Ich habe mich getraut. Trau dich auch!. Lisbeth Bischoff

Ich habe mich getraut. Trau dich auch! - Lisbeth Bischoff


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      Auf seiner Website (www.stixsteps.de) schreibt er: »Ich will die nächste Generation inspirieren … So können die Menschen sehen, dass keine Behinderung zu groß oder einschränkend ist, um jemanden vom Tanzen abzuhalten. Meine Hoffnung als Künstler ist, der Welt zu zeigen, dass es in jedem Menschen eine schöpferische Seele gibt, ganz gleich, ob er eine Behinderung hat oder nicht.«

      Achtzig Millionen Alben/CDs hat er bis heute verkauft. Die Rede ist von dem italienischen Sänger Andrea Bocelli. Damit ist er der Tenor mit den weltweit meistverkauften Tonträgern. Der 56-Jährige zählt zu den erfolgreichsten italienischen Sängern, die sich auch international einen Ruf geschaffen haben. Aufgrund einer Augenkrankheit ist Andrea Bocelli vollkommen blind, was ihm jedoch nichts von seiner Lebensfreude genommen hat.

      Mit 89 Jahren hat die Engländerin Helen Tew in einem Segelboot den Atlantik überquert. Elf Monate dauerte die Reise. Sie erfüllte sich diesen Traum, nachdem sie siebzig Jahre davon geträumt hatte. Sie starb 2004 im Alter von 92 Jahren. In einem Interview sagte sie: »Höre nicht auf die Pessimisten. Es gibt immer jemanden, der dir erzählen will, dass du etwas nicht tun kannst, weil es zu schwierig oder zu gefährlich sei, weil du zu jung oder zu alt seist. Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt für etwas. Tu es einfach. Es ist nie zu spät, die Dinge zu tun, die du schon immer tun wolltest.«

      Ja, ich tue es einfach! Obwohl ich mir wie nackt vorkomme, als ich Gerhard zum ersten Tanztraining treffe: Ich weiß, ich kann nicht tanzen. Natürlich habe ich wie alle meine Schulkolleginnen und -kollegen mit 16 Jahren eine Tanzschule besucht, habe Walzer, Tango, Quickstepp und Cha-Cha-Cha gelernt – doch in mir keimt eine Ahnung, dass das hier rein gar nichts mit Tanzen zu tun hat. Das ist eine allumfassende Erfahrung, die nicht nur den Körper neu formen, sondern auch tief ins Gefühlsleben eingreifen wird.

      Wie schön liest sich die Definition von »Mut« bei Wikipedia: »Mut, auch Wagemut oder Beherztheit, bedeutet, dass man sich traut und fähig ist, etwas zu wagen, das heißt, sich in eine gefahrenhaltige, mit Unsicherheiten verbundene Situation zu begeben.«

      Und ich agiere so, wie es dereinst der schottische Schriftsteller Robert Louis Stevenson, bekannt geworden vor allem durch den Jugendbuchklassiker Die Schatzinsel und die Schauernovelle Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde niedergeschrieben hat: »Behalte deine Ängste für dich, aber teile deinen Mut mit anderen.«

      Ich teile gerne! Auch in der Hoffnung, dass dann die Ängste für mich weniger werden – ein Irrtum. Denn man kann nicht teilen, was man nicht hat.

      Im Allgemeinen versteht man unter Tanz rhythmische Bewegungen des Körpers, die von Musik begleitet werden. Sie verleihen seelischen Zuständen Ausdruck, können somit auch dramatische Vorgänge wiedergeben. Tanz liegt uns im Blut, heißt es. Ein Säugling erlebt bereits im Leib der Mutter durch deren Herzschlag den Takt. Es ist die einfachste Form des Rhythmus, wie wir es auch vom Aufstampfen mit dem Fuß kennen.

      Die Tänze aus Amerika wie der Foxtrott, Shimmy, Charleston, Boogie-Woogie aus dem Norden und Tango, Samba und Rumba aus dem Süden haben mehr und mehr die »eigenen« traditionellen Tänze in den europäischen Städten verdrängt. Im Dritten Reich wurden sie als »undeutsch« abgetan, konnten sich aber trotzdem weiter behaupten.

      Der Walzer hielt sich bei den vielen Tanzmoden mit Twist, Rock ’n’ Roll, Mambo, Bossa nova und vielen anderen erstaunlich gut und zählt bis heute mit Langsamem Walzer, Tango, Slowfox und Quickstepp zu den fünf Standardtänzen der Tanzturniere, während Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, Paso doble und Jive zur lateinamerikanischen Disziplin gehören.

      Ursprünglich war Tanz die Lebensäußerung des Menschen und bei Naturvölkern weit verbreitet, meist mit religiösen Vorstellungen verknüpft: Tiertänze, Liebestänze, Fruchtbarkeitstänze, Maskentänze, Tänze bei Jugendweihen und bei Treffen von Männerbünden, Kriegstänze etc.

      Coaching kommt von Kutschieren. Coaches bugsieren uns durch unser Leben, wenn etwas nicht so läuft, wie man es sich vorstellt, oder wenn man etwas Neues anfangen will.

