Ein erlesener Todesfall. Фиона Грейс

Ein erlesener Todesfall - Фиона Грейс


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konnte sich glücklich schätzen, diese beinahe schwindelerregend schöne Aussicht von diesem hochgelegenen Grundstück in der Toskana ihr Eigen zu nennen. Der dramatische Fernblick änderte sich jede Stunde, wenn sich die Sonne und die Schatten bewegten. Gerade ergoss sich das Morgenlicht über die fernen Hügel und betonte den Flickenteppich aus Weinfeldern, Weizenfeldern, Wäldern und Wiesen in Tönen aus Gold und Grün. Ein Gefühl von Fassungslosigkeit überkam sie, dass das nun ihre Heimat war, die Aussicht, die sie nun, da sie hier wohnte, jeden Tag genießen würde.

      Der Nachteil, ein so weit oben gelegenes Grundstück in einer hügeligen, trockenen Gegend der Toskana zu besitzen, war der steinige Boden. Es war wahrscheinlich nicht der beste Ort, den man kaufen konnte, wenn man sich das Ziel gesetzt hatte, Wein anzubauen und sein eigenes Label zu starten.

      Das war Olivias verrücktes Lebensziel, das mit nichts anderem als einem wilden Traum begonnen hatte. Nach einem unschönen Ende ihrer Beziehung mit ihrem Freund Matt in Chicago hatte Olivia ihren Job als Accountmanagerin in einer Werbefirma gekündigt und Charlottes Einladung angenommen, den Sommer mit ihr in der Toskana zu verbringen. Sie hatte einen neuen Job bei La Leggenda angenommen, die zum Verkauf stehende Farm entdeckt und aus einem Impuls heraus entschieden, ihr gemütliches Apartment in Chicago zu verkaufen und all ihr Geld in ihr neues Leben zu investieren.

      Sie hatte nicht die geringste Idee, ob sie das Zeug zur Weinfarmerin hatte oder ob dieses Land überhaupt fruchtbar war.

      Trockener Boden produzierte die besten Trauben. Dieser Fakt gab ihr Hoffnung.

      Allerdings mussten diese Trauben erst angebaut werden, und das war ein einschüchternder Ausblick.

      Olivia machte sich eine mentale Notiz, dass sie während ihrer Wanderung nach geeigneten Orten für den Anbau von Wein Ausschau halten würde.

      „Hiermit erkläre ich unseren Erkundungstag für eröffnet“, sagte sie. „Lass uns als erstes am Zaun entlang gehen.“

      Sie machten sich auf den Weg, rutschten und kletterten den steilen, steinigen Hügel hinab, bis sie die Grenze der Farm erreichten. Sie war von einem niedrigen Zaun umgeben – eine mickrige Umzäunung aus zwei Drähten, den man mit Leichtigkeit überschreiten konnte. Das war nicht genug, um eine Ziege damit zu beeindrucken. Das könnte ein Problem werden, denn Olivia hatte eine Ziege adoptiert.

      Naja, um genau zu sein, hatte die Ziege Olivia adoptiert.

      Erba, eine weiße Ziege mit orangenen Flecken, gehörte eigentlich zum Weingut, auf dem Olivia arbeitete, aber das Tier hatte Gefallen an ihr gefunden und hatte sich angewöhnt, ihr jeden Abend nach Hause zu folgen.

      Erba folgte ihr auch sonst überall hin, und als Olivia den Zaun erreichte, war sie nicht überrascht, eine kleine Ziege, die gerade noch an einer Geranie geknabbert hatte, begeistert auf sich zuspringen zu sehen.

      „Komm mit, Erba, lass uns sehen, ob wir unterwegs nicht ein paar wilde Kräuter für dich finden“, forderte Olivia sie auf und kraulte ihr den zotteligen Kopf. Erba war das italienische Wort für „Kräuter“, und Olivia musste zugeben, dass man ihr diesen Namen zurecht verpasst hatte.

      „Konntest du irgendetwas über die Farm rausfinden?“, fragte Charlotte, als sie auf das nächste Gebäude zugingen – eine große, massive Scheune, nur einen Katzensprung vom Haus entfernt.

      „Nein“, gestand Olivia. „Es ist und bleibt ein Geheimnis. Ich hatte gehofft, Gina, die pensionierte Dame, die mir das Grundstück verkauft hat, würde mehr wissen, aber sie hatte nicht die geringste Ahnung.“

      Die Unterhaltung, die Olivia mit der farbenfrohen, älteren Dame gehabt hatte, die in ihrem winzigen Fiat vorgefahren war, um ihr die Schlüssel zu überreichen, hatte sie überrascht. Sie hatte einen vollständigen Bericht über die Vergangenheit der Farm erwartet, aber Gina hatte ihr lediglich erzählt, dass sie das Grundstück von einem entfernten, verstorbenen Cousin geerbt hatte, der es vor einigen Jahren wiederum von einem Freund erstanden hatte, und sie wusste nichts weiter über ihren Hintergrund.

