Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King. Andreas Suchanek

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das einzige war, was sich hier zusammenbraute. Und dieses Andere war wesentlich düsterer und äußerst bedrohlich.

      *

      Bei Randy zu Hause

      Randy steckte den Schlüssel ins Schloss und rüttelte. Was war denn los, warum ließ der sich heute so schwer drehen, klemmte das Schloss? Er stellte seine Sporttasche mit den Klamotten, die er für die Übernachtung bei Mason dabei gehabt hatte, ab und zog mit einer Hand die Tür am Knauf zu sich, während er mit der anderen nochmals am Schlüssel drehte. Endlich sprang die Tür auf. Er würde nachher mal einen Tropfen Feinöl ins Schloss träufeln, nicht dass seine Tante Barbara dann vor verschlossener Tür stehen musste, wenn sie von ihrer zweitägigen Fortbildung zurückkam. Pfeifend ging er direkt ins Bad, um die gebrauchte Wäsche wegzubringen. Der Wäschekorb lag umgeworfen da, die schmutzige Kleidung auf dem Boden verteilt. War die Nachbarskatze wieder heimlich zur Tür hineingeschlüpft? Doch sie war nicht zu sehen.

      An der Küchentür blieb er wie angewurzelt stehen. Sämtliche Schranktüren und Schubladen waren aufgerissen, Cornflakes lagen auf dem Boden verstreut, der Küchenstuhl war umgekippt. Eine eisige Kälte kroch in ihm hoch. Er überwand die Starre und hastete weiter. Auch im Wohnzimmer lag alles kreuz und quer – der Sessel war umgeworfen. Randy raste, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, nach oben in sein Zimmer.

      Der Anblick traf ihn wie ein Hieb mit einem Baseballschläger. Kreuz und quer lagen die Elektronikteile über sein Zimmer verstreut, sein Flachbildschirm war umgekippt. Er stöhnte. Unter seinem Schreibtisch klaffte eine riesige Lücke. Sein Tower fehlte!

      Er hielt sich am Türrahmen fest, seine Knie drohten nachzugeben. Atme, Randy! Tief holte er Luft und tastete sich vorsichtig voran, um auf nichts zu treten. Er musste den Schaden überblicken. Ein altes Notebook war weg, aber das war kein großer Verlust. Shit! Vincents Laptop, den er auseinander gebaut hatte, um den Lüfter zu montieren, lag auf dem Boden. Der Bildschirm war aus der Halterung gerissen und hatte einen großen Sprung. Randy wurde schlecht.

      Irgendwo klackte es. Er zuckte zusammen. Fuck! Was, wenn der Einbrecher noch im Haus war? Vorsichtig schob er die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen. Mit zittrigen Händen fischte er sein Smartphone aus der Hosentasche. Polizei rufen? Damit womöglich Sheriff Bruker, ihr alter Widersacher, hier in seinen Sachen wühlte? Auf gar keinen Fall!

      Randy wählte Masons Anschluss.

      Geh schon ran, Mason, du Schwachkopf!, feuerte er ihn in Gedanken nach dem sechsten Läuten an. Mailbox. Randy legte auf und ließ es wieder läuten. Mensch, Mason! Nach dreimaligem Läuten ging er ran.

      »Wer stört mich auf dem Klo?«, witzelte er.

      Randy reagierte nicht auf die Begrüßung. »Bei uns wurde eingebrochen!«

      In der Leitung war es kurz still. »Ach, du Scheiße! Hast du die Bullen gerufen?«

      »Den Arsch Bruker?«

      »Stimmt. Warte mal, mein Dad war zum Mittag da.«

      Randy hörte Gemurmel im Hintergrund. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt.

      »Okay, mein Dad kümmert sich darum. Ich melde mich sofort wieder bei dir.«

      Und bevor Randy antworten konnte, hatte Mason schon aufgelegt.

      Verdammt, als Erstes musste er wissen, ob noch jemand im Haus war. Eine Waffe! Er brauchte eine Waffe! Er griff den großen, schweren Akku-Strahler – der wog sicher gute zwei Kilo. Mit der anderen Hand umklammerte er sein Smartphone in der Hosentasche. Dann schlich er sich mit hämmerndem Herzen nach draußen. Er spitzte die Ohren – es war nichts zu hören.

      Auch im Schlafzimmer seiner Tante herrschte Chaos, Kleider lagen kreuz und quer. Der Vorhang bauschte sich auf. Randy hätte beinahe vor Schreck die Lampe fallenlassen. Doch es war nur eine Böe durch das gekippte Fenster gekommen – die Jalousie war nur halb geschlossen. Es blieb still. Mit dem Rücken an der Wand schob er sich wieder nach draußen. Sein Herz raste. Er zuckte zusammen, als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen, als sein Telefon in der Tasche anfing zu brummen.