      Heute dient vor allem der Paar- und Gruppentanz der gesellschaftlichen Unterhaltung. Dass Paartänze erst seit dem 14. Jahrhundert bekannt sind, das hat mich wirklich überrascht. Die höfischen Tanzformen wie Gavotte oder Courante, die Gesellschaftstänze der vornehmen Gesellschaft Europas, erreichten ihre höchste Entfaltung im Menuett am Hof Ludwigs XIV. Ende des 17./Anfang des 18. Jahrhunderts. Zu bewundern in einem meiner Lieblingsfilme: Der König tanzt (Originaltitel: Le Roi danse) des belgischen Regisseurs Gérard Corbiau aus dem Jahr 2000. Das Musikdrama handelt vom Glanz und Elend des gebürtigen Florentiners Jean-Baptiste Lully, der jahrzehntelang Komponist am französischen Hof und Tanzlehrer Ludwigs XIV. war. Er verkraftete schließlich den Liebesentzug seitens des von ihm abgöttisch geliebten Sonnenkönigs nicht …

      Tanzlehrer sind Hochleistungssportler. Sie sind auch Berater, Karriere-Flüsterer oder wie es neuzeitlich heißt: Coaches.

      Coaching kommt von Kutschieren. Coaches bugsieren uns durch unser Leben, wenn etwas nicht so läuft, wie man es sich vorstellt, oder wenn man etwas Neues anfangen will.

      Bevor ich mich auf Schritt und Tritt in die Tanzwelt begeben habe, ist mir ein Motivationstrainer begegnet, der großen Eindruck bei mir hinterlassen und in mir Großartiges verändert hat: der ehemalige Spitzensportler und heutige Golfpro Franz Laimer. Ich besuchte seine Golfschule in Bad Ischl auf Anraten eines Freundes (»Ist dein Schwung im Eimer, geh zum Laimer«). Franz Laimer ist mehrfacher österreichischer Staatsmeister, Teilnehmer an Europa- und Weltmeisterschaften und hat national wie international über achtzig Turniere gewonnen. Seit 1978 betreibt er mit beachtlichem Erfolg seine Golfschule.

      Und wie ich da mit viel Ambition als Golf-Newcomerin auf der Driving Range stehe und Franz meinen Golfschwung vorführe, sagt er: »Lisbeth, du kannst dich ja toll bewegen!«

      Mir stockt der Atem – ich und Bewegung – zwei Begriffe, die sich nicht vereinen lassen, nicht, wenn es um meine Person geht. Das habe ich noch nie gehört, dass ich mich gut, nein, toll bewegen kann – mein Trauma aus der Schulzeit, Stichwort »Turnunterricht« …

      Und siehe da, Franz Laimers Worte zeigen Wirkung: Ich bewege mich plötzlich ganz selbstverständlich mit mehr Sicherheit und vor allem Selbstbewusstsein. Als er mich nach meinem Ziel fragt, welches Handicap ich am Ende des Jahres haben möchte, antworte ich vom Starthandicap -45 ausgehend: HC -39. Das Handicap im Golf ist eine Kennzahl, die die ungefähre Spielstärke eines Golfers beschreibt. »Das ist doch kein Ziel für dich«, sagt er, »Handicap -30, das ist ein Ziel.« Franz hat in mir die Freude und Begeisterung fürs Golfspielen geweckt. Und er hatte recht: Ich habe das Ziel mit dem neuen Handicap am Ende des Jahres sogar unterschritten: -29,2.

      Solch eine Portion an Motivation könnte ich auch jetzt vor der Tanzshow fürs Training gebrauchen. Einen Coach, der mir Selbstbewusstsein einimpft, mir Mut macht. Gleich einem Kutscher, der sein Pferd vorwärts pfeift, kann der richtige Coach mir ordentlich Gas geben, indem er mir quasi und nur bildhaft einen Tritt in den Hintern verpasst, mich vorantreibt und pusht. Einen Coach als Verbündeten, wie ihn Topmanager oder Politiker schon lange beschäftigen, der mein Selbstwertgefühl aufmöbelt, mein Selbstvertrauen auffrisiert. Der sozusagen als Pannendienst (nicht zu verwechseln mit Psychotherapie) fungiert.

      »Jeden Abend solltest du deine Füße eincremen. Denn wenn die Haut deiner Füße weich ist, dann ist dein ganzer Körper geschmeidig.«

      Gerhard überreicht mir ein Notizbuch, in das ich alle Erlebnisse, Ärgernisse, Freuden, einfach alles, was mich bei »Dancing Stars« beschäftigt, hineinschreiben soll. Und dann bekomme ich noch eine Tube Fußcreme mit dem Hinweis: »Jeden Abend solltest du deine Füße eincremen. Denn wenn die Haut deiner Füße weich ist, dann ist dein ganzer Körper geschmeidig.« Die kleine Tube wird mein Balsam für die Seele.

      DIE ANNÄHERUNG: SCHWEISSHÄNDCHEN

      Die Annäherung erfolgt zögerlich: Hier bin ich, hier steh ich – also tun wir.

      Das erste Mal, das erste Training, der erste Schritt, ein zweiter, ein dritter – wir nähern uns dem ersten Tanz, den ich lernen soll: Langsamer Walzer, der


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