Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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das werden die Hufschmiede sein. Die sind für heute bestellt«, erklärte sie schnell. Sie ahnte, dass es sich um niemand anderen als Prinz Hasher handeln konnte, und erinnerte sich an ihr Versprechen, ihm zu helfen.

      Doch Heinz war nicht dumm. Er musterte seine Sekretärin eindringlich und bemerkte, dass ihre Hand zitterte.

      »Warum lügen Sie mich an?«, fuhr er sie an und sprang vom Stuhl auf. Mit weit ausgreifenden Schritten ging er zuerst zum Fenster, schnaubte wütend und wandte sich dann zur Tür.

      »Er hat uns bemerkt!«, raunte Prinz Hasher seinem Begleiter zu, als er die ärgerlichen Blicke in seinem Rücken spürte.

      »Gleich steckt uns ein Messer zwischen den Rippen«, feixte Josef Rosenknecht.

      »Oder im Rücken.« Ein angespanntes Lächeln spielte um Ha­shers Lippen. Hinter ihnen wurden Schritte laut, Heinz Kühns schwerer Atem begleitete sie.

      »Was soll das werden, wenn es fertig ist?«, rief er ihnen zu, als er sie fast eingeholt hatte. »Das hier ist Privatgrund. Sie dürfen hier nicht einfach so eindringen.«

      Hasher blieb so unvermittelt stehen, dass der Gestütsbesitzer fast mit ihm zusammengestoßen wäre. Er drehte sich um und sah seinem Kontrahenten fest in die Augen. Es war ein Machtkampf, den der Züchter schließlich verlor. Zornig senkte er den Kopf, und Hasher konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen. Er hatte lange darüber nachgedacht, wie er Heinz Kühn ein für alle Mal in seine Schranken verweisen konnte.

      »Ihre Tochter schickt mich«, erklärte er dann mit entschiedener Stimme. »Simone hat eingesehen, dass Aramis nicht länger leiden darf. Das hier ist der Tierarzt Dr. Josef Rosenknecht«, stellte er seinen Begleiter vor. »Er wird die nötigen Maßnahmen vornehmen, um die Pein des Tieres zu beenden. Endgültig.« Der Prinz nickte Josef zu, der vor Verlegenheit nicht wusste, wohin er blicken sollte.

      Ob dieser unerwarteten Botschaft riss Heinz Kühn die Augen auf. Hasher war klar, dass er seinem Gegenspieler mit diesen Worten sämtlichen Wind aus den Segeln genommen hatte. Er konnte förmlich sehen, wie die Wut in dem Mann verpuffte und er in sich zusammenfiel.

      »Oh …, ähm …, ja, wenn das so ist …« Feine Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn des Züchters, und er sah ratlos von einem zum anderen. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er nicht wusste, was er von diesem Sinneswandel halten sollte. »Natürlich werde ich mich Simones Wunsch nicht in den Weg stellen und respektiere ihre Entscheidung.«

      Um ein Haar hätte Hasher laut aufgelacht. Doch er tat es nicht, sondern nickte nur huldvoll.

      Erleichtert, sich so einfach aus der Affäre ziehen zu können, wollte sich Heinz umdrehen und gehen. Doch Hasher war noch nicht fertig mit ihm.

      »Wenn Sie uns bitte begleiten wollen. Nicht, dass es später zu Missverständnissen kommt, die nicht sein müssen.«

      Abrupt blieb der Züchter stehen und drehte sich langsam um.

      Unter den Blicken der beiden Männer wurde er leichenblass.

      »Nein, nein, das ist nicht nötig. Sie können schalten und walten, wie Sie wollen«, versicherte Heinz schnell.

      »Wir brauchen aber einen Zeugen, dass wir unsere Arbeit auftragsgemäß erfüllt haben«, ließ Hasher nicht locker, und Dr. Rosenknecht nickte energisch.

      Heinz, der noch nie ein Tier hatte sterben sehen, schluckte schwer. Gleichzeitig wusste er, dass er keine Wahl hatte. Sein Herz schlug schmerzhaft in seiner Brust, als er sagte: »Also gut. Gehen wir.«

      Angelika Weise, die schon das Schlimmste befürchtet hatte, stand mit angehaltenem Atem am Fenster und sah zu, wie die drei Männer im Stall verschwanden.

      »Ruhig, mein Guter. Ganz ruhig«, sprach Hasher auf das nervöse Tier ein, das wie jedes Mal mit den Hufen aufstampfte und mit den Augen rollte. »Bald hast du keine Schmerzen mehr.«

      Der Tierarzt kniete auf dem Boden, um die Injektionen vorzubereiten, und Hasher forderte Heinz Kühn auf, drei starke Männer zu holen, die Aramis festhalten sollten, während er die erlösenden Spritzen bekam.

