Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015. A. F. Morland

Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015 - A. F. Morland


Скачать книгу
Jackett um den Balken. Dr. Mann stöhnte unter der schweren Last. Sein Hüsteln war dünn und wurde immer dünner. Die Flammen züngelten bereits um seine Beine. Der qualmende Rauch reizte meine Augen. Sie tränten.

      Es war das schlimmste Stück Arbeit, das ich jemals zu leisten hatte. War es nicht paradox, dass ich so viel Mühe gerade für einen Mörder aufbrachte?

      Ich zerrte den Balken hoch. Rundherum stürzte die Welt ein. Es gelang mir, den Balken wenige Zentimeter zu heben.

      Dr. Mann begann sich sofort zu regen. Er kämpfte verbissen um sein Leben. Wenn ich es nicht schaffte, ihn unter dem Balken hervorzuholen, war er erledigt, das wusste er. Deshalb rackerte er verbissen. Wie irr. Er stemmte sich gegen mich. Er drückte und drängte, er keuchte, hustete, hielt den Atem an, stöhnte wieder. Millimeter um Millimeter rutschte er unter dem Balken hervor.

      „Machen Sie schnell!“, brüllte ich verzweifelt. Der Schweiß rann mir in dicken Bächen über das Gesicht. Die Anstrengung war unmenschlich. Ich spürte, dass ich den Balken nun nicht mehr lange zu halten vermochte. Auch mit meinen Kräften ist es irgendwann mal vorbei.

      Dr. Mann arbeitete sich mühsam hervor.

      Endlich!

      Ich ließ den schweren Balken sofort fallen. Rings um uns näherten sich die Flammen dem noch flammenlosen Zentrum des Raumes.

      „Biff!“, hörte ich Susan draußen schreien. Das Mädchen machte sich berechtigte Sorgen um mich. Ich befand mich alles andere als in einer rosigen Lage.

      Dr. Mann war erledigt. Groggy. Ausgeflippt. Er konnte einfach nicht mehr.

      Auch das noch. Ich sah, wie er sich auf die Knie rollte, doch er konnte nicht mehr aufstehen. Sein Jackett hatte Feuer gefangen. Ich riss es von seinen Schultern und schleuderte es in die Flammenwand. So heiß war mir noch nie gewesen.

      Dr. Mann hängte sich an mich. Ich musste ihn halb tragen. In seinen Beinen war keine Kraft mehr.

      Hinter uns krachte es wieder. Doch nun war die Gefahr der Flammen für uns bereits gebannt. Wenn uns jetzt nur nicht das Rauchgas zur Strecke brachte.

      Rauchgas ist ein heimtückischer Feind. Er ist sozusagen der Futterbeschaffer der Flammen. Er bringt die Menschen um, wenn die Flammen noch weit weg sind. Und sie haben dann Zeit, sich ihre grausige Mahlzeit irgendwann mal zu holen.

      „Biff!“, schrie Susan wieder.

      Wir wankten beide aus der offen stehenden Hintertür in die reine Nachtluft hinaus.

      Gierig pumpte ich meine brennenden Lungen mit unvergifteter Luft voll. Ich konnte gar nicht genug davon kriegen. Das kann nur jemand verstehen, der sich schon mal in meiner entsetzlichen Lage befunden hat.

      Ich schleppte Dr. Mann um das Haus herum.

      Die Flammen schlugen lodernd aus den Fenstern und leckten zum Obergeschoss hinauf. Die nähere Umgebung des Hauses wurde vom Feuerschein gespenstisch zuckend ausgeleuchtet.

      Susan sah uns kommen. Ich glaube, sie schickte ein Dankgebet zum Himmel.

      Plötzlich stieß meine Partnerin einen gellenden Warnungsschrei aus.

      Ich war so fertig, dass ich nicht sofort reagieren konnte, aber ich glaube, dass ich auch so nichts mehr hätte dagegen tun können.

      Ich sah mit einem Mal Pino Calva.

      Pino Calva! Der Mann, der nach meinem Gefühl längst hätte tot sein müssen. Pino Calva, der eine volle Schrotladung in den Rücken abbekommen hatte.

