Tanzen ist Teamleading im Kleinen. Torsten Schröder

Tanzen ist Teamleading im Kleinen - Torsten Schröder


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Anstatt dagegen anzukämpfen, müssen Führungskräfte und Coaches genau das akzeptieren.

      Der Einzelne sollte in der Lage sein, in einem Team zu existieren, zu funktionieren und zu gedeihen, ohne aufzugeben, wer er als Individuum ist. Nur daraus entwickelt sich irgendwann „Teamfähigkeit“.

      Am Beispiel des Tanzsports ist es ganz einfach darstellbar: Eine Frau hat Lust zu tanzen. Ein ihr bisher unbekannter Mann auch. Beide wissen, dass zum Paartanz zwei Personen gehören. Mit jeweils eigenen Ansichten, Zielen und Werten finden sie zueinander. Ganz grundlegend wissen beide: „Möchte ich tanzen, brauche ich einen Partner.“ Somit ist der Teamwille bei beiden gegeben.

      Passen nun auch die Werte und Zielvorstellungen beider zueinander, können sie einander durch Fähigkeiten, Kommunikation usw. ergänzen, voneinander profitieren und somit „Teamfähigkeit“ erreichen. Daher sprechen wir erst dann davon, dass eine Person teamfähig ist, wenn sie durch das Team zu etwas befähigt wird und zugleich das Team im Vorankommen befähigt.

      Wieso Ziele immer ein „Was“ sind und ein „Warum“ benötigen

      „Hat man sein WARUM des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem WIE.“

      Friedrich Nietzsche: „Götzen-Dämmerung:

      Sprüche und Pfeile“, § 12., 1888

      Ein Ziel betrifft entweder einen Prozess oder einen Zustand. Menschen, die sich für einen Tanzkurs anmelden, sind beispielhaft dafür. Vor einer Hochzeit buchen Paare bei Tanzlehrern Einzelstunden oder besuchen mit anderen Heiratswilligen einen entsprechenden Kurs. Das erklärte Ziel: Den Hochzeitswalzer möglichst fehlerfrei aufs Parkett legen können.

      Oder nehmen wir Schüler, die sich im Alter von 15 Jahren zum Tanzkurs anmelden. Das Ziel ist einfach: „Irgendwie tanzen können.“ Doch nicht selten verändert sich dieses, sobald sie bemerken, dass das wöchentliche Zusammenkommen mit Gleichaltrigen auch neue Chancen eröffnet. Man lernt andere Schüler*innen kennen, kann sich ausprobieren, Spaß haben und ein wenig flirten. Recht plötzlich evolviert das Statusziel zum Prozessziel: Es geht auf einmal um das Vergnügen, das mit dem

      Tanzen einhergeht.

      Wandeln sich Zielstellungen vom Status zum Prozess, werden Werte sichtbar, die die Arbeit an der Zielerreichung vereinfachen. Das sind beispielsweise Aspekte wie Freude, Spaß, Freundschaft oder Anerkennung. Auch Interesse ist ein angenehmer Grundbaustein, eine Sache zu beginnen bzw. umzusetzen. Teamarbeit, so haben wir bereits festgehalten, ist immer an Ziele geknüpft. Vermutlich finden Sie in einiger Literatur Angaben darüber, dass Coaches empfehlen, Teamziele über Individualziele zu stellen. Ich halte das für falsch - sogar für fatal. Nur durch persönlichen Antrieb können Menschen in einer Gruppe bestehen, sich auf diese einlassen und nachhaltig motivierend wirken sowie motiviert werden. Entwickelt sich ein „Was“ auf einem „Warum“, ist von vornherein ein Teamwille möglich. Erschließt sich das „Warum“ während der Arbeit am „Was“, führt dies zu nachhaltiger Motivation. … Schlussendlich ist beides untrennbar miteinander verknüpft.

      Für jede Arbeitsgruppe, ganz gleich in welchem Bereich, gilt: Es bedarf eines Gruppenziels und individuell feststellbarer Einzelziele. Fehlt jemandem die Motivation, wird er im Team scheitern… allerdings nicht, weil er nicht in der Lage wäre, darin aktiv zu sein. Er kann das Team schlichtweg nicht im Vorankommen unterstützen, da ihm selbst die Muße fehlt, sich überhaupt zu bewegen.

      1.2 Teams und Werte

      In vielen Unternehmenscoachings hört man vier Begriffe: Werte, Ziele, Mission und Vision. Daran sollen die kulturellen Leitlinien eines Teams bzw. eines Unternehmens definiert werden. Nicht selten finden hierzu Workshops statt, in denen lustige Arbeitsblätter ausgefüllt und Motivationsreden geschwungen werden. Allerdings hilft das nur selten. Wesentlich wichtiger ist das Verständnis, dass Individualziele und Teamziele zueinander passen müssen.