      Gina und ihr Mann hatten die Farm nur einige Male besucht, weil ihr Mann durch seine Handtaschenfabrik stets vielbeschäftigt war. Sie hatten überlegt, hier ihr Rentenalter zu verbringen, aber letzten Endes hatten sie entschlossen, in ihrem Haus in Florenz zu bleiben, nahe bei ihren Familien und Freunden.

      „Vielleicht finden wir unterwegs ein paar Hinweise“, sagte Olivia.

      Sie hoffte, dass die Scheune ihnen erste Anhaltspunkte liefern würde.

      Das erste Mal, als sie einen Blick hinter die hohen Steinwände geworfen hatte, hatte sie gedacht, dass das das perfekte Hauptquartier zur Weinherstellung sein würde. Zwar war der Boden an einigen Stellen eingebrochen und die Türen waren schon lange nicht mehr vorhanden, aber sie stellte sich vor, dass einige glänzende Stahlkessel und Eichenfässer entlang der Innenwände ihr wieder zu altem Glanz verhelfen würden.

      Das Sonnenlicht, das durch die große Lücke fiel, an der einst die Türen gewesen waren, deutete an, dass die Scheune offensichtlich schon jahrelang leer und verlassen war. In der hinteren Ecke lag ein Haufen aus Bauschutt. Olivia würde den irgendwann hinausschaffen müssen oder jemanden beauftragen, es für sie zu tun, denn es schienen ein paar schwere Steine dabei zu sein.

      Sie war enttäuscht, dass sie in der Scheune keine weiteren Informationen fanden.

      „Meinst du, sie hatten einst Vieh hier drin?“, fragte Charlotte perplex.

      Wenn ja, wieso gab es dann keine Anzeichen dafür? Es gab definitiv keine sichtbaren Zäune auf der Farm, ganz zu schweigen von gutem Weideland für Tiere.

      Erba sprang über den niedrigen Drahtzaun und steuerte entschlossen einen wilden Rosenbusch an, der auf der anderen Seite wuchs.

      „Vielleicht Hühner?“, wagte Olivia einen Vorschlag. Hühner waren durchaus möglich. Vielleicht war diese Scheune einst ein sicherer Schlafplatz für die Nacht gewesen.

      Sie ließen die Scheune hinter sich und folgten dem Zaun auf einen grasbewachsenen Bergkamm und dann weiter den Hügel hinauf. Olivia war wie verzaubert von einem versteckten Hain mit Wacholderbüschen in einer Krümmung der Hügel, die Sträucher voll von den unverwechselbaren, violetten Beeren, und der großen, markanten Flaumeiche, die den Blickfang der Bergkuppe bildete.

      Am hinteren Ende der Farm entdeckten sie ein scheinbar sehr altes, zerfallenes Bauwerk mit nur mannshohen Wänden und ohne die geringste Spur eines Dachs. Olivia fragte sich, ob das vielleicht einst das ursprüngliche Farmhaus gewesen war, das man aufgegeben hatte, als es langsam verfallen war, und man danach ein neues an der sonnigeren Seite des Hanges gebaut hatte. Sie untersuchte es nicht genauer, aus Angst, dass alle evakuierten Spinnen sich vielleicht in dieser gemütlichen Ruine eingerichtet hatten.

      Hinter dem Farmhaus wuchsen ein paar Haselnusssträucher mit einer reichen Auslese an reifenden Nüssen an ihren schlanken Ästen. Olivia liebte Haselnüsse. Sie war angetan von dem Gedanken, dass sie jederzeit einen Spaziergang zu dieser Seite der Farm unternehmen und einige zum Frühstück pflücken konnte, sobald sie reif waren.

      Sie folgten dem Zaun, der bald an den ruhigen, sandigen Weg grenzte und dann wieder zurück zum Farmhaus führte. Obwohl es ein toller Tag gewesen war, um die hier wachsenden Bäume zu bestaunen, musste Olivia zugeben, dass die Tour ihnen wenig sonstige Hinweise geliefert hatte.

      Doch da stieß Charlotte einen begeisterten Schrei aus und deutete auf ein halb verstecktes Gebäude in einer Ansammlung von Hagedornbüschen voll weißer Blüten.

      „Da oben ist noch ein Gebäude. Schau!“

      Ein Blick auf die Farbe der Steinmauern sagte Olivia, dass dieses Gebäude vermutlich zur selben Zeit errichtet worden war wie die alte Farmhausruine.

      Sie stiegen hastig den steilen Berg hinauf. Olivia hatte ein gutes Gefühl bei diesem kleinen, quadratischen, von Bäumen verdeckten Gebäude. Sie hatte sich nie träumen lassen, dass es existierte, und war sich sicher, dass sie dort etwas Aufregendes finden würden.

      Sie bahnte sich ihren Weg über den sandigen Untergrund und atmete den Duft der wilden Lavendelbüsche ein, die über ihre Beine strichen. Als sie sich dem Gebäude näherten, sah sie ein kleines Fenster, eher ein Luftschacht,


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