Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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himmelhohe Sandwände, hinter mir den einen schmalen Talschlitz.

      Wrangel wollte nicht. Ich hatte ihn an der Leine, ich fühlte, wie er mit aller Kraft weiterdrängte. Ich gab nach …

      Was er da tat?!

      Nur ein Hund hat die feine Nase, eine Steinplatte zu wittern, die im Sande vergraben liegt. Er kratzte wie toll, der Sand flog ihm am Bauche entlang, sein Eifer steckte mich an.

      Meine Hand stieß auf etwas Hartes …

      Stein!

      Es war eine fast zwei Meter lange und etwa ebenso breite Platte aus Schiefergestein.

      Das Sternenlicht genügte: Oben in die freigelegte Platte waren Hieroglyphen eingegraben!

      Seltsam: Wrangel buddelte jetzt neben der Platte, und — da kam schließlich ein dicker Pfahl zum Vorschein, — und ein Taschentuch …!

      Ich hob es auf … Es hatte einen bunten Rand … Es war genau so groß, genau so gemustert wie das Lord Cordys — wie jenes blutgetränkte vom fernen Paß im Wadi Arabah!

      Ich befühlte den Baumstamm. Die Platte lag mit einer Kante auf, und in der Platte waren Löcher und Pflöcke, die die Platte festhielten.

      Ich hatte den Plattenpfad gefunden, — nein, Wrangel! Und es war auch kein Plattenpfad, sondern eine gigantische Treppe, uralt — uralt, — über der ersten wühlte ich aus dem Sande eine zweite frei, eine dritte, vierte …

      Und dann kamen die Gefährten mit Sussik und den Tieren. Sussik schrie gellend auf, als er die Riesenstufen gewahrte … er schrie etwas in seiner Sprache! —

      Achtundzwanzig Stufen nach oben zum Dünenkamm, sechsunddreißig drüben hinab …

      Bis zum Mittag arbeiteten wir … Aber bereits vom Kamm des Sandberges sahen wir tief unter uns das gelobte Land …

      Unsere Oase!! — Zwei Tage noch, und wir hatten alles das, was wir in der Nähe der Stadt der Toten vorsichtig verscharrten, abgeholt und die Treppe wieder verschüttet. Wer genau wußte, wo sie sich befand, kam die Sandmauern auch so empor, denn über den Stufen rutschten die feinen Körnchen nicht nach.

      Das ist der Weg, den wir benutzen, wenn wir in der Ferne jagen wollen …

      Und das ist unsere Oase: Ein grüner Fleck inmitten unersteigbarer Dünen, eine uneinnehmbare Festung!

      So … dachten wir.

      11. Kapitel

       Mein Feind Cordy

       Inhaltsverzeichnis

      … Menschen pferchen sich in den Städten zusammen, Menschen kämpfen wie Hyänen zwischen diesen steinernen Kästen, in Qualm und Gestank um das bißchen täglich Brot … In den Elendsvierteln meiner Heimatstadt hausen Menschen in Löchern, Verbrechen, Sünde, Haß erfüllt die engen Höfe …

      Würde man einer dieser Familien vorschlagen: Zieht in die freie Ferne, lernt die Natur lieben, die euch alles schenken wird, lebt mit der Natur! — sie würden den, der so spräche, fassungslos anstarren. Und — sie bleiben Sklaven der ererbten Gewohnheit, der ererbten Enge, bleiben Herdentiere. — Möglich, daß sie sich selbst hier in diesem unseren Paradiese nicht glücklich fühlen würden, daß ihnen der Herdentrieb den Sinn zu sehr vergiftet hat.

      Ich liebe die Einsamkeit, ich liebe diese Oase, von der es noch so unendlich viel zu sagen gibt.

      Sie zieht sich nach Nordost fast zwei Meilen weit durch die Dünen, aber ihr grüner Kern liegt an dem uralten Gemäuer, ihr Teich blinkt in der Sonne, Palmenkronen spiegeln sich darin, der greise kahle Marabu spiegelt sich auch … —

      In der äußersten Nordostecke gibt es Schiefergestein, einen verschütteten Wald, und eine heiße Quelle, die sofort wieder zwischen dem Gestein versickert und nur ihre weißen Salze ablagert. So ist dort im Laufe der Zeit ein ovales schneeweißes Bassin entstanden.

      Unsere Badewanne, sagt Tübbicke.

      Das Wasser ist ungenießbar, aber die Bäder sind Jungbrunnen. Adolar badet jeden Tag. Gupa und Sussik nie, ich jeden dritten Tag.

