Wenn Sie Rennen Würde. Блейк Пирс

Wenn Sie Rennen Würde - Блейк Пирс


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seinen Willen in eine finstere Seitengasse geschleift wurde?“, fragte DeMarco.

      „Das ist eine der offenen Fragen. Es wurde angenommen, dass Nobilini zusammengeschlagen wurde, bevor man ihn in diese Seitengasse schleifte und ihm in den Hinterkopf schoss. Blut und Gehirnmasse waren über die ganze Wand des Gebäudes, neben dem sich die Leiche Nobilinis befand, verteilt. Die Schlüssel zu seinem BMW hatte er noch in der Hand.“

      DeMarco nickte nur und ließ Kate fortfahren.

      „Das Opfer lebte in einem recht noblen Vorort namens Ashton“, sagte Kate. „Es ist einer dieser Orte, dessen Vielzahl an Antiquitätenläden, überteuerten Restaurants und exklusiven Immobilien viele Besucher anlockt.“

      „Und das ist genau das, was ich nicht verstehe“, meinte DeMarco. „Das ist doch einer der Orte, an dem garantiert viel getratscht wird, oder nicht? Man sollte doch annehmen, dass irgendjemand etwas wusste, oder dass ein Gerücht im Umlauf war hinsichtlich dessen, wer der Killer ist. Aber dazu steht hier absolut nichts“, sagte sie, und klopfte ungeduldig mit dem Finger auf die umfangreiche Akte.

      „Das hat mich auch immer gewurmt“, räumte Kate ein. „Ashton ist ein schickes Pflaster. Aber abgesehen davon, ist es auch eine sehr eng verbandelte Gemeinde. Jeder kennt jeden dort. Generell gehen alle höflich miteinander um. Nachbarn, die sich untereinander helfen. Gut besuchte Veranstaltungen der Schule, um Geld für dies oder jenes zu sammeln. Eben alles, was so dazugehört. Der Ort hat eine blütenreine Weste.“

      „Gab es keine Motive für den Mord?“, fragte DeMarco.

      „Von einem Motiv habe ich nie etwas gehört. Ashton hat kaum mehr als dreitausend Einwohner. Und es mag zwar viele Besucher aus New York City und den umliegenden Gemeinden anziehen, hat aber dennoch eine extrem niedrige Kriminalitätsrate. Deshalb war der Nobilini-Mord damals vor acht Jahren so eine große Sache für den Ort Ashton, obwohl die Tat selbst ja gar nicht dort verübt wurde.“

      „Und es gab nie andere Morde, die dem Nobilini-Mord ähnelten?“

      „Nein. Jedenfalls nicht bis heute. Ich bin der Meinung, dass die starke FBI-Präsenz den Killer damals vergrault hat. In solch einer kleinen Stadt ist es fast unmöglich, das FBI nicht zu bemerken.“ Hier hielt Kate inne und griff nach der dicken Akte, die vor DeMarco auf dem Klapptisch lag. „Was genau hat dir Duran denn eigentlich zu dem Nobilini-Fall erzählt?“

      „Eigentlich kaum etwas. Er sagte nur, dass wir es sehr eilig hätten und bat deshalb, dass ich mich anhand der Akte mit dem Fall vertraut mache.“

      „Hast du mitbekommen, welche Art Waffe im Nobilini-Mord benutzt wurde?“, fragte Kate.

      „Ja, und zwar eine Ruger Hunter Mark IV, was ich merkwürdig finde. Das wirkt unprofessionell. Das ist eine verdammt teure Waffe für den Mord an einem scheinbar zufälligen Opfer; einem Mord ohne jedes erkennbare Motiv.“

      „Da bin ich ganz deiner Meinung. Die Kugel und die Hülse gaben damals schnell Aufschluss auf die verwendete Tatwaffe. Aber allein die Tatsache, dass der Mord mit einer so schönen und sehr teuren Waffe verübt wurde, ist an sich schon aussagekräftig. Es besagt, dass jemand, der keine Ahnung vom Töten hat, diesen Mord verübt hat.“

      „Was verleitet dich zu der Annahme?“

      „Jeder, der etwas von Töten versteht, wüsste, dass eine Ruger Hunter Mark IV eine Patronenhülse hinterlässt. Damit ist diese Waffe eine wirklich schlechte Wahl.“

      „Und ich gehe davon aus, dass unser jetziges Opfer mit eben solch einer Waffe getötet wurde?“, fragte DeMarco.

