Eine Falle für Null. Джек Марс
Irak geflohen waren und sich irgendwo in der Nähe von Albaghdadi aufhielten.
Doch Yosef Bachar und seine zwei Landsmänner hatten nicht Khalils Leute gefunden. Sie hatten nicht einmal die Stadt erreicht, als ihr Auto von einer weiteren Gruppe von der Straße gedrängt und die drei Journalisten entführt wurden.
Drei Tage lang hielt man sie im Keller eines Wüstenlagers gefangen. Man hatte sie an den Handgelenken gefesselt und hielt sie im Dunkeln, sowohl wortwörtlich als auch im übertragenen Sinne.
Bachar verbrachte diese drei Tage damit, sein unumgängliches Schicksal zu erwarten. Er wurde sich dessen bewusst, dass diese Männer höchstwahrscheinlich Hamas oder eine Splittergruppe davon waren. Sie würden ihn foltern und letztendlich ermorden. Sie würden die Qual auf Video aufnehmen und es an die israelische Regierung schicken. Drei Tage des Wartens und Wunderns, Dutzende von furchterregenden Szenarien, die sich in Bachars Kopf abspielten, fühlten sich genauso folternd an wie jegliche Pläne, die diese Männer für sie bereithalten konnten.
Doch als sie schließlich kamen, trugen sie keine Waffen oder Folterinstrumente bei sich. Es waren Worte.
Ein junger Mann, höchstens fünfundzwanzig, trat allein in das Untergeschoss des Lagers ein und schaltete ein Licht an, eine einzige Glühbirne an der Decke. Er hatte dunkle Augen, einen kurz geschnittenen Bart und breite Schultern. Der junge Mann ging vor den Dreien, die mit ihren gefesselten Händen auf den Knien saßen, auf und ab.
„Mein Name ist Awad bin Saddam”, sagte er ihnen, „und ich bin der Anführer der Brüderschaft. Ihr drei wurdet zu einem höchst glorreichen Zweck einberufen. Einer von euch wird deine Nachricht für mich überbringen. Ein weiter wird unseren heiligen Dschihad dokumentieren. Und der Dritte... der Dritte ist unnötig. Der Dritte wird durch unser Handeln sterben.” Der junge Mann, dieser bin Saddam, hielt inne und griff in seine Tasche.
„Wenn ihr möchtet, könnt ihr entscheiden, wer welche Aufgabe erfüllen wird”, fuhr er fort. „Oder ihr könnt es dem Zufall überlassen.” Er beugte sich vornüber und legte drei dünne Schnüre Zwirn auf den Boden vor ihnen.
Zwei von ihnen waren etwa fünfzehn Zentimeter lang. Die dritte war ein paar Zentimeter kürzer als die anderen.
„Ich kehre in einer halben Stunde zurück.” Der junge Terrorist verließ den Keller und verschloss die Tür hinter sich.
Die drei Journalisten starrten die ausgefransten Schnüre auf dem Steinboden vor sich an.
„Das ist monströs”, sagte Avi leise. Er war ein stämmiger Mann von achtundvierzig Jahren, älter als die meisten, die im Feld arbeiteten.
„Ich stelle mich freiwillig zur Verfügung”, erklärte Yosef. Die Worte sprudelten aus seinem Mund, bevor er es überhaupt überdacht hatte - hätte er das getan, so spräche er sie vermutlich nicht aus.
„Nein, Yosef.” Idan, der jüngste unter ihnen, schüttelte fest seinen Kopf. „Das ist zwar edel von dir, doch wir könnten nicht mit uns selbst leben, wüssten wir, dass wir dir erlaubt hätten, freiwillig zu sterben.”
„Du würdest es dem Zufall überlassen?” erwiderte Yosef.
„Der Zufall ist fair”, entgegnete ihm Avi. „Er ist unparteiisch. Außerdem...” Er fuhr leiser fort, „könnte dies eine List sein. Die könnten uns immer noch alle umbringen.”
Idan reichte mit beiden gefesselten Händen zum Boden und hob die drei Stränge Zwirn in seiner Faust hoch, hielt sie, sodass die herausragenden Enden gleich lang erschienen. „Yosef”, sagte er, „wähle du zuerst.” Er hielt sie hoch.
Yoself Kehle war zu trocken, um Worte auszusprechen, als er nach einem Ende griff und es langsam aus Idans Faust zog. Ein Gebet ging ihm durch den Kopf, als ein Zentimeter, dann zwei und schließlich acht sich aus seinen geschlossenen Fingern entrollten.
