Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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niedergesunkenen Schützen um die Biegung zerrten …

      Der Tropenhelm war der blonden Frau ins Genick gerutscht, ihr Antlitz lag frei, es war das verhärmte, finstere, harte Glicht eines nicht mehr ganz jungen Weibes, das Unendliches gelitten haben mußten

      Sie hatte ihr wunderbares Bischarindromedar mit dem stolz gebogenen Hals durch einen Schlag vorwärtsgetrieben und hielt unmittelbar vor mir.

      Ihre Augen, in denen ein eigenes Leuchten glomm, glitten über mich hin wie der eisige Hauch aus einer finsteren Kluft.

      »Ich danke Ihnen,« sagte sie genau so eisig. »Ich hatte mich wohl infolge einer Vorahnung irgendeiner Schurkerei gerade umgedreht, die Kugel traf meinen Tropenhelm …Wer sind Sie?«

      Tübbicke erschien jetzt gleichfalls neben mir und auch Gupas rauhe Stimme und Wrangels wütendes Kläffen meldeten das Näherkommen auch dieser beiden Gefährten.

      Die Frau achtete nur auf mich. Ihr etwas anmaßender Ton behagte mir wenig. Sie hatte so eine gewisse Art bewußter Geringschätzung, die nicht jedermanns Sache ist.

      »Ein Tourist,« erwiderte ich.

      »Lügen Sie nicht! Ich kenne diese harmlosen Globetrotter von Kairo her zur Genüge. Sie sehen denen etwa so ähnlich, wie ein Somalikrieger einem Schacherer aus dem Londoner dunkelsten Viertel. — Aber — Ihr Name ist mir gleichgültig … Sahen Sie den Schützen genauer?«

      »Es war ein Beduine, dem Gesichtstuch nach könnte es ein Tuareg gewesen sein, aber die verirren sich kaum in diese Gegend.«

      Mir kam es vor, als wäre sie sehr zufrieden damit, daß ich nichts Genaueres über den Mann, den meine Kugel dann sofort niedergeworfen hatte, angeben konnte. Sie spielte mit den hellgelben Lederzügeln, sie kniff die Augen zusammen und rief nach rückwärts.

      »Adir!!«

      Einer ihrer Beduinen drängte sein Tier neben sie.

      Sie sprach mit ihm in einem merkwürdigen Negerdialekt, der sehr viel nasale Laute enthielt.

      Dieser Adir war ein tadellos gewachsener dunkelhäutiger Mann mit einer von ranzigem Hammelfett triefenden und dementsprechend duftenden Riesenfrisur. Sein leicht gekräuseltes, recht langes Haar war mit einem Riemen in der Mitte des Kopfes zu einem Schopf hochgebunden, der Rest dieses Kopfschmuckes fiel fast bis in den Nacken hinab. Genau dieselbe Frisuren trugen die übrigen elf Begleiter der finsteren Dame, und der Geruch nach üblem Fett war derart aufdringlich, daß ich die Lady ehrlich bewunderte, in dieser Gesellschaft es längere Zeit auszuhalten.

      Adir winkte dreien der Leute, sie trabten an, sie jagten den Paß empor, indem sie sich tief an die Hälse ihrer Tiere schmiegten. Es waren glänzende Reiter, und als ich dann später erfuhr, daß es sich gar nicht um eigentliche Beduinen, sondern um Krieger des Volkes der Bischarin handelte, ergab sich die Erklärung für Lady Cordys tadelloses Reittier ganz von selbst.

      Das tollkühne Vorsprengen der vier Leute sollte leider durch meinen Warnungsruf nicht mehr rechtzeitig aufgehalten werden.

      Der Paß droben, besser nur eine schmale, den hohen steilen Berg sich emporwindende natürliche Terrasse, spie plötzlich hinter Geröllschutt hervor Blitze und Kugeln.

      Die Kerle, die sich dort eingenistet hatten, waren freilich auf Ziele, die sich bewegten, nicht eingeschossen, — die Bischarin wieder hatten sich blitzschnell zu Boden gleiten lassen, ihre Tiere knieten auf einen Pfiff nieder, streckten sich lang und waren durch Geröll gleichfalls gedeckt. Wir unten im Tale hatten ebenso schnell die schützenden Felsblöcke erreicht, — die nächste Kugelsaat zerspritzte an diesen Blöcken, und dennoch blieb unsere Lage vorläufig insofern recht unangenehm, als wir gegenüber den Feinden droben stark im Nachteil waren, ihr Schußfeld reichte über das ganze Tal hin, und jeder Versuch unsererseits, den Paß zu stürmen, mußte uns Verluste einbringen.