      In diesem entlegenen Talwinkel hausen unsere Tiere in ihren Löchern und Klüften. Wir schonen sie, sie sorgen schon gegenseitig dafür, daß sie nicht zu zahlreich werden, — der Dib frißt den jungen Fennek, der Schakal frißt den jungen Dib, die Geier fressen alles, was irgend herumliegt. —

      Wieder ist ein Tag dahingegangen, es ist Abend, wir sitzen unter den Palmen, wir fünf, denn Wrangel zählt mit.

      Ueber dem Feuer, dessen Qualm oben die noch unreifen Datteln etwas anräuchert, liegt in den Gabeln am Spieße das Hinterviertel einer Antilope, — Gupa dreht, begießt …

      Dann essen wir … Essen ganz manierlich von Aluminiumtellern mit Messer und Gabel, trinken Tee, rauchen nachher, nur A. A. A. raucht nie. Er hat Grundsätze. Vielleicht werde ich mit sechzig Jahren nicht so frisch sein wie er. Ich habe keine Grundsätze, ich lasse mich vom Schicksal treiben … oder es treibt mich. »Es« begann mit einem Fehlurteil über einen Menschen, der in Notwehr handelte. Ein Weib beschwor das Gegenteil. Wera ist auch ein Weib. Trotzdem habe ich Verpflichtungen der Kameradschaft ihr gegenüber, — das Herz spricht nicht mehr mit, das war einmal, die Wüste hat mich geheilt, wie sie die armen Lungenkranken, Nierenkranken heilt, die, an eine letzte Hoffnung sich klammernd, nach Aegypten kommen und nicht enttäuscht werden.

      Wenn wir mit der Abendmahlzeit fertig sind, tut jeder das, was hier selbstverständliche Pflicht ist. Sussik und Gupa säubern Geschirr, Adolar und ich füttern die Dromedare, holen Gras vom fernen Talwinkel und Moos. Es wächst dort neben der Marmorbadewanne an den Felsen eine Moosart mit langen Stengeln und eine graue Flechte, — beide fressen die Tiere ganz gern.

      Und dann, wenn die Sterne schon sehr hell schimmern, muß abwechselnd einer von uns die Plattentreppe empor mit meinem Glase und Ausschau halten.

      So ist unser Leben, einfach, natürlich, zweckmäßig und gesund.

      Morgen früh werden Sussik und ich einen langen Ritt unternehmen. Es erscheint mir immer bedenklicher, daß auch nicht eine einzige der vier verschiedenen Gruppen von Leuten, die wir erwarten, bisher hier in der Nähe eingetroffen ist. Vier: Lady Jane, Lord Cordy, Ralph Cudderson, die Filmleute— Die fünften Mitspieler sind wir.

      Mitspieler — wobei?! Wird überhaupt nichts geschehen?! Ist dies gar nicht der Ort, um den sich alles dreht?! Irre ich mich in dieser Beziehung?! — Wenn nur Sussik sprechen wollte. Er weiß, er als einziger.

      Ich packe meine Schreiberei weg … die anderen schlafen schon. Wrangel liegt neben meinem Steinschreibtisch und träumt, seine Pfoten laufen im Traum, sein linkes Ohr hat einen neuen Riß, er balgt sich immer mit den abscheulichen Dib herum, die draußen im Chor heulen, nur im Chor, — wie auf ein Zeichen stimmen sie ihre herzzerreißenden Klagelieder an, — man glaubt Kinder schreien zu höre. Wenn sie schweigen, beginnen die Fenneks mit ihrem hastigen Gekläff, und dann gibt es einen Höllenlärm, einen Kampf aller gegen alle. Die hellgelben Fenneks sind in der Ueberzahl, und sie verbeißen sich trotz ihrer kleinen Schnäuzchen mit ihren nadelscharfen Zähnen so fest, daß der Dib sie nicht abschütteln kann. Wehe dem Dib, den sie irgendwo in die Enge treiben können! Und dabei fressen sie alles, Eidechsen, Mäuse, Junghasen, Datteln — ja, die Datteln nicht zu vergessen. Wenn im August die Dattelreife beginnt, haben die Fenneks es gut, sagt Sussik. Aber, sagt er auch, es sei Unsinn, daß behauptet würde, die Fenneks könnten klettern. — Ich habe nie einen Fennek auf einem Baume gesehen.

      Morgen reiten wir, und dann muß Sussik sprechen, muß! Ich will endlich Klarheit haben. — …

      Eine Woche ist es her, als ich diese Blätter weglegte und schrieb »Morgen reiten wir!« — Wir ritten nicht. Es kam alles ganz anders, und alles ist nun vorüber. Gupa schläft dort drüben im Palmenhain den ewigen Schlaf, fern von seiner mongolischen Heimat, Adolar ist unterwegs nach St. Antonius, und


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