Gaunerinnen. Jana Denole Яна Деноль

Gaunerinnen - Jana Denole Яна Деноль


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an einer prestigeträchtigen hauptstädtischen Universität! Sie rief zu Hause an und erfreute ihre Familie mit dieser überraschenden Nachricht. Damit beseitigte sie alle Zweifel und widerwärtigen Gerüchte. So ein kluges Köpfchen konnte unmöglich eine billige Hure sein, wie böse Zungen gelästert hatten.

      „Nein, so was muss man erfinden!“, zeterte ihr Bruder. „Wie können Leute bloß so falsch sein! Ins Gefängnis sollte man sie alle stecken!“

      Das Mädchen lachte und verteidigte die Intriganten.

      „Ach, mach dir keinen Kopf! Lass die Leute reden, was sie wollen. Das Leben wird schon sein Urteil fällen und zeigen, wer was wert ist.“

      „Du bist viel zu gut für diese Welt“, antwortete der geliebte Bruder.

      Natalja freute sich in der Seele über ihren Sieg.

      Gott sei dank hatte sie dieses Kaff zur rechten Zeit verlassen.

      Nach den Abendvorlesungen flatterte Saweli Rodionowitsch Rudkow wie eine Lerche in der Innenstadt umher und hatte keine Lust, nach Hause zu gehen. Er ging in ein Café, um eine Tasse Tee zu trinken. Kaffee war ihm schon längst wegen seines Gesundheitszustands verboten.

      „Ach! Ich pfeife auf die Vorschriften der Ärzte und trinke ein Kognäkchen!“, murmelte er verbittert in seinen Schnurrbart. „Ihr seid selber krank! Ich bin gesund! Und fühlen tue ich mich wie ein Dreißigjähriger!“, rief er und bestellte, ohne weiter zu überlegen, einen Kaffee mit Kognak.

      Am gleichen Tag erhielt Nata die Schlüssel zum besten Zimmer im Wohnheim.

      Ihr Zimmer lag ganz am Ende eines Korridors. Der alte Perversling sorgte sich wohl darum, dass niemand sah, wie er sich aus dem Dekanat zu ihr schlich, bemerkte das Mädchen. In ihrer Studentenbude gab es zwei Fenster, was sehr erfreulich war. Sie ging auf den Markt, um Vorhänge und eine grellgrüne Tischlampe zu besorgen, und fing eifrig an, sich in ihrer neuen Behausung einzurichten. Abends hatte sie vor, ein paar Stripclubs zu besuchen, die inserierten: „Job mit Tanzausbildung“. Damit wollte sie ihrem Traum – reichen Bonzen – möglichst nahekommen.

      Sie wusste, dass alle Männer unzüchtig sind und in ihrer Freizeit gerne Bordelle besuchen.

      Verdammte Routine! Die schwammigen Frauen zu Hause langweilten sie! Wer von denen konnte sich schon mit einem jungen, frischen Körper vergleichen? Bei diesen Gedanken bekam sie Lust, mit sich selbst Sex zu haben.

      Sie liebte ihren prallen Körper, ihre zarte, rosige Haut. Während der „Paarung“, wie sie es oft nannte, schaute sie meistens auf sich selbst, auf ihren Körper, der sich in Krämpfen wand. Manchmal dachte sie, was für ein Glück er mit seiner „Besitzerin“ habe, die es so gut verstand, ihn seinem Zweck entsprechend zu nutzen und dabei in vollem Maße zu genießen. Liebe wollte sie immer und überall! Je mehr, desto besser. Sie stellte sich selbst eine richtige Diagnose – Nymphomanie.

      Ein eng anliegendes rückenfreies Kleid betonte alle ihre Reize. Ohne besondere Anstrengung ihrerseits wurde sie als Tänzerin in einem Nachtklub mit einem jämmerlichen Lohn angestellt, aber so richtig froh war sie darüber nicht. Sie überblickte die Gäste der Location und stellte fest, dass diese bei weitem nicht die Gesellschaftsschicht repräsentieren, die sie erreichen wollte. Sie lechzte nach Parlamentsabgeordneten, Botschaftern oder Scheichs. Das Publikum hier war dagegen nur ein verächtliches Schulterzucken wert.

      In den String hatte man ihr bloß je 20, höchstens 30 Dollar gesteckt. Aber sie ließ sich Zeit und kündigte nicht sofort. Schließlich brachte man ihr völlig kostenlos Poledance bei, oder genauer gesagt, man zog den Unterricht von ihrem virtuellen Lohn ab.

      Eines Tages nach der Arbeit bekam sie Lust, ein Stück des Weges zu Fuß zu gehen. Sie genoss den Sonnenaufgang, sah mit Vergnügen auf das morgendliche Getümmel, Menschen, die zur Arbeit eilten und ihre Kinder im Genick gepackt in die Kindergärten schleppten. Plötzlich schoss ihr der Gedanke an ein normales Leben, an Kinder durch den Kopf. Sie stellte sich ihren Ehemann vor, einen Millionär, wie er auf der Terrasse eines riesigen Hauses irgendwo in der Schweiz beim Kaffee sitzt und die Morgenzeitung liest.

