gesicht forschend betrachtete, auf sich geheftet, daß sie die ihren zu Boden senkte, damit dieselben nicht zu Verräthern würden und nach der gewünschten Richtung hinüber flögen.

      »Ja; weiß, welcher von den Knaben Walter Wilding ist, aber es ist nicht meines Amtes, Martin, Ma’am zu Namen zu nennen.«

      »Sie können mir ihn zeigen, ohne ihn zu nennen.«

      Die Hand der Dame begegnete leise der der Dienerin. Es entstand eine Pause und tiefes Schweigen.

      »Ich werde um die Tafeln herum gehen,« sagte die von der Dame Angesprochen, sich den Anschein gebend, als ob sie gar nicht zu derselben redete. »Folgen Sie mir mit den Augen. Der Knabe, bei dem ich still stehe und mit dem ich spreche, geht Sie nichts an, aber der Knabe, den ich anfasse, ist Walter Wilding. Reden Sie nicht weiter mit mir, und entfernen Sie sieh von mir.«

      Sogleich dem Winke Folge leistend, tritt die Dame in das Zimmer hinein und sieht sich darin um. Nach einigen Augenblicken geht die Dienerin, als ob es ihr Amt verlange, an der Außenseite der Tafeln entlang, indem sie linker Hand beginnt. Sie wandert die Reihen hinab, wendet sich um und kommt zwischen den Tischen an der inneren Seite zurück. Von ungefähr zu der Lady hinüber sehend, heilt sie ihre Schritte ein, beugt sich vor und spricht. Der Knabe, den sie anredet, hebt den Kopf in die Höhe und antwortet. Wie sie zuhört was er sagt, legt sie ihre Hand freundlich auf die Schulter des kleinen Nachbars zur Rechten. Damit die Bewegung deutlich sei, läßt sie, während sie weiter redet, ihre Hand auf der Schulter liegen und klopft sie zwei oder dreimal, ehe sie weitergeht. Sie vollendet ihren Umgang um die Tische, ohne ein anderes Kind anzurühren und verläßt durch eine Thür am entgegengesetzten Ende das Zimmer.

      Das Mittagessen ist vorüber. Die Dame geht an der Außenseite der Tafeln entlang, indem sie linker Hand beginnt, sie wandelt die langen Reihen hinab, wendet sich um und kehrt an der inneren Seite zwischen den Tischen zurück. Es ist gut für sie, daß noch andere Leute eingetreten sind und hier und dort verstreut stehen. Sie schlägt den Schleier zurück und bei dem bezeichneten Knaben still stehend, fragt sie ihn, wie alt er sei?

      »Zwölf Jahr, Ma’am,« antwortet er und richtet seine glänzenden Augen auf sie.

      »Bist Du gesund und fröhlich?«

      »Ja, Ma’am.«

      »Willst Du das Zuckerwerk von mir nehmen?«

      »Wenn Sie es mir geben wollen.«

      Sich zu diesem Zwecke tief hinab beugend, berührt die Dame mit Stirn und Haar des Knaben Antlitz. Dann läßt sie den Schleier wieder herab, geht vorüber – und geht hinaus, ohne sich umzusehen.

      Erster Act

      Der Vorhang geht auf

      In einer Sackgasse der City von London, die weder für Fuhrwerk noch Fußgänger einen Durchweg bot, einer Sackgasse, die in die abschüssige, schlüpfrige, krumme Straße mündet, welche die Verbindung zwischen Towerstreet und dem Middleser Ufer der Themse herstellt, befand sich das Geschäftslocal von Wilding u. Co., Weinhändler. Wahrscheinlich als scherzhaftes Zugeständniß davon, daß der große Haupteingang des Locales wie eine Barricade die Welt verrammelte, trug der unterste Theil der abschüssigen Straße, von der aus man an den Fluß gelangte (wie der Geruch deutlich verspüren ließ) den Namen Break-Neck-Stairs. Die Sackgasse selbst wurde in früheren Zeiten treffend genug Cripple Cornet getauft.

      Schon viele Jahre vor dem Jahr 1861 hatten die Leute aufgehört, in Break-Neck-Stairs Boote zu miethen und die Schiffer sich davon entwöhnt, dort anzulegen. Der schlammige Weg hatte den nach und nach zur Reife gediehenen Entschluß sich umzubringen ausgeführt und sich in den Fluß gestürzt, und so blieb nichts als zwei oder drei verstümmelte Pfähle und ein rostiger eiserner Ring, der zum Befestigen der Boote gedient hatte, von Break-Necks vergangener Pracht übrig. Manchmal indessen legte ein mit Kohlen beladener Kahn gegen das Ufer an, geschäftige Hebel wurden aufgerichtet, die anscheinend nichts thaten als Schmutz heraufbefördern. Die Ladung wurde in der Nähe abgeliefert. Das Boot fuhr wieder fort und war verschwunden; für gewöhnlich aber bestand der einzige Verkehr in Break-Neck-Stairs aus dem Transport von Fässern und Flaschen, die entweder voll oder leer waren, entweder fortgeschafft wurden aus den Kellern oder hineingeschafft wurden in die Keller Von Wilding und Co., Weinhändler. Aber selbst dieser Verkehr fand nur dann und wann statt und über dreiviertel Zeit der steigenden Fluth spülte und leckte der schmutzige, unreinliche, graue Fluß ungestört an dem rostigen Ring, als ob er einmal von dem Dogen und dem Adriatischen Meere vernommen habe und sich danach sehnte, auch eine Vermählung zu feiern, etwa mit dem mächtigen Erhalter allen Schlammes in seinen Fluthen, mit dem Right Honourable Lord Mayor.

      Zwei hundert und einige fünfzig Yards (vom untersten Anfang von Break-Neck-Stairs aus gerechnet) auf der Anhöhe geradezu, rechter Hand, befand sich Cripple Cornet. Cripple Cornet hatte einen Brunnen, Cripple Cornet hatte einen Baum. Ganz Cripple Corner gehörte Wilding und Co., Weinhändler. Die Kellerräume lagerten darunter, die Gebäude erhoben sich darüber. In den Tagen, wo Kaufherren noch die City bewohnten, war eines derselben wirklich ein Wohnhaus gewesen; ein prächtiges Schirmdach ohne sichtbare Stützen breitete sich über dem Thorweg aus, wie das Schallbrett über einer Kanzel. Es hatte auch eine Anzahl langer schmaler Streifen, die Fenster vorstellten und in der Front des finsteren aus Backsteinen errichteten Hauses so vertheilt waren, daß sie überall gleich häßlich erschienen. Auf dem Dach befand sich eine Kuppel mit einer Glocke.

      »Wenn ein Mann von fünf und zwanzig Jahren seinen Hut aussetzen und sagen kann: Dieser Hut bedeckt den Eigenthümer dieses Besitzthums und des Geschäftes, welches sich an dieses Besitzthum knüpft, da denke ich, Mr. Bintrey, ohne zu prahlen, er könne nicht


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