Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel

Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch - Walther Kabel


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eines Fernzuges im Wartesaal ab und spielten dann die soeben erst eingetroffenen Reisenden, nahmen wieder ein Auto und waren um elf Uhr vormittags in der Blücherstraße in Schmargendorf, wo Harald dann – Herrn Gumlowsky anrief.

      „Hier Harst – Harald Harst. Ich bin soeben aus der Schweiz zurückgekehrt, Herr Gumlowsky. Ich wollte nur fragen, was aus der Sache Karl-Ernst Lehmann geworden ist. – So – Sie haben schon einen neuen Buchhalter. Na – es war sehr anständig von Ihnen, daß Sie den Lehmann nicht anzeigten. Denken Sie, der junge Mensch hat schon wieder was berissen. Ich fand hier einen Brief vor, der –. Doch, das möchte ich Ihnen mündlich mitteilen. Könnten Sie heute gegen neun Uhr abends zu mir kommen? – Ich würde Sie gern selbst besuchen, habe mir aber vorhin im Garten den Fuß etwas verstaucht. – Also bitten um neun. Nur für eine Viertelstunde. Länger werde ich Sie nicht aufhalten. – Danke vielmals. Auf Wiedersehen –“

      „So,“ lächelte Harald dann, „Herr Max Gumlowsky wird heute also nicht in Wannsee sein. Wenn er um neun herkommt, wird die brave Mathilde ihm einen Brief von mir aushändigen, in dem ich mich wortreich entschuldigen werde: ich sei leider telephonisch abgerufen worden; er möge doch morgen früh wiederkommen.“ –

      Um halb acht – wir hatten das Harstsche Haus unter den größten Vorsichtsmaßregeln verlassen – bestiegen wir den nach der Halenseer Brücke bestellten geschlossenen Kraftwagen. Um ein viertel neun stiegen wir dicht an dem schmalen Wege zum Grundstück der harmlosen Schriftstellerin Klara Sanden aus und kletterten dann über den scheußlichen Zaun.

      Harald schlich zunächst allein mit dem Wurstpaket weiter. Zwei kleine Leberwürste waren darin.

      So blieb ich denn eine Weile mir selbst überlassen. Ich wußte noch immer nicht, weshalb Harald jetzt hier „einbrechen“ wollte. An einen Diebstahl glaubte ich nicht. Das war natürlich ein Scherz. Wie sollte Gumlowsky auch wohl Millionen zur Verfügung haben?! Weshalb sollte er das Geld, falls er es besaß, hier verwahrt halten?! – Und dann – heute war doch der 17.! Heute um halb zwölf nachts würde Orstra bei uns erscheinen! Da sollte Harald fünf Millionen zur Verfügung haben! Gewiß – Er hatte heute nachmittag gegen zwei Uhr seine Mutter mit irgend einem Auftrag, den er mir verschwieg, weggeschickt. Ob Frau Harst etwa auf der Bank gewesen war und Geld geholt hatte?! – Kurz – für mich war die Sachlage völlig ungeklärt. –

      Harst tauchte auf. „Der Köter hat die Wurst gierig verschlungen,“ sagte er. „Ich warf sie ihm stückweise zu. Nun wird er in zehn Minuten ganz fest schlafen – mindestens bis morgen früh!“

      Nach zehn Minuten zogen wir an der Glocke der Hintertür. Wir hörten sie im Flur bimmeln. Niemand kam. Dann arbeitete der Patentdietrich. Das Schloß war gut, aber doch nur ein Schloß. Wir traten ein. Ich mußte im Flur Wache stehen. Harst erschien erst nach einer Stunde – mit drei Paketen.

      „Erledigt, mein Alter!“ lachte er triumphierend.

      „Wie, hast Du wirklich Geld gefunden?“

      „Ja – über acht Millionen. – Komm’, die Sache geht nun ihren Gang.“

      Wir fuhren nach Berlin, nach Hause. Meine Fragen blieben unbeantwortet. Ich saß und grübelte.

      Und dann – ein Geistesblitz! Nein – war ich nur begriffsstutzig gewesen!

      „Du – jetzt bin ich im Bilde!“ rief ich.

      „Dann freue Dich! Hoffentlich ist Orstra nicht ebenso schlau!“

      Jetzt sah ich Orstras Besuch mit Vergnügen entgegen. In der Tat – das würde ein Spaß werden! –

      Und es wurde ein Spaß. –

      Punkt halb zwölf läutete es. Ich ließ Orstra ein. Er trug wieder die Maske wie am 3. September.

