Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel

Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch - Walther Kabel


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schlichen den Graben entlang; wir betraten ganz plötzlich das Häuschen, das hinter Linden und Fliederbüschen völlig verborgen war.

      Die Witwe des Stellmachers saß in der Stube und spann Flachs. Die Greisin hatte offenbar kein schlechtes Gewissen. Sie stand bereitwilligst Rede und Antwort. Nur eine Frage war ihr sichtlich peinlich: ob ihr Mann ihr etwas von dem goldenen Götzen erzählt hätte.

      Harst redete ihr gut zu, und so erklärte sie denn, daß ihr Mann ihr freilich mitgeteilt habe, der Herr – das war Domke – besäße so ein Bild aus reinem Golde. Aber er habe ihr nicht verraten, wo es verborgen sei. Nein, das habe er nicht getan.

      „Sie haben dann mal Ihrem Neffen gegenüber den goldenen Götzen erwähnt, Frau Krämer, nicht wahr?!“ meinte Harald freundlich.

      „Ja –“

      „Und dann kam Krause als Diener hierher?“

      „Er war gerade ohne Stellung. Eigentlich ist er ja Artist.“

      „Kannte Krause einen gewissen Gerstel, der sich auch Gumlowsky nannte?“

      „Ja – ja. Bei dem war er mal Schreiber oder so was. Aber das war ein – ein schlechter Mensch, der Gerstel.“

      „Ihr Neffe bat Sie dann gestern, Sie möchten doch eine Bekannte von ihm bei sich aufnehmen?“

      „Seine Braut, sagte er –“

      „War diese Braut in der ganzen verflossenen Nacht hier?“

      „Das weiß ich nicht. Sie schlief dort in der andern Stube. – Ist – ist etwa mit dem Gottlieb irgend was nicht in Ordnung?“

      „Bis jetzt ja, Frau Krämer. – So, wir danken Ihnen schön. Sie haben es hier recht hübsch. Eine Ziege halten Sie auch. Krauses Braut nahm die Ziege wohl mit in den Wald?“

      „Ja. Ich bat sie darum. Sie hatte doch nichts zu tun. Erst wollte sie nicht. Sie ist ja überhaupt ’ne komische Person. Gottlieb sollte sich lieber nicht mit ihr abgeben. So ’ne heisere Stimme, und dann – dann wollte sie sich von niemand sehen lassen, grad so, als ob sie aus Berlin ausgerückt wär’ –“

      „Also nochmals vielen Dank, Frau Krämer –“

      Wir gingen über den Gutshof dem Schlosse zu.

      „Der Zusammenhang ist Ihnen jetzt doch klar, Herr Domke,“ meinte Harald. „Es ging um den goldenen Brahma. Und Orstra, der mich um fünf Millionen bestohlen hat, glaubte sich hier bei der alten Frau vorläufig sicher, wollte auch Krause helfen, den Götzen zu suchen.“

      „Hm – und der Spuk?! Herr Harst, mein Hühnerhund Pluto war doch –“

      „Eine Frage: seit wann haben Sie den Hund?“

      „Seit – ja, seit Juni etwa. Krause hat ihn mir besorgt. Sehr billig.“

      „Aha, – und Krause gehorchte der Hund ebenfalls?“

      „Auf’s Wort!“

      „Dann hat er das Tier irgendwie zum Heulen und Jaulen gebracht – sehr einfach!“

      „Verdammt – das wäre möglich! Und gerade das Verhalten des Hundes hat mich in dem Glauben bestärkt, daß an dem Spuk etwas Tatsächliches daran sein müßte. – Aber – aber die Lichtsignale, – die elektrische Birne und –“

      „– Auch das kommt noch heran, Herr Domke. Das ist das weniger Wichtige.“

      Wir betraten das Schloß durch einen Seiteneingang, gingen erst in die Küche.

      Krause sei in seiner Stube, erklärte die Köchin.

      Der Diener wohnte im linken Flügel drei Zimmer von Domkes Schlafstube entfernt.

      Domke klopfte. Dann standen wir Gottlieb Krause gegenüber.

      Und nun stellte sich heraus, daß Krause bisher an unserer Echtheit nicht im geringsten gezweifelt hatte, ein Beweis, wie gut Harald unsere Masken und Kostüme gewählt hatte.

      Harald war dicht an den Diener herangetreten.