      Mason. Randy drückte auf die Rufannahme.

      »Mein Dad hat Deputy Sachsen alarmiert. Du sollst bleiben, wo du bist, und nichts anfassen oder verändern, sagt der Deputy«, wies Mason ihn an. »Er ist gleich bei dir.«

      »Okay«, wisperte Randy. »Ich wollte nur schauen, ob noch jemand im Haus ist.«

      »Bist du des Wahnsinns?«, fuhr Mason auf. »Rühr dich nicht und spiel nicht den Helden. Ich komm auch gleich, mach mich gerade auf den Weg.«

      Randy brummte nur als Antwort. Er und Held spielen – das sagte der Richtige!

      Doch kaum hatte er aufgelegt, läutete auch schon die Türglocke. Er flitzte runter und spähte durch den Spion. Deputy Sachsen stand draußen, mit einer jungen Kollegin, die er als Officer Anders vorstellte, als Randy geöffnet hatte. Als sie ihn mit »Mr. Steinbeck« ansprachen, winkte er ab und bat, ihn »Randy« zu nennen.

      Die beiden Polizisten durchsuchten zuerst das Haus. Ein surreales Bild, wie sie mit gezückten Waffen durch die Räume gingen. Es war jedoch keiner mehr da, der Einbruch war sicherlich in der Nacht erfolgt. Sie rekonstruierten anhand der Kratzspuren, dass der Einbrecher es vermutlich zuerst an der Tür versucht hatte, das Sicherheitsschloss jedoch nicht aufbekommen hatte, dann hatte er wohl die Terrassentür aufgehebelt, auch hier war eine Kerbe in der Tür.

      »Leider ist es bei vielen Balkontüren relativ einfach, sie zu öffnen, euer Schloss hilft da nicht viel. Wenn ihr länger weg seid, lasst bitte unbedingt immer die Jalousie herunter«, legte der Deputy ihm nahe.

      Randy nickte. Irgendwie war er immer noch wie vor den Kopf geschlagen, er kam sich vor, als passierte alles um ihn herum wie im Nebel.

      »Hast du deine Tante schon angerufen?«, fragte der Deputy.

      Randy verneinte. »Ich würde sie wirklich nur ungerne stören, die Schulung ist wichtig für sie. Und … es ändert ja nichts mehr daran, wenn sie es später erfährt, oder?« Er biss auf seine Unterlippe. »Müssen wir sie denn anrufen?«

      »Nein, von uns aus nicht, wir können auch später mit ihr reden. Wenn es für dich okay ist, deine Aussage allein zu machen?«

      Randy nickte.

      »Stört es dich, wenn ich unser Gespräch auf Band aufnehme?« Der Deputy grinste verlegen. »Ich kann meine eigene Sauklaue meist nicht mehr lesen.«

      Randy lächelte schwach. »Nein, natürlich nicht.«

      Der Polizist schaltete sein Gerät an. »Wusste denn jemand davon, dass das Haus heute Nacht leer steht?«

      »Nun ja, das gesamte Krankenhaus weiß, dass meine Tante Fortbildung hat – sie ist Krankenschwester und macht gerade eine Zusatzausbildung zur OP-Schwester. Und dass ich heute bei Mason übernachtet habe – puh!« Er versuchte zu rekapitulieren. »Nur Danielle und Olivia, Freundinnen von uns. Und natürlich Masons Eltern. Ach ja, und ein Kollege von Mr. Collister, der kurz vorbeikam – aber sicher niemand, der an einem Einbruch bei uns interessiert sein könnte.«

      Der Deputy tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen und pustete dagegen. Es sah aus, als wollte er etwas sagen, doch dann verwarf er es wohl wieder, denn er wandte sich an Officer Anders, die alles fotografiert hatte und nun mit irgendeiner Speziallampe die Wände und Böden nach Fingerabdrücken und Spuren ableuchtete und einscannte. »Schauen Sie bitte auch noch im Garten nach, ob Sie etwas finden.«

      Mit entschuldigendem Gesichtsausdruck wandte er sich an Randy. »Leider stehen uns für Einbrüche keine großen Spurensicherungs-Teams zur Verfügung, wie du sie vielleicht aus dem Fernsehen kennst, da der – ich nenne es mal – Schaden zu gering ist und die Erfolgsquote einfach zu niedrig, aufgrund irgendwelcher Spuren Einbrecher dingfest zu machen. Meist ergibt es sich dann eher, dass das Diebesgut sichergestellt


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