      „Guten Abend, Orstra,“ sagte Harald gemütlich. „Nehmen Sie Platz –“

      Orstra war doch etwas mißtrauisch.

      „Haben Sie keine Angst,“ beruhigte Harst ihn. „Ich habe mein Wort in allen Stücken gehalten. Das ist ja selbstverständlich.“

      „Und das Geld?“ fragte Orstra hastig.

      „Werde ich Ihnen sofort aufzählen. – Setzen Sie sich doch. Wir können das in aller Behaglichkeit erledigen.“

      Orstra nahm im Klubsessel am Sofatische Platz.

      Auf dem Tische lagen die drei Pakete.

      Harald rieb ein Zündholz an und hielt es an die Spitze der Mirakulum, rauchte ein paar Züge.

      „Ich habe das Geld gestohlen, Orstra,“ sagte er dann.

      „Das – das ist doch Blech!“ meinte der Verbrecher ungeduldig. „Bitte – zählen Sie mir das Geld vor.“

      „Gestohlen – einem gewissen Gumlowsky!“ fuhr Harst schmunzelnd fort.

      Orstra zuckte zusammen.

      „Wem – Gumlowsky?“

      „Ja – Ihrem alten Freunde, bei dem Sie sich als der schwarze Mar am 3. September anmeldeten.“

      Orstras Hände begannen nervös zu flattern.

      „Wo haben Sie das Geld gestohlen?“ stieß er keuchend hervor.

      „Dort, wo ich es zu finden hoffte. – Als Karl-Ernst Lehmann mir hier von sechs leeren Briefbogen und der gelbbraunen Farbe und von der besonderen Beschaffenheit des Papiers Mitteilung machte, als er mir weiter erzählte, daß Gumlowsky von den Warenproben Nr. 5 und 6 bei Stuart Austin in London größere Posten bestellt hätte, da –“

      Orstra tupfte sich den Schweiß von der Stirn. Und Harald hatte plötzlich die Clement in der Rechten.

      „– da wußte ich schon so ziemlich sicher, daß die sechs Briefbogen nichts als Papierproben für Banknotenfälschungen waren, die über dem Umweg über Danzig durch einen Mittelsmann Gumlowsky vorgelegt worden waren.“

      Orstra stierte auf die Pistole.

      „Ich depeschierte nach London – meine Mutter besorgte die Depesche. Die Antwort der Londoner Polizei lautete: Stuart Austin besitzt in der Bakerstreet eine kleine Papierfabrik! – Es stimmte also. Außerdem aber waren auch drei der Hundertmarkscheine, die zusammen mit dem anderen Gelde hinter dem Maissack versteckt waren, falsch.“

      Der Verbrecher wollte sich erbeben.

      „Bleiben Sie sitzen!“ rief Harst. „Ich werde Sie vor vier Uhr morgens nicht verfolgen. Aber erst will ich Ihnen beweisen, daß Sie mich unterschätzt haben!“

      Orstra sank in den Sessel zurück.

      „Im Keller des Häuschens in Wannsee fand ich eine tadellos gearbeitete Geheimtür, die in die „Druckerei“ führte,“ erklärte Harald weiter. „Dort lag auch die fertige Ware: Tausendmarkscheine, englische Hundertpfundnoten und Fünfhundertkronenscheine, im ganzen etwa acht Millionen. Ich habe dieses Geld gestohlen. Sie hatten mir erlaubt zu stehlen, – wenn nur die fünf Millionen für Sie zur Stelle wären. Daß die Banknoten falsch sind, dafür kann ich nicht verantwortlich gemacht werden.“

      Orstra lächelte verzerrt.

      „Sie – Sie sind – ein –“

      „– ein Mann, der auch kleine Scherze liebt, Orstra. – In diesem Moment ist das Häuschen in Wannsee bereits von der Berliner Polizei umstellt, die ich benachrichtigt habe. Auch Gumlowsky nebst Frau wird bewacht. Aber die Polizei greift erst um vier Uhr morgens zu. Das habe ich verlangt. Von Ihnen erwähnte ich nichts. Sie sind bis vier Uhr sicher. – So, nun können Sie die fünf Millionen haben. Übrigens – ich habe auch fünf echte Millionen bereit – für den Fall, daß ich in Wannsee doch nicht genug Geld gefunden hätte. Meine Mutter hat das Geld geholt. Aber – da Sie die Scheine in diesem Paketen da als echt verausgaben wollten, wird es Ihnen ja –“

      „Ich bin besiegt, Herr Harst! Leben Sie wohl! Wir sehen uns wieder!“


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