      Er kniete auf dem Boden, hielt mit versteinertem Gesicht und mit beiden Händen seinen Revolver und drückte in diesem Moment ab.

      Da ich Dr. Mann immer noch schleppte, spürte ich ihn zusammenzucken. Ich spürte die Kugel in seinen Leib dringen. Er knickte ein.

      Calva fiel ebenfalls zusammen wie ein Strohfeuer. Der höllische Hass hatte ihm die übermenschliche Kraft verliehen, sich noch ein letztes Mal aufzurichten, um seinen erbittertsten Feind ins Jenseits zu befördern, dahin, wohin nach dem Schuss auch er sich zurückzog.

      Dr. Mann rutschte ganz langsam an mir herunter.

      Susan kam gelaufen. Wir betteten den Sterbenden auf die Wiese. Seine Augen flackerten uns an. Er öffnete den Mund zum Sprechen, aber es kam nur Blut heraus.

      Schließlich flüsterte er: „Es ... es hat alles so leicht ... ausgesehen ... Ich ... ich wollte mich nach diesem einen Coup ... zur Ruhe setzen. Ich konnte nicht mehr ... arbeiten ... Zuckerkrank, verstehen Sie, Calder? Ich wollte nicht arm in den Ruhestand ... treten. Deshalb habe ich an etwa fünfzig Leute ... diese ... diese Briefe ... geschickt. Ich hatte noch mal ... fünfzig vorbereitet ...“

      „Warum haben Sie Kelly und Mary Scott umgebracht?“, fragte Susan.

      „Weil sie sich an uns gewandt hatten?“, stellte ich die Zusatzfrage.

      Dr. Mann schüttelte den Kopf.

      „Ich wollte ... Sie hätten auf jeden Fall ... sterben müssen. Ich wollte ... den anderen Briefempfängern ... damit beweisen, dass ... meine Drohungen ernst zu nehmen ... waren. Wenn zwei Leute sterben ... machen die anderen keine ... Schwierigkeiten, verstehen Sie? Ich hatte alles einkalkuliert. Es war Pech, dass ich mir als ... erstes Opfer ausgerechnet den ... Bruder eines ... Gangsters ausgesucht hatte. War Pech, Calder ...“ Er zuckte die Achseln.

      Dieses Zucken durchlief dann seinen ganzen Körper, und als er nicht mehr zuckte, war er tot.

      21

      Tags darauf trug meine Partnerin Susan Tucker wieder ihren bordeauxroten Hausanzug. Wieder war es Abend. Wieder war sie bei mir. Wieder war ich erotisch aufgeladen.

      Nach dem dritten Drink ließen wir nur noch die leise Musik auf unsere aufnahmebereite Psyche einwirken.

      Wieder tanzten wir. Die Voraussetzungen für eine tolle Nacht waren optimal.

      Diesmal musste es klappen. Wer hätte uns jetzt noch dazwischenfunken sollen?

      Ja. Wer denn?

      Grace natürlich! Die Stewardess mit dem Atombusen. Sie läutete in dem Augenblick an meiner Tür, als ich Susan eben soweit hatte, mit mir ins Schlafzimmer zu gehen, um auf dem Laken ein paar Runden zu raufen.

      Grace war ungeheuer aufgedonnert. Sie trug eine transparente Bluse — und darunter trug sie ... Nun ja, ich habe sie eingangs — glaube ich — schon bestens beschrieben.

      Jedenfalls stand sie mit einem Schlafzimmerblick vor mir, sagte mir, dass ich versprochen hätte, mich mal um sie zu kümmern, und da ich dies nicht getan hätte, wäre sie eben schnurstracks zu mir gekommen, um mal nach dem Rechten zu sehen.

      Was soll ich sagen ...? Susan — die eifersüchtige Susan, die mir nicht mal einen weiblichen Wellensittich gestatten würde — stand neben mir ...

      Mehr brauchte ich wirklich nicht zu meinem übergroßen Glück.

      Was daraus erwachsen ist, wollen Sie wissen?

      Weiß ich selbst nicht. Ich warf beide Mädchen hinaus und ging in die Kneipe, um mich volllaufen zu lassen. Schließlich bin ich ja bekannt für salomonische Lösungen.

      ENDE


Скачать книгу