Red Dirt Heart: Flammende Erde. N.R. Walker

Red Dirt Heart: Flammende Erde - N.R. Walker


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Vieh treiben, dann hast du schon ein Gefühl dafür, wo wir gerade sind und wohin wir uns bewegen müssen.«

      »Okay. Cool.«

      Nach all den notwendigen Checks am Hubschrauber war Travis ziemlich aufgeregt, als wir in den kleinen Heli kletterten. »Es ist ein Robinson R22«, erklärte ich ihm. »Ich dachte, du kennst das Modell vielleicht sogar. Die werden in Amerika gebaut.«

      Er setzte sein Headset auf. »Einige der ganz großen Ranches haben die. Aber nicht da, wo ich herkomme.«

      »Schon mal in einem gesessen?«, fragte ich ihn. Er schüttelte verneinend den Kopf und ich grinste ihn an. »Keine Angst, heute ist kein Viehtrieb, also keine verrückten Aktionen oder todesmutigen Stopps, Rollen oder Kurven.«

      Sein Kopf fuhr herum, sein Blick traf meinen und ich lachte. »Ich sagte gerade, dass wir das heute nicht machen.« Ich setzte mein eigenes Headset auf. »Kannst du mich hören?«, fragte ich und sah ihn an.

      Seine Stimme kam durch mein Headset. »Kommt drauf an. Wirst du mich in diesem Ding umbringen?«

      Ich lachte abermals. »Wir gehen es ruhig an.« Er sah mich ungläubig an. »Ich werd nichts machen!«, bekräftigte ich nochmals. Es half wahrscheinlich nicht, dass ich dabei wieder lachen musste. »Ich hab keine Lust, Kotze vom Armaturenbrett zu wischen.«

      Mit einem letzten Winken zu George zog ich den Heli hoch. Travis' Grinsen wurde immer breiter, je höher wir stiegen. Während eines Viehtriebs blieben wir normalerweise recht dicht über dem Boden, die Kufen nur ungefähr einen Meter oder so über den Bäumen und Salzbüschen – aber heute nicht. Ich brachte uns auf etwa zehn Metern Höhe und steuerte nach Norden.

      Ich liebte das Fliegen. Ja, es war vor allem eine schnellere Methode des Treibens und ersparte mir Hunderte Arbeitsstunden, aber beim Fliegen konnte ich auch die Farm sehen, wie sie wirklich war: weit, sehr rot, überwiegend unfruchtbar und wüstenartig, mit vereinzelten Gummibäumen oder Salzbüschen, Felsvorsprünge und Grate – es war herrlich.

      »Wow«, sagte Travis. Ich weiß nicht, ob er beabsichtigte, es laut zu sagen, aber ich hörte ihn in meinem Headset.

      »Ich weiß«, stimmte ich zu. »Ist sie nicht wunderschön?«

      »Das ist sie tatsächlich«, sagte er und sah mich an. Sein Lächeln war riesig, so wie seine Augen.

      »Wunderschön und genauso brutal«, sagte ich. »Dieses Land hat mehr Männer gebrochen, als Bullenreiten jemals könnte.«

      Er fixierte mich, immer noch lächelnd, so als wollte er etwas sagen, aber er tat es nicht. Stattdessen sah er aus seinem Seitenfenster. »Ja, kann ich mir vorstellen«, murmelte er.

      Wir flogen schweigend eine Weile weiter, während die weiten Flächen roter Erde unter dem gläsernen Boden des Helis vorbeizogen. Ich fragte mich, was er wohl hatte sagen wollen und dann doch nicht gesagt hatte. Ich hätte ihn fast danach gefragt, aber ich dachte, es wäre das Beste, weiter darüber zu reden, warum wir hier oben waren.

      »Hinter diesem Kamm gleich hier«, sagte ich und zeigte nach vorn, »werden wir den Anfang der Herde sehen. Da geht eine kleine Senke durch. Eigentlich ist da der Arthur River. Existiert nur, wenn's regnet. Das Vieh bewegt sich von weiter im Norden in seine Richtung, wenn's da oben zu trocken wird. Letzten Monat haben wir die oberen Weiden dicht gemacht, damit die Tiere hier runterkommen. Das macht es einfacher für uns, weil wir sie dann nicht von ganz oben heruntertreiben müssen. Wir müssen zwar immer nach Streunern suchen, aber am Ende der Trockenzeit kommen sie alle hier runter zum Wasser.«

      »Und ist jetzt das Ende der Trockenzeit?«

      »Genau. Jetzt kommt, was die Einheimischen Aufbauzeit nennen«, sagte ich. »Wenn's so schwül und heiß wie in der Hölle wird, bevor es anfängt zu regnen.«