      „Duran sagt, der Mord wurde mit genau derselben Waffe verübt.“

      „Das heißt also, dass der Nobilini-Killer sich acht Jahre Zeit gelassen hat, um erneut zuzuschlagen. Höchst merkwürdig.“

      „Das bleibt abzuwarten“, entgegnete Kate. „Alles, was mir Duran mitgeteilt hat, war, dass das Opfer sozusagen in Pose zurückgelassen wurde. Und dass es sich bei der Waffe, die das Opfer tötete, um die gleiche Waffe handelt wie im Nobilini-Fall.“

      „Ja, und er sagte auch, dass der Mord in Midtown New York verübt wurde. Ich frage mich, ob das jetzige Opfer irgendetwas mit dem Ort Ashton verbindet.“

      Kate zuckte nur mit den Schultern. Kurz darauf wurde das Flugzeug auf Grund von Turbulenzen leicht durchgeschüttelt, und beide schwiegen.

      Es hatte Kate gut getan, die Details des Nobilini-Falls noch einmal Revue passieren zu lassen. Damit hatte sie die Spinnenweben beseitigt, die den Fall umgaben, und ihn wieder zum Leben erweckt. Und es kam ihr in den Sinn, dass die acht Jahre, die seit dem Fall vergangen waren, es ihr nun vielleicht erlaubten, die Geschehnisse aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

      ***

      Es war schon eine ganze Weile her, seitdem Kate zum letzten Mal in New York gewesen war. Mit ihrem verstorbenen Mann Michael hatte Kate kurz vor seinem Tod ein Wochenende hier verbracht. Sie staunte jedesmal aufs Neue darüber, wie unglaublich lebendig, voll und bunt New York war. Die Straßen waren so dermaßen verstopft, dass New York den Verkehrskollaps, der ständig in Washington DC drohte, absolut lächerlich erscheinen ließ. Dass es fast 21 Uhr an einem Freitagabend war, machte die Sache kaum besser.

      Sie erreichten den Tatort um 20:42 Uhr. Kate parkte den Mietwagen so dicht wie möglich am Polizeiabsperrband. Der Tatort befand sich in einer finsteren Seitengasse der 43. Straße, nur einige Blocks von Central Station – wo zu jeder Tages- und Nachtzeit viel los war – entfernt. Am Zugang zu der Gasse standen zwei mit den Kühlern einander zugewandt parkende Polizeiwagen. So versperrten sie weder die Sicht auf das gelbe Band, das den Tatort umgab, noch versperrten sie die Seitengasse selbst, aber machten dennoch jedem Neugierigen, der versuchte, einen Blick zu erheischen, klar, dass dies Ärger nach sich ziehen würde.

      Als Kate und DeMarco das Band erreichten, versuchte ein Beamter, ihnen den Zugang zu versperren, doch als Kate ihm ihre FBI-Marke zeigte, zuckte er nur mit den Schultern und hob das Band für sie an, so dass sie darunter hindurch schlüpfen konnten. Kate fiel auf, dass der Beamte zumindest nicht offensichtlich DeMarco eines näheren Blickes würdigte und fragte sich unbewusst, ob DeMarco, die offen lesbisch lebte, an männlichem Interesse Anstoß genommen oder es als Kompliment verstanden hätte.

      „FBI“, kommentierte der Beamte nur, „ich habe schon gehört, dass sie euch gerufen haben. Scheint mir etwas übertrieben. Wie es aussieht, handelt es sich hier um einen ziemlich simplen Fall.“

      „Wir überprüfen nur etwas“, meinte Kate, als sie und DeMarco in die finstere Gasse traten.

      Die Polizeiwagen am Zugang der Seitengasse waren in einem Winkel geparkt, so dass ihre Scheinwerfer die ansonsten dunkle Gasse beleuchteten. Die langen Schatten von Kate und DeMarco ließen die Szene geradezu unheimlich erscheinen.

      Am Ende der Gasse, wo sie auf eine Steinmauer traf, befanden sich zwei Polizeibeamte und ein Beamter in Zivil, die alle in einem Halbkreis standen. Etwas lehnte in ihrer Mitte an der Mauer. Das Opfer, nahm Kate an. Sie gingen zu den dreien hinüber, zeigten erneut ihre FBI-Marken, und stellten sich den drei Beamten vor.

      „Freut mich, Sie kennenzulernen“, sagte einer der Beamten. „Um ehrlich zu sein, frage ich mich allerdings, warum es dem FBI so wichtig ist, hier jemanden herzuschicken.“

      „Herrgott nochmal“, meinte der Beamte in Zivil. Er schien in seinen Vierzigern zu sein und wirkte leicht ungepflegt. Lange, dunkle Haare, Dreitagebart und eine Brille, die Kate an jedes Bild erinnerte, das sie jemals von Buddy Holly gesehen hatte.

      „Das haben wir doch nun schon mehrfach durchgekaut“, sagte er. Er blickte Kate an, rollte die Augen und fuhr fort: „Wenn es um einen Tatort geht, der älter als eine Woche ist, will das NYPD nichts mehr davon wissen. Es übersteigt deren Vorstellungskraft, dass jemand einen ungeklärten Mord von vor acht Jahren ausbuddeln will. Ich war übrigens derjenige, der das FBI verständigt hat. Ich weiß, dass


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