      Die Frau hatte sich an das Gestein gelehnt, ihre weißen Zähne nagten die Unterlippe, ihre harten Augen hatten etwas Geistesabwesendes. Ich betrachtete sie nun genauer. Sie mußte einmal sehr schön gewesen sein — einmal, als sie noch vom Leben Glück und Liebe erhofft hatte. »Ich bin Lady Jane Cordy,« sagte sie plötzlich. »Haben Sie von mir gehört?«

      Diese Frage mußte ich verneinen. »Ich heiße unbekannt …«

      Sie hob den Blick. Sie hatte eine eigentümliche Art, das Gesicht dessen, mit dem sie sprach, nur flüchtig zu streifen.

      »Das ist sehr merkwürdig,« meinte sie und wandte den Kopf nach Gupa hin, der sich abseits niedergesetzt hatte.

      In dem Moment wurde mir klar, daß sie mich kannte, ebenso Gupa.

      Ihre Augen ruhten nun flüchtig auf der kräftigen Erscheinung Tübbickes, der durchaus Rechnungsrat a. D. und halbe Schwankfigur sein wollte.

      Er verbeugte sich.

      »Tübbicke, Adolar Alfred Armin Tübbicke aus Berlin, Beamter im Ruhestande, Aegyptenforscher im neuen Amateurberuf, Mitglied des Sportvereins »Freiluft« … Ich habe von Ihnen gehört, gelesen, Mylady. Sie sind die ungekrönte Königin der Bischarin.«

      »Reportergeschwätz!« sagte sie wegwerfend. »Ich bin Missionarin gewesen …«

      Draußen knallte von Westen her wieder ein Schuß, nur einer …

      Als ich um den Felsen lugte, sah ich gerade noch den Körper eines Mannes im braunen Beduinenmantel über den Rand der Terrasse in den Abgrund rollen. Ein gellender Schrei noch — und wieder herrschte Stille.

      Der Bischarin Adir schob eine neue Patrone in den Lauf seines weiß Gott wo erbeuteten Militärkarabiners.

      3. Kapitel

       Die Brücke der Zwietracht

       Inhaltsverzeichnis

      Auch Lady Cordy hatte diesen Erfolg Adirs mit beobachtet.

      »Er ist der beste Schütze meiner Leute,« sagte sie mehr zu sich selbst … »Im übrigen wird die Geschichte langweilig.«

      »Da haben Sie recht, Mylady …« Ich hatte mir schon eine passende dünne Felsplatte ausgewählt, die einem dreieckigen Schilde glich.

      Gupa beobachtete mich. Als ich die Platte emporhob, stand er auf und ergriff eine weit größere. Für seine Bärenkräfte bedeutete sie ein Nichts.

      »Die deckt uns beide, Olaf,« meinte er wortkarg wie immer. »Hier hat sie eine Seitenspalte, du schießt, ich trage.«

      Zu meiner angenehmen Ueberraschung nahm dann Tübbicke meinen Schild. »Ich mache mit … selbstverständlich.«

      Ich band Wrangel, der zweifellos hinterhergetrabt wäre, mit einem Lederriemen fest, und wir drei begannen den Angriff, der nur ein Spaziergang wurde. Als wir uns an den Bischarin, die auf halber Höhe der Terrasse im Geröll lagen, vorbeidrückten, rief Adir in einem Englisch, das noch schlechter als das unseres Rechnungsrates war:

      »Sie werden entflohen sein, glaube ich.«

      Seine letzten Worte wurden von dem Getöse einer starken Explosion übertönt, die irgendwo auf der anderen Seite des das Tal abschließenden Berges erfolgt sein mußte.

      Wir kletterten langsam höher. Nicht eine Kugel begrüßte uns. Tübbicke, der hinter uns ging und still vergnügt vor sich hin pfiff, als ob es sich in der Tat nur um eine harmlose Bergtour handelte, sagte unvermittelt: »Natürlich haben sie ein Stück des Passes weggesprengt, damit wir zu einem weiten Umweg gezwungen werden.«

      Gupa erklärte dazu: »Sie müssen dann gerade Dynamitpatronen bei sich haben …«

      Er sprach nur aus, was auch ich bestimmt annahm.

      Unser Rechnungsrat mit den drei A. A. A. in den Vornamen (Adolar, Alfred, Armin, — — seine Eltern mußten witzige Leutchen gewesen sein) brummte etwas von »Sprengstoffgesetz« und »grobem Unfug« und wollte dann durchaus


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