Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King. Andreas Suchanek

Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King - Andreas Suchanek


Скачать книгу
schien es eh nicht zu kümmern, er nickte nur, schloss die Tür und kam um den Wagen zu ihr gelaufen.

      »Hi«, sagte er.

      »Hi«, erwiderte Olivia und wartete, ob er sich für die Verspätung entschuldigen würde. Aus der Nähe erkannte sie, dass seine Haare noch etwas feucht waren, als wäre er gerade aus der Dusche gekommen. Und er roch nach einem dezenten Aftershave, obwohl die Bartstoppeln an seinem Kinn darauf hindeuteten, dass er sich nicht rasiert hatte.

      »Ist alles in Ordnung?«, fragte Chris. »Du glotzt mich an, als hätte ich irgendwo Essensreste am Hemd hängen.« Er schaute an sich hinab, überprüfte sein weißes Hemd auf Flecken.

      Olivia schüttelte sich. »Äh, nein, hast du nicht, aber du bist zu spät. Ich stehe mir hier seit fast zwanzig Minuten die Beine in den Bauch.«

      Er ließ von seinem Hemd ab und zuckte die Schultern. »Tja, kommt vor. Wollen wir rein? Der Boss braucht sein Auto in einer halben Stunde wieder.«

      Olivias Mund klappte auf. »Höflichkeit ist nicht so deine Stärke, oder? Ich bin hier, weil ich dir helfen will und nicht, weil ich nichts Besseres mit meiner Zeit anzufangen weiß.«

      Chris schnappte Luft, um etwas zu erwidern, doch er schwieg.

      Olivia stemmte die Hände in die Hüften. Sie war diesem Kerl nichts schuldig, egal wie gut er aussah. »Ich gehe jetzt«, sagte sie und drehte um. »Sieh zu, wie du alleine zurechtkommst.«

      »Warte«, rief er ihr nach und packte sie am Ellenbogen.

      Olivia starrte auf seine Hand an ihrem Arm und machte sich los. Er nahm die Sonnenbrille ab, fuhr sich durchs Gesicht und seufzte.

      »Ich wollte nicht pampig sein und mich auch nicht verspäten. Mir ist klar, dass du mir nur helfen willst.« Er blickte zu Boden und kickte einen Stein weg. »Bitte entschuldige. Ich stehe etwas unter Strom im Moment.«

      »Wer nicht?«

      Chris sah auf und Olivia direkt in die Augen. Um seine linke Iris zog sich ein grüner Ring. Ein schöner Kontrast zu dem restlichen Braun. »Es tut mir wirklich leid. Ich wollte deine Zeit nicht überbeanspruchen. Wenn du also noch magst, würde ich mich freuen, dir die Galerie zu zeigen.«

      Olivia schürzte die Lippen, schluckte ihren verletzten Stolz herunter und nickte. »Also gut. Lass uns reingehen.«

      Er lächelte leicht. »Dort entlang, bitte.« Chris deutete auf einen Weg, der um das Gebäude herumführte. Nach einigen Minuten gelangten sie an eine Stahltür. Er kramte einen Schlüsselbund heraus. Neben dem Schloss war ein Display mit Zahlen angebracht. Chris tippte eine Nummer ein, drehte den Schlüssel und die Tür öffnete. Er ließ Olivia den Vortritt.

      Klappt doch mit den guten Manieren. Drinnen sprang sofort ein Bewegungsmelder an und erleuchtete den Gang, in dem sie standen. Die Luft war angenehm kühl, es roch nach Kunststoff und Reinigungsmittel. Vielleicht hatte schon eine Putzfrau angefangen, die Sauerei zu entfernen.

      »Dann lass mal hören, wie hast du dir das vorgestellt?«, fragte er, während sie durch den Flur liefen.

      »Ein Freund von mir, Randy, wollte dazu kommen.« Sie hatte vorhin mit ihm telefoniert und er sagte, er würde noch etwas benötigen, bevor er sich mit Olivia in der Galerie treffen konnte, und sie solle schon mal vorgehen. »Er ist ein kleiner Neek und hat bestimmt eine Idee.«

      »Neek?«

      »Ja, äh … eine Mischung aus Nerd und Geek: Neek eben.« Den Kosenamen hatte Mason sich ausgedacht.