      „Da Zielstellungen zu einem gewissen Teil immer(!) auch auf Werten beruhen, können wir zwar über diese sprechen, doch das führt am Ende nur zu einer ausufernden Diskussion ohne Ergebnis. Sehr gern möchte ich das am Beispiel eines Hochzeitstanzpaares erläutern:

      Klaas und Nancy buchten mich als persönlichen Tanztrainer. Sie ist adrett, höflich, lustig und dennoch zurückhaltend. Klaas ist stark extrovertiert, laut, sehr humorvoll und herzlich. Ein Paar, das man gern haben muss. Sie möchten einige Schritte und Figuren lernen, da sie nicht nur den Tanz auf der Hochzeit eröffnen, sondern auch eine kleine Showeinlage integrieren möchten. Alles kein Problem… theoretisch.

      Nancys Ziel besteht darin, sich an ihrem „großen Tag“ wie eine Prinzessin fühlen zu dürfen. Das möchte sie auch in vollen Zügen ausleben und genießen. Klaas will für seine tänzerische Leistung gefeiert werden. Für ihn zählt die Außenwirkung. Wir haben damit zwei scheinbar unterschiedliche Zielstellungen, denn für sie zählt das Gefühl, für ihn der äußere Eindruck.

      Beide Ziele basieren auf unterschiedlichen Werten. Allerdings müssen wir diese nur untergeordnet betrachten. Es geht vielmehr darum, zu überlegen, wie am Ende beide erreichen, was sie sich vornehmen, da hierdurch das gemeinsame Vorhaben, ein schöner Hochzeitstanz, umgesetzt werden kann.“

      Werte und die Motivation im Team

      Übertragen wir das Beispiel des Hochzeits(tanz)paares auf eine Situation im Geschäftsalltag. Nehmen wir an, Sie führen eine Gruppe von Menschen, die gemeinsam Umsatz erwirtschaften sollen. Das Teamziel ist damit definiert: „Umsatz generieren!“. Jetzt ist die Frage, ob jede*r einzelne ein Individualziel vorweisen kann, dass dem Teamziel dient und genau das ist häufig die Krux am gesamten Teamspiel.

      Sobald ein Mitglied Ihrer Arbeitsgruppe keinen Antrieb hat, sich am Vorankommen der Gruppe zu beteiligen, schlicht, weil es ihm*r egal ist, kann er*sie weder das Team befähigen noch sich selbst. Bei Vertriebsmitarbeiter*innen können beispielsweise der Drang, den eigenen Job möglichst gut zu erledigen, der Wunsch nach Anerkennung, Narzissmus oder schlicht Spaß am Umgang mit dem Produkt und den Kund*innen zu ungeahnter Motivation führen.

      © www.freepik.com

      Weshalb Teams scheitern

      Es gibt viele Gründe, weshalb Teams erfolglos bleiben oder auseinanderbrechen:

       unpassende Gruppenkonstellation (die Chemie stimmt nicht)

       die Führung funktioniert nicht

       die Aufgabenerfüllung bedarf keines Teams

       die Einzelpersonen erkennen den Sinn eines Teams nicht

       …

      „Vor einigen Jahren war ich in einem Unternehmen zu Gast, in dem ich mit den Kolleg*innen arbeitete. Die Aufgabe bestand darin, durch ein Teamevent auch herauszufinden, weshalb man grundlegend miteinander arbeitet, aber die Kooperation nicht intensiviert, um beispielsweise mehr Umsatz zu generieren. Die Antwort ist einfach: ‚Optimierung‘ war genauso wenig ein Ziel der Einzelpersonen wie das Schaffen eines ‚Mehrumsatzes‘. Von daher funktionierte zwar die Basisarbeit, aber nicht das ‚Mehr‘ an sich.“

      Tatsächlich gibt es kein Patentrezept, eine Mannschaft zum Erfolg zu führen. Sofern die Basis nicht stimmt - und das kommt nicht selten einem Lottospiel gleich - wird es schwierig. Beim Tanzen bedingt sich der Grundsatz daraus, dass kaum jemand diesen Sport erwählt, wenn er kein Interesse an der Bewegung, der Musik und dem Miteinander hat. Im Unternehmenskontext mag das abweichen: Auch Menschen, denen eine grundlegende Leistungsbereitschaft fehlt, gehen arbeiten. Allerdings sollte man sich an dieser Stelle immer auch überlegen, ob diese ein Team tatsächlich voranbringen oder nur behindern.

      Sonderfall: Man ist im Team nicht fähig

      Wie überall gibt es auch in Mannschaften und Arbeitsgruppen Sonderlinge. An sich nette Menschen, mit einem starken Interesse am Thema, fleißig und zielorientiert. Allerdings hängt es (ab


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