Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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– zwei Männer, ein Weib …

      Sie lagen und schliefen auf Graspolstern, unter den Köpfen gerollte Decken. Ihre Waffen griffbereit neben sich. Im Hintergrunde Gepäck, pralle Rucksäcke aus braunem Segelleinen.

      Die Männer sportmäßig gekleidet, bartlose Gesichter, jung, dunkelhaarig, die Frau, vom Monde klar beschienen, mit reichem aschblonden Haar, ein frisches, feines Gesicht …

      Aschblond … Tatjana Turido! Sofort dachte ich an Tatjana, sofort …

      Also die Turidos waren hinter uns her?! Nicht Leute von dem Kinderräuberschiff, nicht Alacalufs! Turidos!

      Nun, die drei sollten uns nicht mehr lange lästig fallen! Ob Joachim diese Tatjana liebte, das sprach hier nicht mit. Die Turidos hatten gemordet, und daß die Jüngste der Familie scheinbar anders geartet, blieb sich gleich. Ihre Anwesenheit hier zeugte gegen sie. Wenn sie und ihre Begleiter nichts Arges gegen uns im Schilde führten, hätten sie offen zu uns kommen können.

      Meine Gedankenkette wurde jäh gesprengt. Eine Hand hatte meinen Schenkel berührt.

      Natürlich Coy …

      Und daher wandte ich ganz gemächlich den Kopf …

      Nicht Coy …

      Joachim Näsler …!! Er winkte, zerrte an meinen Füßen. Ich kroch rückwärts. Als ich aus den Sträuchern heraus war, richtete ich mich auf.

      Joachim war sehr bleich. Die Blässe seines Gesichts erschreckte mich. Zudem hatten seine fahlen Züge einen Ausdruck, der mir nicht gefiel.

      »Kommen Sie, Abelsen!« Er flüsterte nur, aber es war dennoch Kommandoton.

      Nun, hier in der Nähe der Gegner konnten wir nicht gut besprechen, was zu besprechen war. Joachim schritt voran. In einer Felsmulde zweihundert Meter zurück standen wir uns dann gegenüber. Nicht als Kameraden, spürte ich, bevor er noch zu reden begann.

      »Herr Abelsen, was beabsichtigen Sie?« fragte er keuchend, und seine Rechte fingerte am Pistolenfutteral herum …

      Merkwürdige Frage, noch merkwürdiger der Ton …

      »Was die Umstände erfordern, Herr Näsler.« – Mit einem Male war das »Herr« zwischen uns wieder aufgelebt.

      »Und das wäre?«

      »Die drei gefangen zu nehmen. Was sonst?! Sie wissen doch recht gut, daß es ein Teil der Turidos ist, und meine Meinung über diese Leute kennen Sie! Sollen wir diesen Verfolgern, diesen Spionen etwa Gelegenheit geben, uns zu guter Stunde niederzuknallen?!«

      Er blickte mich scharf an …

      »Abelsen, und wenn ich nun an Ihre Freundschaft appellierte … Wenn ich bitten würde, sofort aufzubrechen und jede Spur hinter uns zu verwischen, was doch Coy ein leichtes sein würde!« Er hatte mir die Hand auf die Schulter gelegt. Diese Hand zitterte. »Abelsen, glauben Sie mir, – für mich hängt unendlich viel davon ab, daß wir diese drei unbehelligt lassen – – glauben Sie mir!«

      Jetzt bat er … Und in seiner vibrierenden Stimme war etwas, das mir nahe ging.

      »Abelsen, es gibt Dinge, über die ich nicht sprechen mag,« fuhr er noch eindringlicher fort, und das Blut schoß ihm plötzlich in die Wangen. »Abelsen, Sie sind ein anständiger Mensch … Man hatte Sie zu unrecht eingesperrt. Ich bin ein Lump – vor mir selbst … Was ich getan, war nichts, das die Strafgesetze irgendeines Landes ahnden würden. Aber das paragraphenreichste Gesetz tragen wir selbst in uns. Wir sind die schärfsten Richter über uns, wenn wir eben Männer sind. Und das sind wir. Das war ich stets. Und mein eigenes Gesetz, mein eigenes Gericht hat mich verurteilt, Abelsen. Deshalb wurde ich wie Sie: Abenteurer im guten Sinne, Kulturflüchtling, – deshalb verkroch ich mich hinter dem Namen Näsler …«