      »Ich bin sofort wieder da.« Die Stimme des Gestütsbesitzers zitterte. Aber er kam wie versprochen ein paar Minuten später in Begleitung der Männer zurück.

      Aramis tobte und kämpfte wie ein Wilder gegen sein unvermeidliches Schicksal. Und verlor trotzdem. Mit Hilfe von Leinen fixierten ihn die Männer, und unter dem entsetzten Blick von Heinz Kühn schritt Josef Rosenknecht zur Tat.

      »So, das war’s«, kommentierte der Tierarzt sachlich, als Aramis ein paar Minuten später in die Knie ging und sich schließlich auf die Seite legte. »Sie können schon mal gehen. Ich mache das jetzt hier noch fertig. Dann komme ich nach.«

      Er hatte noch nicht ausgesprochen, als Heinz Kühn schon auf dem Weg aus dem Stall war. Er zitterte am ganzen Körper und kämpfte gegen die drohende Ohnmacht. Als er wieder an der frischen Luft war, atmete er ein paarmal tief ein und aus.

      Prinz Hasher, der ihm gefolgt war, blieb neben ihm stehen und blickte vielsagend in den inzwischen stahlgrauen Himmel. Jetzt war klar, dass sich dort oben ein Unwetter zusammenbraute. Und nicht nur dort oben.

      »Sagt Ihnen eigentlich der Name René Delacroix etwas?«, fragte der Prinz scheinheilig.

      Ohne die Augen vom Himmel zu wenden, spürte Hasher, wie Heinz Kühn neben ihm zusammenzuckte. Der Züchter atmete schwer.

      »Natürlich kenne ich René. Ein unglaublich talentierter Springreiter und Sohn eines sehr bekannten französischen Züchters.« Unseres größten Konkurrenten!, fügte er im Geiste hinzu. »Leider ist er vor ein paar Jahren an einer unheilbaren Krankheit verstorben. Aber warum fragen Sie?«

      Unverwandt starrte Hasher in den Himmel, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen.

      »Wussten Sie auch, dass dieser René mit Ihrer Tochter verlobt war? Und dass Aramis sein Abschiedsgeschenk war? Quasi ein Ersatz für das Kind, das sie niemals haben sollten?«, fragte er im munteren Plauderton weiter, wohl wissend, was er in diesem Augenblick anrichtete.

      Tatsächlich ließ die Wirkung seiner Worte nicht lange auf sich warten.

      »Das ist eine infame Lüge!«, stieß Heinz Kühn rau hervor. Er packte Hasher an den Schultern und schüttelte ihn. »Woher wollen Sie das wissen?«

      Missbilligend blickte der Prinz auf die Hände, die ihn umklammert hielten.

      »Wenn Sie mich loslassen, beantworte ich Ihre Frage.«

      Langsam ließ Heinz die Hände sinken. Von dem einst so stolzen Gestütsbesitzer war nicht mehr viel übrig.

      »Danke!« Hasher warf ihm einen undurchdringlichen Blick zu und beantwortete dann seine Frage. »Ich weiß das von Dr. Norden. Ihre Tochter hat ihm ihr trauriges Geheimnis anvertraut.«

      Heinz Kühns Lippen bebten, als er in Hashers Gesicht nach einem Anzeichen suchte, dass der Prinz log. Doch er fand es nicht und musste sich schließlich mit den erschütternden Tatsachen abfinden.

      »Warum hat Mone mir nichts davon erzählt? Ich bin doch ihr Vater«, fragte Heinz Kühn sichtlich erschüttert.

      Ein Donnergrollen aus der Ferne unterstrich die düstere Stimmung. Schutz suchend flatterten Vögel über den Hof, eine Katze verschwand miauend im Stall.

      »Ich nehme an, die Antwort auf diese Frage kennen Sie genau«, sagte der Prinz ihm unbarmherzig auf den Kopf zu. »Eine Liebesbeziehung zu ihrem ärgsten Konkurrenten hätten Sie niemals gutgeheißen.« Scharf schnitt seine Stimme durch die schwüle Luft. Nichts war übrig von der samtenen Wärme, die für gewöhnlich darin schwang. »Und nun haben Sie auch noch Simones liebstes Geschöpf auf Erden auf dem Gewissen. Das Erbe, das René seiner geliebten Simone hinterlassen hat.«

      Das Gewitter kam näher. Blitze zuckten durch die graue Wolkendecke. Erste dicke Tropfen klatschten auf den Boden. Doch weder Heinz noch Hasher bewegten sich.

      »Aber …, aber … das konnte ich doch


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