      Sie rüttelte sich aus diesen Träumereien auf und ging zu einem Kiosk, der gerade öffnete und wo eine böse, unausgeschlafene Oma herumwurstelte und ihre Waren auslegte. Das Mädchen blickte auf die druckfrische Presse und eine Anzeige fiel ihr auf: „Elite-Escort-Service“. Sie spürte ein Kribbeln im Bauch, ihre Brustwarzen schwollen an, ein warmes, feuchtes Gefühl pulsierte so stark in der weichen Höhle des Paradieses, als ob ihr Herz in diese intime Zone ihres wunderbaren Körpers gerutscht wäre. Sie bekam einen Orgasmus davon, dass sie genau das fand, wonach sie sich so sehnte.

      Sex und Geld! Wie hatte sie nur früher nicht verstehen können, dass sie genau für dieses eine Ziel auf diese Welt gekommen war – Priesterin der Liebe zu werden.

      Diese Kombination hatte sich das Mädchen selbst so lange nicht enträtseln können. Sie begab sich eilig in Richtung Wohnheim. Sie musste alles gut überlegen, denn sie hatte nicht viel Zeit für dieses unerwartete Hobby. Das Studium und die Arbeit im Nachtklub dreimal in der Woche nahmen jede Menge Zeit in Anspruch. Auch Gerüchte verbreiteten sich schnell an der Uni. Sie war fast nie in den Vorlesungen zu sehen, und wenn doch, schlief sie einfach in der Bank. Im Studienbuch hatte sie natürlich immer „bestanden“ stehen, dank ihrem ergebenen Diener Rudkow.

      Natalja machte sich darum keine besonderen Sorgen, sie verkehrte mit so gut wie keinem ihrer Kommilitonen, sie lebte still und zurückgezogen. Sie hatte kein Interesse an Studentengelagen der Art: „Eine Flasche Wodka für den ganzen Haufen“, bevor man in die Disko geht.

      Sie strebte nach den echten gesellschaftlichen Höhen und den Millionen. Sie hatte eine Vorahnung, dass sie eine reiche Dame werden könnte! Wenn Natalja das Wort „Schicksal“ in den Mund nahm, stellte sie sich darunter immer etwas Großartiges vor. Diese Gedanken bereiteten ihr ebensolche Befriedigung wie das intime Zusammensein mit Männern. Ihr Gang wurde geschmeidiger, ihr Rücken gerader, die Hüften öffneten sich, die rosigen Brustwarzen wurden prall und rau.

      Saweli, verliebt oder verhext, machte sich keine Gedanken darüber, dass ihre Beziehungen bekannt werden könnten. Er fühlte sich wie verjüngt und färbte sich die Haare. Während der romantischen Abende mit seiner Geliebten gönnte er sich ein Glas Sekt und erzählte von seiner stürmischen Jugend. Ihm gefiel, wie sie, die Oberlippe fast kindlich aufgeschürzt, seinen Geschichten mit wachem Interesse zuhörte und am Ende vergnügt krähte. Sie mochte Erdbeeren. Bei ihren langen Gesprächen aß sie immer wieder eine nach der anderen. Es schien, als ob die Röte auf ihren vollen Wangen von diesen paradiesischen Früchten käme. Er war bereit, zu jeder Jahreszeit auf der Suche nach Erdbeeren durch die ganze Stadt zu rennen und jeden Preis für das Kilo zu zahlen. Er stellte sich vor, wie sie statt einer Erdbeere sein Glied in den Mund nahm und den ganzen Saft seiner Atomladung einsaugte. Es brachte ihn auf den Gipfel der Glückseligkeit. In diesem Fall war ihm die Meinung seiner Mitmenschen merkwürdigerweise gleichgültig, so unwiderstehlich zog Natalja ihn an.

      Saweli hatte eine heimliche Affäre mit einer Studentin an der Universität in Winniza gehabt, an die er sich nicht gerne erinnerte.

      Der arme Kerl wurde damals vor die Wahl gestellt: Entweder sollte er die Universität verlassen, oder die Affäre würde an die Öffentlichkeit gebracht.

      Saweli teilte seiner Ehefrau mit, er sei nach Kiew versetzt worden, und verließ seine Heimatstadt für immer. Aber Natalja war mit jener ungeschliffenen dummen Gans gar nicht zu vergleichen, die in der ganzen Stadt verbreitete, wie cool sie doch war, weil sie mit dem Lehrer schlief.

      Natalja war etwas ganz Besonderes!

      Die Heldin der derbsten und süßesten Romanze seines Lebens, die Muse seiner unzüchtigen Fantasie. Er bekam von ihr alles in voller Höhe, seine Wünsche wurden vollkommen befriedigt. Saweli war kein großzügiger Mensch, eher ein geiziger, narzisstischer Egoist und Fetischist. Er war es nicht gewöhnt, zu geben. Er hielt nichts von Menschen, die er nicht für seine Zwecke ausnutzen konnte, und verachtete sie.

      Er liebte es, an Frauenschlüpfern zu riechen, er nahm die Unterwäsche von Prostituierten, die er sich einmal in der Woche, gewöhnlich freitags, nach den schweren Arbeitstagen holte. Er feilschte mit dem Mädchen um


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