Der Garten ist geöffnet. Beverley Nichols

Der Garten ist geöffnet - Beverley Nichols


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noch etwas vom Garten übrig sein, auch wenn es endlich angefangen hatte zu tauen? Nun … bald würde ich es wissen.

      Der Rückflug nach England verlief ereignislos. Zumindest kam es mir dank der besänftigenden Eigenschaften eines Zaubertrunks, den mir mein New Yorker Freund Dr. Morgenbesser verordnet hatte, so vor. Dieses erstaunliche Elixir sieht aus wie Crème de Menthe und schmeckt auch so, hat aber eine bedeutend wohltuendere Wirkung: Obwohl das Flugzeug jeden Augenblick zu explodieren droht, sinkt man nach einem einzigen Schlückchen entspannt in seinen Sitz, auf dem Gesicht ein Lächeln, das dem nicht unter Drogen stehenden Beobachter leicht dümmlich vorkommen muss. »Es besteht kein Grund zur Beunruhigung«, krächzt die Stimme des Piloten über den Lautsprecher – eine Bemerkung, die normalerweise selbst das wackerste Herz mit Angst und Schrecken erfüllt. Man selbst jedoch nickt in einem Nebel wohlwollender Zustimmung vor sich hin. Was bitte sollte Grund zur Beunruhigung sein? Sicher, eins der Triebwerke ist ausgefallen, Blitze umzucken den Rumpf, es riecht durchdringend nach Kerosin und von hinten sind ein paar sehr eigenartige Geräusche zu vernehmen, die sich nicht ausschließlich auf die Gruppe betrunkener Russen zurückführen lassen, die, wahrscheinlich mit irgendwelchen infernalischen Apparaturen ausgerüstet, in letzter Minute an Bord kamen. Aber Beunruhigung? Was für ein absurder Gedanke! Nichts ist beunruhigend. Alles ist gut in der besten aller Welten, und Tod, wo ist dein Stachel? Das Kinn sackt nach unten, und kurz bevor man wegdämmert fragt man sich, wieso man drei Sicherheitsgurte umhat, die allesamt ein wenig verschwommen aussehen.

      Aber eigentlich hatte ich vor, ein Gartenbuch zu schreiben. Also wollen wir kurz vor Mitternacht in London landen, wo der Mond hell am Himmel steht. Wir wollen über schmale, gewundene Straßen heimwärts fahren und alle Empfindungen durchleben, die jedem rückkehrenden Reisenden vertraut sind. Wir wollen in die baumgesäumte Straße einbiegen, die am menschenleeren Common von Ham vorbeiführt, und das Gattertürchen zum winzigen Vorplatz vor der Haustür öffnen. Und dann, bevor wir unseren Hausschlüssel zücken oder das Licht einschalten, wollen wir uns bücken, mit kalten Fingern auf der nassen Erde herumtasten, den Strunk einer geliebten Pflanze packen und kräftig daran ziehen.

      Erleichtert seufzen wir auf. Denn beim Ziehen leistete der Strunk erbitterten Widerstand und rührte sich keinen Millimeter. Vielleicht, vielleicht war es um die Dinge ja doch nicht ganz so schlecht bestellt, wie wir befürchtet hatten.

      Dieses eigenartige Verhalten ist vermutlich typisch für den rückkehrenden Reisenden, wenn dieser gleichzeitig auch Gärtner ist. Das Bedürfnis, sich zu vergewissern, was mit den Blumenbeeten los ist, lässt alle anderen Belange in den Hintergrund treten. Ich kannte einmal einen Mann, dessen Frau ihm genau deswegen mit Scheidung drohte. Er war drei Monate weg gewesen, und sie hatte ihm während seiner Abwesenheit ein Baby geschenkt. Merkwürdigerweise nahm sie an, dass er nach seiner Rückkehr als Allererstes zu ihr und dem Baby kommen und ihnen seine Aufwartung machen würde. Weit gefehlt. Sein dringendstes Anliegen war, über den Rasen zu laufen und einen kürzlich gepflanzten chilenischen Feuerbusch, Embothrium coccineum, in Augenschein zu nehmen. Sie fand dieses Verhalten unnormal. Manche Frauen haben eben einfach keinen Sinn für Prioritäten.

      Zurück zu unserem Strunk, der sich nicht rühren wollte. Das war so wichtig, weil es sich um eine Zitronenverbene, Lippia citriodora, handelte, die in dem Ruf steht, nur in den geschütztesten Regionen unserer Insel winterhart zu sein. Hätte sie nach all den Monaten arktischer Temperaturen den Geist aufgegeben, wären auch die Wurzeln hinüber gewesen, und sie hätte sich wie ein verfaulter Zahn aus dem Boden rupfen lassen, da es, wie bereits gesagt, angefangen hatte zu tauen. Die Tatsache, dass die Zitronenverbene fest im Boden verankert blieb, empfand ich als glückliches Omen für eine ganze Reihe anderer Pflanzen, deren mögliches Dahinscheiden mir Sorgen bereitete.