Das andere Ende fiel nach nur ein paar kurzen Zentimetern heraus. Er hatte die kurze Schnur gezogen.
Avi seufzte auf, doch es war ein Seufzen aus Verzweiflung, nicht aus Erleichterung.
„Damit wäre dann das gelöst”, sagte Yosef einfach.
„Yosef...” begann Idan.
„Ihr beide könnt unter euch absprechen, welche Aufgabe ihr übernehmt”, unterbrach Yosef den jüngeren Mann. „Doch... wenn einer von euch das hier überlebt und nach Hause zurückkehrt, dann sagt bitte meiner Frau und meinem Sohn...” Er hielt inne. Die letzten Worte schienen ihm zu fehlen. Es gab nichts, das er in einer Nachricht senden könnte, was sie nicht schon wüssten.
„Wir werden ihnen erzählen, wie mutig du deinem Schicksal angesichts von Terror und Ungerechtigkeit ins Gesicht geblickt hast”, bot ihm Avi an.
„Danke.” Yosef ließ den Zwirn zu Boden fallen.
Bin Saddam kehrte kurze Zeit später zurück, wie er es versprochen hatte und ging erneut vor den Dreien auf und ab. „Ihr habt also eine Entscheidung getroffen?” fragte er.
„Das haben wir”, antwortete Avi und sah dem Terroristen ins Gesicht. „Wir haben uns entschieden, dein islamisches Konzept der Hölle anzunehmen, nur damit wir einen Ort haben, an dem wir glauben, dass du und deine Schurkenbande hinkommt.”
Awad bin Saddam grinste. „Doch wer von euch wird da vor mir ankommen?”
Yosefs Kehle fühlte sich immer noch ausgedörrt an, zu trocken für Worte. Er öffnete seinen Mund, um sein Schicksal zu akzeptieren.
„Das werde ich sein.”
„Idan!” Yosefs Augen wölbten sich hervor. Bevor er etwas sagen konnte, hatte der junge Mann schon gesprochen. „Er ist es nicht”, erklärte er bin Saddam rasch. „Ich habe den kürzeren Zwirn gezogen.”
Bin Saddam blickte von Yosef zu Idan, scheinbar amüsiert. „Ich glaube, ich muss einfach denjenigen töten, der zuerst den Mund aufgemacht hat.” Dann griff er nach seinem Gürtel und zog ein häßliches, gekrümmtes Messer mit einem Griff aus dem Horn einer Ziege aus der Scheide.
Yosefs Magen drehte sich beim bloßen Anblick schon um. „Warte, nicht er -”
Awad schnippte mit dem Messer und durchtrennte Avis Kehle. Der Mund des älteren Mannes fiel vor Überraschung auf, doch kein Geräusch entrann ihm, als Blut aus seinem offenen Hals strömte und auf den Boden lief.
„Nein!” rief Yosef. Idan drückte seine Augen zu, während ein erbärmliches Schluchzen aus ihm platzte.
Avi fiel vornüber auf seinen Bauch, das Gesicht von Yosef abgewendet, und eine dunkle Blutlache breitete sich über die Steine aus.
Ohne ein weiteres Wort hinterließ bin Saddam sie dort erneut.
Die beiden Verbleibenden harrten die Nacht über schlaflos aus und kein Wort wurde zwischen ihnen gewechselt. Yosef konnte jedoch Idans leises Schluchzen hören, als er um den Verlust seines Mentors, Avi, trauerte, dessen Leiche nur ein paar Meter vor ihnen lag und immer kälter wurde.
Am Morgen kamen drei arabische Männer wortlos in den Keller und entfernten Avis Körper. Zwei weitere traten sofort danach ein, gefolgt von bin Saddam.
„Er.” Er zeigte auf Yosef und die zwei Rebellen zogen ihn an den Schultern rau auf die Beine. Als man ihn in Richtung Tür zerrte, wurde er sich dessen bewusst, dass er Idan möglicherweise nie wieder sähe.
„Sei stark”, rief er über seine Schulter. „Möge Gott mit dir sein.”
Yosef blinzelte im hellen Sonnenschein, als er in einen Hof gezogen wurde, der von hohen Steinmauern umringt war. Man warf ihn ohne große Umstände auf den hinteren Teil eines Lasters, der durch ein gewölbtes Dach aus Leinwand bedeckt war. Ein Leinensack wurde über seinen Kopf gezerrt und erneut befand er sich in Dunkelheit.
Der Laster knatterte zum Leben