      »Aha.«

      Sie sah zu Chris hinüber. Er hatte die Sonnenbrille in die Haare gesteckt und sah wirklich zum Anbeißen aus. »Hat sich die Polizei denn schon bei euch gemeldet?«

      »Nein. Der Boss hat mit dem Sheriff gesprochen, aber der hat ihm wenig Hoffnung gemacht. Wenn sich übers Wochenende nichts ergibt, werden wir wieder abreisen, denn dann war es das mit Ausstellung und Wettbewerb.« Chris schüttelte den Kopf. »Für Lucian ist das keine große Sache. Er macht weiter, als wenn nichts geschehen wäre«, sagte er leise. »War ja auch nur mein Traum, der da geplatzt ist. Meine erste große Ausstellung, mein Sprungbrett in die nächsten Kreise, meine …« Chris unterbrach sich und winkte ab. Offenbar hatte er mehr verraten, als er wollte.

      »Das tut mir leid«, sagte Olivia.

      Chris schnaubte nur, öffnete eine Doppeltür und ließ Olivia erneut den Vortritt. Sie standen jetzt in der Halle, in der die Kunstwerke ausgestellt wurden. Olivia hatte sie vor ein paar Tagen nur von draußen gesehen. Seither hatte sich einiges verändert. Die Ausstellungsstücke waren zur Seite geräumt worden, die Bilder abgehängt und ein Teil der Schmierereien war bereits weggewischt worden. Das große Fenster zur Straße hin war ebenfalls ersetzt worden.

      »Ihr wart aber schnell mit dem Saubermachen«, sagte Olivia.

      »Die Polizei meinte, es wäre in Ordnung. Rebecca hat schließlich die Putzfrau beauftragt, die Schmiererei wegzuwischen. Ich schätze, sie will so schnell wie möglich wieder für Ordnung sorgen.«

      Olivia durchquerte den Ausstellungsraum. Ihre Sneakers quietschten auf dem Linoleumboden. »Ist sie nicht daran interessiert, den Fall aufzuklären?« Ihre Stimme hallte in dem hohen Raum wider.

      Chris zuckte die Schultern. »Ich kann Rebecca nur schwer einschätzen. In der einen Minute ist sie total euphorisch wegen einer Sache – und in der nächsten verliert sie das Interesse daran. Wenn du mich fragst, wirft sie irgendwelche lustigen Pillen ein. Wie heißt diese neue Partydroge noch mal?«

      »Black Flash.«

      »Richtig. Davon hatte uns der Bürgermeister erzählt, als wir bei ihm letzte Woche zu Gast waren.«

      »Der Bürgermeister lädt euch ein?«

      »Der Boss wird zu allem und überall hin eingeladen«, sagte Chris. »Er hat bereits einen Fototermin mit ihm vereinbart, um eine neue Portraitreihe zu schießen. Vom Präsidenten der Vereinigten Staaten zum Bürgermeister von Barrington Cove«, erzählte er weiter. »Lucian knipst alles, wenn der Preis stimmt.«

      »Und der wird nicht billig sein.«

      »Mindestens fünfstellig, damit er überhaupt sein Stativ auspackt.«

      Olivia hob die Augenbrauen und schmunzelte. »So nennt man das also heutzutage.«

      Chris sah sie eine Sekunde verdutzt an, dann legte er den Kopf in den Nacken und lachte schallend. »Das war nicht annähernd so anzüglich gemeint, wie es geklungen hat.«

      Olivia gab ihm einen Stups gegen den Ellbogen. Chris lächelte noch immer, als er ihre Hand abwehrte. Olivia lief weiter und ließ sich die Summe noch mal durch den Kopf gehen. Fünfstellig! Und das nur dafür, dass Lucian anrückte und sein Equipment aufbaute. Sie musste irgendwie Zugang zu dieser Welt erhalten. Das wäre die Möglichkeit, ihre Eltern zu entlasten, sie könnte jede Behandlung von Dad bezahlen, eine neue Wohnung suchen. Maria könnte in einem gesünderen Umfeld aufwachsen. All das war machbar, wenn Olivia nur in dieser Branche Fuß fassen könnte.

      Chris blieb in der Mitte der Halle stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Also, mit was willst du anfangen?«

      Ich würde gerne wissen, ob du eine Freundin hast oder nicht … »Tja, ich weiß nicht. Bis Randy kommt, könnten wir uns ja vielleicht die Überwachungsvideos anschauen. So was habt ihr hier doch sicherlich.«

      »Ja, aber dreimal darfst du raten, was in der Nacht des Einbruchs nicht funktioniert hat.«

      »Ist nicht wahr.«

      »Sie haben alle nur Rauschen aufgenommen. Das war das erste, was die Polizei überprüft hat. Der Einbrecher hatte sie vorher kurzgeschlossen.«

      »Verdammt.« Olivia kaute auf ihrer Unterlippe und blickte sich um. Sie deutete auf die roten Kleckse auf den Wänden, die noch nicht abgewischt worden waren. »Ist das eigentlich Blut?«

      »Nein. Rote


Скачать книгу