      Pause …

      Seine Hand glitt an meinem Arm entlang, umklammerte die meine …

      »Abelsen, das Bitten fällt mir verflucht schwer. Ich durfte von Jugend an befehlen … Ein Wink – und man sprang … Verflucht schwer, dennoch tue ich’s … Lassen Sie uns aufbrechen, Abelsen, lassen Sie uns jede Begegnung mit den dreien vermeiden … Wir werden sie abschütteln. Und sie werden uns nicht mehr finden … Seien Sie barmherzig, Abelsen!«

      Und ich forschte nun in seinen Zügen …

      »Näsler – die Wahrheit!! Ist es Tatjana Turido?« – Die Frage war berechtigt. Wie konnte das Mädchen und deren Begleiter mit Joachims sogenannter »Schuld« etwas zu schaffen haben?! Joachim hatte doch diese Leute erst auf dem »Starost« vor wenigen Wochen kennengelernt. Und daß er mich in dieser Beziehung nicht belogen hatte, war mir gewiß.

      Er hatte den Kopf gesenkt.

      Schwieg … Seine Hand gab die meine frei. Dann sagte er schweren Tones: »Ich darf Ihnen nicht antworten … Glauben Sie, was Sie wollen. Unsere Wege trennen sich, sobald Sie Miene machen, die drei dort zu überfallen. Und Allan nehme ich mit mir. Er wird mir folgen. Ich bin ihm mehr als Sie und Coy …«

      »Näsler, das wäre …«

      »… Pflicht, Abelsen, – nur Pflicht! – Sie können das alles nicht verstehen … Glaube ich gern … Und – glauben Sie, was Ihnen beliebt … – Leben Sie wohl … Allan und mich werden Sie nicht wiedersehen. Und die drei dort können Sie foltern, und sie werden ebensowenig den Mund aufmachen …

      Ein Schatten fiel über uns hinweg …

      Steinchen rieselten. Coy stand vor uns.

      Grinsend, erhaben, triumphierend …

      »Dumme Kerle dort am Feuer,« sagte er mit unendlicher Verachtung. »Schlafen ohne Wache. Werden Büchsen holen … Dann: »Hände hoch!« Dann wir sie haben, die drei … Coy holen Waffen von Dummköpfe – gleich … Alles schnell gehen … Wie mit Guanacoweibchen und Lämmer … Coy das kennen …«

      Näsler blickte den Araukaner finster an …

      »Ja, mein Sohn, – – das kennen! Alles kannst du!! Nur keine Rücksichtnahme auf das, was andere als Gewissenslast mit sich herumschleppen, – keine Rücksicht wie Abelsen … – Lebt wohl.« Und urplötzlich verfiel er wieder in den anderen Ton … »Allan und ick verzichten auf fernere Kameradschaft!! Alles Dreck, Redensarten … Kameradschaft!!«

      Er drehte sich kurz um und wollte davon.

      »Bleiben Sie, Näsler!«

      Er wandte nur halb den Kopf.

      »Coy,« befahl ich energisch, »wir werden sofort weitermarschieren … Die drei dort gehen uns nichts an … – Sind Sie zufrieden, Näsler.«

      Er war mit einem Satz vor mir …

      »Abelsen, Sie werden’s nicht bereuen – bei Gott, Sie werden’s nicht bereuen!!«

      Er preßte meine Hand …

      Coy stand mit einem übermäßig dummen Gesicht dabei, schlackerte mit dem Kopf …

      »Mistre, Mistre, – das sein Dummheit! Das da sein Turido-Leute … Und …«

      »… und du wirst dafür sorgen, daß sie uns nicht mehr finden, Coy … Du wirst unsere Fährten unsichtbar machen … Du kannst es. Gehen wir …«

      Nicht ein Wort mehr sprachen wir bis zu unserem Zelte unter den Buchen im schmalen Tale.

      Und vor dem Zelte, festgebunden mit Riemen, die Beine kurz gefesselt, zwei rotbraune langhaarige Guanacos, daneben zwei Lämmer … Muttertiere mit ihren Jungen.

      Coy war stolz. »Da sind sie …! Coy kennen das … Wenn Lämmer haben, Muttertiere folgen, Mistre Abelsen, nur müssen sein Riemen am Fuß, daß nur können gehen …«

      Allan schlief. Aber die Guanacos und die Lämmer machten ihn rasch munter, als Coy ihm zurief, was er vor dem Zelte finden würde.

      So brachen wir denn um drei Uhr morgens mit unseren Lasttieren auf. Zuerst wollten die


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