      „Ich bin Harald Harst,“ sagte er laut. „Wo haben Sie das Paket, das Orstra im Walde verborgen hatte das er Ihnen in der vergangenen Nacht aushändigte?“

      Krause wurden bleich, taumelte zurück.

      Selten habe ich in einem Gesicht einen so stark ausgeprägten Ausdruck hellen Entsetzens gesehen wie bei diesem Menschen.

      „Ich – ich weiß nichts von einem Paket,“ quälte er dann hervor.

      „Mann, seien Sie vernünftig,“ rief Harst achselzuckend. „Sie täten gut, sofort alles einzugestehen, auch – den Spuk und – den Zweck, den Sie damit verfolgten.“

      Krause hatte sich jetzt leidlich gefaßt. Er wollte den Ahnungslosen spielen.

      Aber Harst schritt schon auf den Kleiderschrank zu, öffnete ihn und – holte das Paket hervor.

      „Als ich von dem Paket sprach, glitten Ihre Augen für einen Moment hierhin,“ meinte er. „Auf diese Weise ist schon manches Versteck verraten worden. – Krause – der Spuk sollte nachts die Bewohner des Schlosses in ihre Schlafräume bannen, nicht wahr? Dann konnten Sie ungestört nach dem goldenen Götzen suchen –“

      Der blasse Mensch gab jetzt das Leugnen auf.

      „Es hat ja doch keinen Sinn, noch zu lügen,“ meinte er kleinlaut. „Es ist so, Herr Harst! Ich wollte nachts nicht gestört werden.“

      „Sie haben unter den Dielen Ketten und Schnüre angebracht. Wie entstand das Tappen von Schritten und das Keuchen?“

      „Ich – ich bin mal Artist gewesen, Herr Harst, – Bauchredner und Zauberkünstler. Als Bauchredner konnte ich durch eine halb offene Zimmertür das Keuchen scheinbar aus dem Flur erklingen lassen, und das Tappen rief ich durch einen langen Draht hervor, an dem an einem Ende ein Ball aus Leinwand befestigt war. Ich klopfte damit auf den Flurläufer, bald aus dieser Tür, bald aus jener, und der Schall sorgte dafür, daß –“

      „Schon gut. – Befindet sich das ganze Geld in diesem Paket? Auch die falschen Banknoten?“

      „Alles, Herr Harst.“

      „Krause, Orstra ist – tot. Er erkannte uns. Er hatte an der Eiche in der Lichtung den Draht der Strickleiter gefunden –“

      „Tot – tot?!“ rief der Diener dazwischen. „Oh – von der Lampe auf dem Turm und von der Laterne in der Eiche hatte ich Orstra gestern erzählt. Ich wußte es längst, daß der angebliche Erwin Balk dahinter steckte. Aber ich hatte keinen Grund, den Doktor zu verraten. Ja – Doktor Erwin Balger heißt er in Wirklichkeit. Das hat Gerstel herausgekriegt. Doktor Balger spielt hier nur den Rechnungsführer, um Herrn Domkes indische Altertümer studieren zu können. Er schreibt ein dickes Buch darüber. Ich habe in seinem Schreibtisch das Manuskript gesehen. Seine Braut ist Erzieherin beim Besitzer Jeschke. Damit Herr Domke nichts merken sollte, waren sie so überaus vorsichtig.“

      „Unglaublich!“ murmelte Domke.

      Und Harald nickte mir zu und sagte:

      „Siehst Du, das ist die „Wissenschaft“, die Du berücksichtigen solltest! Als Herr Domke mir von seiner Abneigung gegen alle Altertumsforscher erzählte, kam mir der Gedanke, daß Balk sich hier eingeschmuggelt haben könnte.“

      So endete Ottmar Orstra, ein Verbrecher, der uns monatelang ständig in Atem gehalten hatte. Harst hatte ihn nicht besiegt, nein, der Ausgang dieses Abenteuers wäre wahrscheinlich ein ganz anderer geworden, wenn nicht Domkes Kugel eine schnelle Entscheidung herbeigeführt hätte.

      Doktor Balger durfte seine Studien im Domkenhof in Ruhe beenden. Krause kam mit einer geringen Strafe davon. Gerstel-Gumlowsky nebst Frau wanderten für viele Jahre ins Zuchthaus.

      Der


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