Einrichtung von Compliance Management Systemen (CMS) im Krankenhaus. Christian Corell

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vorzustellen und ihre Funktion zu beschreiben.

      4.2 Tone at the middle und tone from the middle

      Mit welcher Häufigkeit begegnet ein Krankenpfleger, eine MTRA oder ein Koch im Krankenhaus dem Geschäftsführer oder Vorstand direkt? Wie intensiv sind solche Kontakte? Auch ein Geschäftsführer, dem direkter Mitarbeiterkontakt wichtig ist, kann nicht die Führungskraft sein, welche die Mitarbeiter im gewöhnlichen Arbeitsalltag als »Chef« erleben. Es ist das mittlere Management, dem Mitarbeiter tatsächlich kontinuierlich begegnen, das Weisungen gibt und von dem die tatsächliche »Modellfunktion« auch hinsichtlich Einstellungen und Werten ausgeht. Für die große Mehrheit der Beschäftigten eines Krankenhauses wird diese Funktion durch Ärzte und Pflegedienstleitungen ausgefüllt.

      Deshalb spielen diese Führungskräfte die Schlüsselrolle für den Transfer des Compliance-Bekenntnisses von der Krankenhausleitung zu jedem einzelnen Mitarbeiter. Auch hier muss das Reden unbedingt mit dem für die Mitarbeiter sichtbaren Handeln der Führungskraft übereinstimmen.

      Das bedeutet für die Geschäftsleitung, beides vom mittleren Management einzufordern: Sowohl das persönliche, vorbehaltlose Bekenntnis zu Compliance als auch das aktive Bemühen um Compliance im persönlichen Verantwortungsbereich. Denn Compliance-Verantwortung ist untrennbarer Teil jeder Führungsverantwortung, egal ob diese wie bei der Geschäftsleitung umfassend gilt oder sich wie im mittleren Management nur auf Ausschnitte bezieht.

      4.3 Klinikweiter Verhaltenskodex

      4.3.1 Formale Gesichtspunkte

      Die Selbstverpflichtung des Managements, die sich in einem Compliance-Bekenntnis ausdrückt, sollte in einem zentralen Verhaltenskodex (oder vergleichbarer Name) mit Aufforderungscharakter niedergelegt sein. Dieser Kodex richtet sich direkt an alle Mitarbeiter. Darin wird der Compliance-Anspruch auf wesentlichen Handlungsfeldern eines Krankenhauses konkretisiert.

      Unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten ist eine formale Verpflichtung der Mitarbeiter auf den Verhaltenskodex sinnvoll. Sie verleiht dem Compliance-Anspruch in einer Art und Weise Nachdruck, wie dies bei Beamten durch den Amtseid erfolgt. Falls möglich, bietet sich alternativ der Abschluss einer Betriebsvereinbarung an. Auf diese Weise können auch mitbestimmungspflichtige Sachverhalte (z. B. Wertgrenzen) im Verhaltenskodex behandelt werden.

      Der Verhaltenskodex sollte zusammen mit dem Compliance-Bekenntnis der Krankenhausleitung (image Kap. 4.1.2) zentraler Gegenstand der Compliance-Kommunikation sein. Dementsprechend sollten sämtliche dafür geeigneten Kommunikationskanäle zum Startzeitpunkt des CMS auch für den Verhaltenskodex genutzt werden.

      Aus den Risikomaßnahmen im Compliance-Risikomanagement (image Kap. 6.6) und im Compliance-Programm (image Kap. 7) leiten sich konkrete Handlungsanforderungen (»To-dos«) für die Führungskräfte ab.

      4.3.2 Inhalt

      Da der Verhaltenskodex die Grundanforderung der Compliance in der alltäglichen Arbeitswelt der Mitarbeiter anspricht, besteht die Herausforderung, die Balance herzustellen zwischen einer als realistisch und vollständig wahrgenommenen Themenabdeckung einerseits und einem noch lesefreundlichen Gesamtumfang andererseits. Ein Lösungsansatz liegt darin, allgemeinverständliche, übersichtliche und prägnante Regelungen zu formulieren. Dabei empfiehlt es sich, eher Prinzipien und Werte zu benennen, da der Verhaltenskodex nicht den Detaillierungsgrad einer Dienstanweisung haben muss und diesen auch nicht anstreben sollte. Folgende Themen haben sich bewährt:

      • Qualität und Sicherheit medizinischer und sonstiger Leistungen

      • Persönlichkeitsrechte/Umgang mit Mitarbeitern, Patienten und Dritten, insbesondere Diskriminierungsverbot

      • Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit

      • Arbeitssicherheit

      • IT-Sicherheit

      • Datenschutz-Grundsätze

      • Umgang mit Betriebsgeheimnissen/Vertraulichkeit

      • Umgang mit Interessenskonflikten

      • Umgang mit Klinikeigentum

      • Techniknutzung

      • Wettbewerbsteilnahme-Grundsätze/Vergabeverfahren

      • Korruption

      • Redlichkeitsgrundsätze bei Dokumentation und Buchführung

      • Abrechnungsverhalten

      • Umweltschutzgrundsätze zur Ressourcenschonung

      • Kommunikationsgrundsätze/Umgang mit sozialen Netzwerken

      • Ökonomisch sparsamer Umgang mit Ressourcen

      • Meldung von Verstößen/Hinweisgebersystem

      • Ombudsmann

      • CIRS (Critical Incident Reporting System)

      • Umgang mit Verstößen

      • Ansprechpartner bei Compliance

      Dem ersten Punkt »Qualität und Sicherheit medizinischer und sonstiger Leistungen« kommt in dem Gesamtzusammenhang der Themen die überragende Bedeutung zu, denn es handelt sich um die für die Patienten lebenswichtige Kernleistung eines Krankenhauses. Aus einem solchen Compliance-Verstoß können existenzbedrohende Situationen für das Krankenhaus entstehen.

      4.4 Messung des Compliance-Kultur-Index

      Deswegen ist es empfehlenswert, den Mitarbeitern Gelegenheit zu geben, in einer Befragung ihre Sicht zum Stand der Compliance zu äußern. Für die Belastbarkeit der Ergebnisse spielt das Vertrauen der Mitarbeiter in die Anonymität der Befragung die Schlüsselrolle. Daher sollte die Befragung außerhalb der technischen Infrastruktur des Krankenhauses erfolgen. Ansonsten rechnet der Mitarbeiter damit, bereits auf Grund seines Logins identifizierbar zu sein. Es kann aus diesem Grund auch sinnvoll sein, die Befragung durch ein externes Institut durchführen zu lassen.

      Da die Mitarbeiter Inhalte und Formulierung der gestellten Fragen kennen, besteht kaum Möglichkeit, die Ergebnisse der Befragung anschließend nicht oder nur selektiv intern zu kommunizieren, ohne die Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Also ist die Bereitschaft zum offenen Umgang mit den Ergebnissen eine weitere Voraussetzung eines aussagefähigen Compliance-Barometers. Andererseits bietet das Instrument die Chance, besonders konkrete und ehrliche Hinweise für den weiteren Entwicklungsbedarf des CMS zu erhalten.

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