      Und während wir immer noch auf der Türschwelle stehen, wollen wir kurz innehalten, um unsere gärtnernden Mitmenschen an eine Lektion zu erinnern, die sie oftmals vergessen:

      PRAKTISCHER HINWEIS

      Jedes Jahr werden in Tausenden von Gärten landauf, landab wertvolle Pflanzen umgehackt und ausgegraben und auf den Abfall geworfen, weil ihre Besitzer irrigerweise annehmen, sie seien tot, während noch massenhaft Leben in ihnen steckt. Diese Tragödie könnte verhindert werden, würden sich die Gärtner, statt die übliche Technik anzuwenden, ein Stück Rinde abzuschaben, um zu sehen, ob der Zweig darunter noch grün ist, einfach bücken und an der Pflanze ziehen und das auch weiterhin tun. Denken Sie an die Zitronenverbene. Das ganze Frühjahr und den größten Teil des Sommers über sah sie mausetot aus; der kahle Strunk über der Erde zeigte nicht das geringste Lebenszeichen, und die meisten Leute hätten das Ding ausgegraben und weggeworfen. Aber wir zupften immer weiter, und jedes Zupfen versicherte uns, dass irgendwo unter der Erde noch Leben herrschte und die Pflanze ums Überleben kämpfte. Und dann wurden wir gegen Ende Juli von einem kleinen grünen Blatt belohnt, das einen noch süßeren Duft zu verströmen schien als üblich, als wolle es sich für unsere Geduld bedanken.

      Diese Erfahrung wiederholte sich im ganzen Garten. Das vielleicht eindrucksvollste Beispiel lieferte eine Gruppe Torfmyrten oder Scheinbeeren, die so todkrank aussahen, dass sie Schwermut um sich herum verbreiteten. Zupfen verriet uns zwar, dass die Wurzeln noch lebten, aber da die Haupttriebe unverkennbar abgestorben waren und nichts als Braun zu sehen war, als wir ein Stück Rinde abschabten, wollte ich sie schon abschneiden, um von Grund auf neu anzufangen. Mr Page hielt mich davon ab, und tatsächlich brachten Ende Juni selbst diese braunen »abgestorbenen« Zweige die schrillgrünsten Blätter hervor.

      Die Moral: Geben Sie die Hoffnung erst auf, wenn sie todsichere Beweise dafür haben, dass die Pflanze nicht mehr lebt, und wenn sie den größten Teil des Jahres warten müssen. Und zupfen Sie immer weiter.

      Wir stehen immer noch auf der Schwelle, während der Garten im Mondlicht träumend auf uns wartet. In einer schattigen Ecke liegt vielleicht noch ein Rest Schnee, und obwohl wir unbedingt wissen wollen, was in unserer Abwesenheit vorgegangen ist, verharren wir noch ein wenig länger, bevor wir die Tür öffnen, denn wir haben uns anscheinend in eine praktische Stimmung hineingeredet, von der man nie weiß – jedenfalls mir geht es so –, wie lange sie anhält. Machen wir also das Beste daraus. Denn unser Experiment mit der Zitronenverbene lehrt uns eine Lektion von beachtlicher Tragweite, die wir genauso gut hier und jetzt lernen können.

      Auf die Gefahr hin, völlig überkandidelt zu klingen, behaupte ich, dass der harte Winter vom gärtnerischen Standpunkt aus betrachtet mehr Positives als Negatives hatte, und zwar, weil er so viel zu unserem Kenntnisstand beitrug. Er zwang uns, viele akzeptierte Vorstellungen von der vergleichsweisen Robustheit einer ganzen Reihe von Pflanzen zu revidieren; manchmal so drastisch, dass zahlreiche Verfasser von Gartenbüchern, unter ihnen auch die Verfasser von Versandkatalogen, so manches umschreiben müssen, wenn ihre Aussagen auch weiterhin einen praktischen Wert haben sollen.

      Lassen Sie mich das anhand meines eigenen Gartens verdeutlichen, angefangen bei den Fuchsien. Ich habe gerade ein paar Recherchen über diese wundervollen Pflanzen angestellt, und von einer einzigen Ausnahme abgesehen, beharren alle Experten darauf, dass Fuchsien in den Wintermonaten – und denken Sie daran, diese Leute schrieben über normale Winter – mit Laub oder Asche oder beidem geschützt werden müssen. (Die Ausnahme ist ein ganz bestimmter Gärtnereibesitzer, der von seinen eigenen Erzeugnissen derart angetan ist, dass er einen dazu überreden könnte, Kakteen auf einem Eisberg anzupflanzen, wenn er sich dadurch einen Verkauf verspräche. Alle anderen waren sich in Bezug auf die Notwendigkeit dieses Winterschutzes einig, mehrere ergingen sich sogar in ominösen Andeutungen über besonders milde Landstriche, vorzugsweise nicht allzu weit weg vom Meer.)

      Nun gut … meine Fuchsien erhielten überhaupt keinen Winterschutz und machten sich hinterher besser als je zuvor. Zugegeben stehen die meisten von ihnen halbwegs günstig, im Schatten eines alten Birnbaums, trotzdem bekommen sie ihren Anteil an den eisigen Ostwinden ab, die jede Kälte noch durchdringender machen. Aber sie erhielten nicht einmal den Trost einer kleinen Handvoll Asche oder eines einzigen Farnwedels. Das lag in keiner Weise an irgendeiner Nachlässigkeit seitens Mr Page, der wochenlang in Leatherhead festsaß. Als es ihm dann endlich gelang, sich durch die Schneestürme zum Garten vorzukämpfen, kam er nachvollziehbarer Weise zu dem Schluss, dass die Fuchsien längst hinüber waren. Waren sie aber nicht und führten uns damit effektvoll vor Augen, dass viele Pflanzen robuster


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