      »Darum ist es jetzt so heiß?«

      Ich lachte. »Das hier ist nicht heiß. Ist ja gerade mal so um die fünfunddreißig Grad. Aber in den nächsten paar Wochen, da wird's heiß.« Dann sagte ich: »Hey, ich dachte, unsere Temperaturen wären ziemlich ähnlich.«

      »Schon, allerdings wird es hier heißer. Ich hab das nachgeschlagen, bevor ich hergekommen bin.« Dann fügte er hinzu: »Nicht so wie der arme Kerl aus England, über den ihr alle gestern Abend geredet habt.«

      Ich lachte prustend. »Ja, ist anscheinend kein schöner Anblick gewesen.«

      »Du warst also nicht dabei?«, fragte er. Ich glaube, er versuchte, möglichst beiläufig zu klingen. Fast hätte ich ihm nicht geantwortet; ich war schließlich gewohnt, meinen privaten Kram für mich zu behalten, und ich kannte diesen Mann ja kaum. Aber am Ende sagte ich: »Ich war in Sydney.« Ich wollte das eigentlich gar nicht weiter ausführen, aber dann dachte ich, ich hatte schon so viel gesagt, also warum zum Teufel auch nicht. »Ich war an der Uni. Bachelorstudiengang der Agrarwissenschaft an der Universität von Sydney.« Zu meiner Rechten entdeckte ich einen der Wassertröge und zog den Heli herum, um zu landen. Ich dachte, das wäre ein gutes Ablenkungsmanöver und hielt es auch für eine gute Gelegenheit zu sehen, wie er sich mit dem Vieh anstellte.

      Ich landete in sicherer Distanz zu dem kleinen Wellblechschuppen, in dem sich das Bohrloch befand, das den Wassertrog speiste, und wir gingen hinüber. Ich erklärte ihm, wie das Bohrloch mithilfe der Schwerkraft arbeitete, und er zögerte kein einziges Mal, als wir uns zwischen den Rindern bewegten. Er war vollkommen entspannt und wusste offensichtlich, was er tat. Ich war erleichtert. Und überrascht.

      Und glücklich.

      Ich weiß nicht, warum mich das glücklich machte. Ich schätze, ich wollte ihn hier draußen nicht versagen sehen, besonders nicht vor den anderen Jungs zu sehen, dass er hier durchaus seinen Mann stehen konnte, brachte mich zum Lächeln.

      Wir sahen beim Bohrloch nach dem Rechten und als wir wieder in den Heli kletterten, sagte ich: »Da ist noch eins, das ich überprüfen möchte.«

      Er nahm den Hut ab, den ich ihm gegeben hatte, und setzte das Headset auf. Als wir wieder in der Luft waren, fragte er: »Wie weit erstreckt sich dein Land?«

      »Siehst du den Horizont?«

      Travis sah zur Frontscheibe des Hubschraubers hinaus. »Klar.«

      »Etwa dreihundert Kilometer darüber hinaus.«

      Travis schüttelte ungläubig den Kopf und lachte. »Ich wusste, dass sie groß ist… aber Mann! Ehrlich, auf dem Papier sehen über zehntausend Quadratkilometer schon riesig aus und du weißt, die Farm ist groß. Aber es zu sehen? Sie ist gigantisch!«

      »Wir sind nicht die größte Farm hier draußen«, informierte ich ihn.

      »Die drittgrößte im Staat«, sagte er.

      »Territorium«, korrigierte ich lächelnd. »Wir sind kein Staat.«

      »Entschuldigung, Nordterritorium«, lenkte er ein. »Achtgrößte Farm im Land.«

      »Du hast deine Hausaufgaben gemacht.«

      »Ja, ich habe ein bisschen recherchiert, bevor ich herkam. Meine Mama wollte wissen, wo ich landen würde.«

      »Sutton Station hat zehntausendvierhundertsechzig Quadratkilometer. Wir haben eine Bestandsrate von acht zu zehn.«

      Seine Augen wurden groß. »Das sind zweitausendfünfhundert Stück Vieh!«

      »Und die bringen wir zwei Mal im Jahr rein«, sagte ich lächelnd. Ich war beeindruckt, dass er das so schnell im Kopf ausgerechnet hatte. Ich hätte dafür einen Taschenrechner benötigt. Dann fiel mir etwas ins Auge. »Sieh mal, da unten«, sagte ich und deutete nach rechts. Ich drückte den Steuerknüppel in die Richtung dessen, was ich sah, damit Travis die Kängurus besser erkennen konnte, die in langen Sätzen über die rote Erde flogen.

      Er lehnte sich etwas nach vorn und als er mich wieder ansah, reichte sein Grinsen praktisch von einem Ohr zum anderen. »Heilige Scheiße, die sind schnell!«, rief er aus. »Das ist so abgefahren!«

      »Ich sollte es eigentlich den Jungs durchgeben. Aber wir


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